Sonnenlaeufer
sein Gesicht. Doch seine Worte waren nur: »Ich wünsche meinen Sohn zu sehen.«
»Ich werde nach ihm schicken.«
»Allein. Verstehst du nicht, Andrade? Allein.«
Rohan kam schnell. Dunkle Ringe lagen unter seinen Augen, und Sorge schärfte seine Züge. Andrade blieb noch lange genug, um zu sehen, wie er sich setzte und die Hand seines Vaters ergriff. Dann ließ sie die beiden allein.
Rohan drückte Zehavas kalte Finger zwischen seinen eigenen. »Ich bin da, Vater.«
Die Hand seines Vaters schloss sich um seine. »Es gibt da Dinge, die ich dir erzählen muss. Wirst du mir schließlich doch noch zuhören?«
»Ich habe immer zugehört.«
»Und hast dann getan, was du wolltest. Nun, ich werde nicht mehr lange hier sein, damit du zuhören kannst, also pass auf.« Zehava fuhr sich über die Lippen und verzog das Gesicht. »Nicht die Klauen des Drachen werden schuld an meinem Tod sein, auch wenn meine Eingeweide mich umbringen. Aber ich werde an Hunger und Durst sterben. Bring mir was zu trinken.«
Rohan nahm ein in Wasser getränktes Stück weißer Seide und drückte es auf die Lippen seines Vaters. Mehr war nicht gestattet; alles, was Zehava schluckte, würde seine Schmerzen nur verschlimmern. Andrade hatte Anweisung gegeben, dass dem Prinzen nichts anderes verabreicht wurde als ihre eigenen Mixturen, die die Schmerzen abtöteten.
Zehava saugte an der Feuchtigkeit, verzog erneut das Gesicht und schloss die Augen. »Traue niemandem, Rohan. Vor allem nicht den Merida, und ganz besonders nicht dem Hoheprinzen. Die Ersten werden sich in die Wüste schleichen und angreifen, wenn du es am wenigsten erwartest – und der Zweite täte das genauso gern.«
»Tatsächlich werden die Merida wohl im nächsten Frühjahr versuchen, mich zu testen«, erwiderte Rohan. »Ich dachte, es könnte interessant sein, sie eine Weile zu bekämpfen und sie dann zu bestechen. Oh, ich weiß, dass das riskant ist«, gab er zu, als er sah, wie sein Vater wütend die Augen aufriss. »Sie werden Waffen kaufen, und dadurch wird es nicht gerade leichter werden, sie zu besiegen, wenn sie anmaßend genug werden, um in voller Kraft anzugreifen. Aber wenn sie uns nicht schlagen können, nachdem ich ihnen das Geld dafür gegeben habe – und das werden sie nicht, das verspreche ich – dann trocknen ihre Quellen aus. Trotzdem fürchte ich, dass ich eine Menge Geld aufwenden muss, damit sie tun, was ich will.«
»Sie bestechen! Von allen …!« Aber dann stieß Zehava ein kurzes, bellendes Lachen aus. »Als ob ich jetzt noch irgendetwas dazu zu sagen hätte! Mein Stolz hätte das niemals zugelassen. Aber ich muss dir vertrauen, nicht wahr, Rohan? Lach für mich, wenn sie zurückgeschlagen sind.«
»Das werde ich tun.«
Zehava nickte und wechselte das Thema. »Du wirst bald eine Gemahlin benötigen.«
Rohan lächelte ein wenig. »Ich verspreche, sie wird hübsch sein. Du willst doch hübsche Enkelkinder haben.«
Zehava grinste anerkennend. Seine Zähne blitzten weiß in seinem schwarzen Bart, der ganz plötzlich graue Strähne bekommen hatte. »Hübsch oder nicht, behandle deine Frau so, wie du auch einen Drachen behandeln würdest. Bereite dich sorgfältig darauf vor, sie zu treffen, und nähere dich ihr mit Respekt und Bewunderung. Verletze niemals ihren Stolz, sondern lass sie ihre Kraft zeigen – und dann lehre sie, wer der Herr ist.«
Rohan dachte an das Gesicht im Feuer und sagte nichts.
»Die Versprechungen eines Prinzen sterben mit ihm«, fuhr Zehava fort und bewegte sich ein wenig im Bett. »Du wirst dich bald um den Besitz kümmern müssen. Schicke Chay als deinen Abgeordneten zu den unwichtigeren Pächtern, aber begib dich persönlich zu denen mit den großen Ländereien. Man muss deine Hand fühlen, so, wie die Leute auch meine gespürt haben. Versuche nicht, auch sie zu bestechen.«
»Nein, das werde ich nicht.«
»Ich wünschte, ich hätte noch sehen können, wer deine Gemahlin wird«, ärgerte er sich. »Gib nur acht, dass sie nicht zu schön ist. Eine schöne Frau ist eine Versuchung für sich selbst. Sie wird mehr an sich als an dich denken. Die einzige Ausnahme, die mir je untergekommen ist, war deine Mutter.«
»Ja, Vater.«
»Dein wahrer Reichtum liegt in deinen Kindern, Rohan.« Der feurige, schwarze Blick glitt in die Ecke des Raumes. »Bei mir ist es so gewesen.«
Rohans Augen brannten auf diese seltenen zärtlichen Worte hin. »Wirklich?« Seine Kehle schnürte sich zusammen. »Ich bin nicht der Sohn, den du dir
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