Sonnenlaeufer
Als der Drache versuchte, den Flügel wieder auszubreiten, knirschten Knochen wie Blitze am Himmel. Er hatte das Gleichgewicht verloren und konnte nicht mehr fliegen, und so klammerte sich der Drache mit den Hinterbeinen an den Felsenrand, während er mit den Vorderbeinen in die Luft schlug und versuchte, Halt zu finden – vorzugsweise an Rohan.
Als er in die geröteten, zornigen Augen des Drachen blickte, spürte Rohan, wie sein eigenes Blut zu kochen anfing. Dies war der Feind. Etwas sehr Altes und Feuriges erhob sich in ihm, und er hieb nach dem nächsten Vorderbein und lachte, als der Drache aufbrüllte. Der eine Flügel schlug verzweifelt, und der andere hing nutzlos herab. Rohan trieb die Klinge in den langen, gebogenen Nacken. Blut spritzte hervor, als er das Schwert herauszog, und er stach erneut zu. Der Kopf des Drachen fuhr mit einem Schmerzensschrei zurück und fiel dann noch vorne. Rohan holte ein letztes Mal mit dem Schwert aus und bohrte es dem Drachen ins Auge.
Ein heißes Gefühl durchzuckte seinen Arm, als er wieder zurücksprang. Sein Schwert war noch einen Augenblick zuvor so leicht gewesen, und jetzt schien es ihm unerträglich schwer, als er versuchte, es aus der Augenhöhle zu reißen, wo es sich hinter dem Knochen verklemmt hatte. Rohan schrie laut vor Anstrengung und dem Schmerz, der in seiner Schulter brannte. Der Kopf des Drachen wurde gen Himmel geschleudert, und das Schwert ragte noch immer aus dem blutigen Loch, das sein Auge gewesen war. Er hieb nach den Felsen und fand keinen Halt. Sein Flügel schlug vor und zurück, sein Instinkt gebot ihm zu fliegen, und der Schweif hämmerte gegen die Felswand. Der sterbende Drache stieß einen letzten, schrecklichen Schrei aus und glitt an der Klippe hinab. Sein riesiger Körper krachte auf das Felsgestein am Boden.
Rohan warf einen Blick auf seinen Arm. Eine Klaue hatte Fleisch und Muskeln verletzt. Er hielt es nur für eine kleine Wunde, als er sie abgewischt hatte, und von der er auch nicht wusste, welches sein Blut war und was vom Drachen stammte. Ohne sonderliches Interesse überlegte er, ob die Geschichten wahr wären, dass Drachenblut giftig sei.
Plötzlich war da keine Wärme mehr. Die Sonne strahlte keine Hitze aus, die Luft verwandelte sich in eisiges Wasser, durch das er mit schmerzhafter Langsamkeit wandelte. Der Wind ließ den Schweiß an seinem Körper gefrieren und verwandelte die blutigen Flecken in Eis. Über das Sims hinweg warf er einen Blick auf den Drachen, den er getötet hatte. Ihm wurde übel. Schwankend taumelte er zurück, fiel auf die Knie und übergab sich.
Der Canyon und der Himmel drehten sich noch immer um ihn, als er spürte, dass ihm kaltes Wasser ins Gesicht gegossen wurde. Verärgert schüttelte er den Kopf und stöhnte. »Kau das«, befahl Chays Stimme, und Rohan würgte an etwas Bitterem, Salzigem, bis er den Wunsch hatte, sich noch einmal zu erbrechen. Er schluckte krampfhaft und zwang sich, sich aufzusetzen. »Es dauert einen Moment, bis es wirkt«, erklärte Chay. Die kleine Waffel aus Kräutern und Salz traf seinen Magen wie ein Kelch starken Weines vor dem Frühstück. Sein Arm schmerzte jetzt stark, und er zuckte zusammen.
Chay hockte vor ihm auf den Fersen. »Eine Weile dachte ich, ich müsste zu den Fernen Inseln segeln und dürfte nie zurückkehren. Tobin hätte mich nur so lange leben lassen, bis ich ihr von deinem Tod erzählt hätte. Aber du hast ihn getötet, Rohan – heilige Göttin, und wie du ihn getötet hast! Es war wundervoll! Und alle haben es gesehen. Dein erster Drache.«
»Mein erster und letzter! Nie wieder, Chay. Ich will das nie wieder tun.«
Er akzeptierte es, dass sein Freund ihm auf die Füße half. Langsam gingen sie den felsigen Pfad hinab. Unsicher glitten sie auf den losen Steinen aus. Rohans Knie arbeiteten kaum noch. Maeta hielt ihre Pferde bereit, als sie unten ankamen, und Chay benötigte eine Weile, um den nervösen Akkal zu beruhigen, der nie zuvor bei einer Drachenjagd ohne Reiter gewesen war. Dann gesellte er sich zu Rohan und den anderen neben dem mächtigen Leichnam.
Es bedurfte all seiner verbliebenen Kraft, um sein Schwert aus dem Auge des Drachen zu ziehen. Rohan nahm seine Tunika ab und wischte damit die Schneide sauber. Dann wies er Maeta an, nur die Klauen und Zähne an sich zu nehmen. »Morgen kann jemand die Reste abholen.«
»Jawohl, Herr.« Maeta verbeugte sich tief. Sie hatte ihm das Bogenschießen beigebracht und das Reiten, hatte mit ihm
Weitere Kostenlose Bücher