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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Roelstras Kuriere eintrafen, hatte er die richtigen Dinge gesagt – motiviert von einem Messer, das unauffällig in sein Kreuz gedrückt wurde.
    So hatte Andrade zu ihren Bedingungen gewartet, nicht zu denen von Roelstra. Aber ein Käfig war wirklich wie der andere, außer wenn die Wachen auf der eigenen Seite standen und man hinausgehen konnte, wann immer man wollte.
    Nur etwas hatte bei der ganzen befriedigenden Prozedur gestört: Chiana. Sie war in ihr Zimmer eingesperrt worden, damit sie während des Manövers ruhig blieb, hatte aber erst nachgegeben, als sie an einen Stuhl gefesselt worden war und man ihr ein Tuch die halbe Kehle hinabgeschoben hatte. Das war für niemanden eine angenehme Erfahrung gewesen, und Urival hatte jeden Tag irgendeinen Racheakt erwartet. Er war entschlossen, das Mädchen an seinen Sattel zu fesseln und ihm wieder einen Knebel in den Mund zu stopfen, wenn es sich an diesem Morgen nicht richtig benahm.
    Aber er vergaß sie, als er die Vorbereitungen für die Abreise überwachte. Am späten Vormittag war alles bereit – und Chiana war nirgends gesehen worden. Urival ließ die Burg durchsuchen und trat dann verwirrt und ungeduldig in den Hof hinaus, um seinen Misserfolg Andrade zu gestehen.
    Sie stapfte über die Steine und spie praktisch Feuer. »Weißt du, was Chiana getan hat? Sie hat einen dieser dummen Stallknechte überredet, ihr schon früher ein Pferd zu geben! Und jetzt ist sie fort!«
    »Du lieber Himmel«, murmelte Urival. »Ich hoffe, sie verirrt sich und fällt in den Fluss.« Und weil Andrades ausgezeichnete Laune ohnehin schon verdorben war, erzählte er ihr schließlich auch die schlechten Neuigkeiten von Feruche.
    Der Hoheprinz Roelstra erhielt an diesem Tag drei Nachrichten, eine scheußlicher als die andere, und seine Tochter Pandsala konnte jeden einzelnen Schock genau beobachten.
    Der Erste kam, als er gerade sein Frühstück beendet hatte und einen Morgenspaziergang durchs Lager machte. Er war spät aufgestanden, und Pandsala musste einige Zeit vor seinem Zelt warten. Er hatte es gern, wenn sie ihn begleitete, weil dann die Soldaten sehen konnten, dass sie ihre ganz eigene Lichtläuferin hatten. Vater und Tochter hatten ihre Runde angetreten, hatten Bemerkungen über das klare Wetter und über die Möglichkeit einer baldigen Schlacht ausgetauscht, als ein Reiter auf dem niedrigen Hügel im Süden auftauchte und ins Lager hinabgaloppierte. Ihm folgten Versprengte in schlechter Ordnung. Der Reiter sprang vom Pferd, grüßte hastig seinen Prinzen und fing an, etwas von Drachen zu brabbeln.
    »Mehr denn je zuvor auf der Welt – und alle hinter uns her! Wir haben sie bekämpft, aber es hatte keinen Sinn, Hoheit. Dieser Zauberer, Prinz Rohan, hat sie verhext, er oder diese Lichtläufer-Hexe, die er seine Gemahlin nennt! Da waren Hunderte von ihnen, Hoheit – mit Krallen wie Schwerter und Feueratem –, wir mussten den Rückzug antreten, sonst wären wir alle verloren gewesen! Das ist gewiss Prinz Rohans Werk!«
    Pandsala sah, dass ihr Vater den Hauptmann sprachlos angaffte, während der Hauptmann jetzt an drei blutenden Fingern saugte, nachdem er seine Geschichte erzählt hatte. Der Rest der zerlumpten Gruppe, die einst die feinste berittene Kompanie des Hoheprinzen gewesen war, galoppierte ebenfalls herbei, und die Männer riefen ihren entsetzten Kameraden dieselbe Geschichte zu. Von ihnen erfuhr man, dass die meisten Pferde geflohen waren und dass kaum Hoffnung bestand, sie je wieder einzufangen. Die restlichen Krieger waren zu Fuß auf dem Weg zurück ins Lager. Pandsala zählte hastig die Überlebenden und hielt dabei ihre Miene streng unter Kontrolle. Das Gesicht ihres Vaters, der nicht die harte Ausbildung in der Schule der Göttin genossen hatte, nahm nacheinander alle Farben des Regenbogens an.
    »Fünfunddreißig!«, brüllte er. »Von zweihundert bringst du mir fünfunddreißig zurück und preist noch deine eigene Klugheit bei diesem Verlust! Du Idiot! Drachen! Als ob Rohan denen befehlen könnte, dass sie gegen uns kämpfen!«
    Der Hauptmann warf sich auf die Knie. »Ich bitte um Vergebung, Hoheit – aber die anderen werden Euch dasselbe erzählen – die Heftigkeit des Angriffs – wären wir geblieben, wären nicht einmal fünfunddreißig übrig …«
    »Narr!« Roelstra wirbelte herum und zeigte mit einem Finger auf Pandsala. »DU! Das ist dein Werk!«
    »Meines?«, gab sie zornig zurück. »Ist es meine Schuld, dass er ein Idiot ist? Ich habe dir

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