Sonnenlaeufer
Liebe?« Palila legte Belustigung in ihre Stimme, ahnte aber, dass ihr die Kontrolle aus der Hand geglitten war, und das machte ihr Angst.
Pandsalas lange Finger glitten über die Stuhllehnen, als sie näherkam. Ein blasses Lächeln lag auf ihrem Gesicht.
»Lass uns erst darüber reden, wie du mir helfen kannst«, schlug sie vor. »Ich bin kein Dummkopf, wie du wohl weißt. Ich habe Ohren und Verstand. Und meine Ohren haben interessante Dinge vernommen, die ich – so sagt mir mein Verstand – zu meinem Vorteil verwenden kann.«
Palila fing an, zu verstehen, worauf Pandsala hinauswollte, und entspannte sich ein wenig. »Prinz Rohan braucht eine Gemahlin, und du möchtest ausgewählt werden.«
»Sorge dafür, dass Vater mich sieht«, drängte die Prinzessin. »Das kannst du, Palila.«
»Warum sollte ich das tun?«, gab sie mit einer Sorglosigkeit zurück, die sie ganz und gar nicht empfand. »Ianthe wäre die bessere Wahl.«
»Könnte Vater sicher sein, sie zu beherrschen? Für Ianthe zählt doch nur Ianthe.«
»Während du die perfekte, liebevolle, loyale Tochter bist«, höhnte Palila.
»Sachte, sachte«, murmelte Pandsala. Ihr Lächeln war verflogen, und ihre dunklen Augen lagen im Schatten. »Fang an, im Guten an mich zu denken, das rate ich dir.«
»Warum sollte ich?« Die Sache fing an, Palila zu gefallen.
»Weil ich dir das Leben retten kann!«
Palila lachte laut heraus, aber innerlich kämpfte sie gegen eine plötzliche Furcht an. War Pandsala gekommen, um sie zu töten? Sie verfluchte sich selbst, weil sie die Prinzessin in all den Jahren für weniger gefährlich gehalten hatte als Ianthe.
»Du glaubst also, du trägst den Erben meines Vaters«, fuhr Pandsala fort. »Vielleicht ist das so. Aber wenn nicht – muss ich die Einzelheiten erwähnen? Eine andere Mätresse, jünger und schöner, wird deine Stelle einnehmen. Eine Frau, die ihm einen Sohn schenken kann. Du hattest bereits vier Chancen, Palila. Dieses ist deine letzte, und das weißt du auch.«
Sie gab jegliches Theater auf, ließ sich auf einen Stuhl fallen und machte Pandsala wortlos ein Zeichen, sie sollte fortfahren. Die Prinzessin nahm auf der anderen Seite des Ganges Platz. Sie lächelte jetzt wieder.
»Wenn du einen Sohn bekommst, gibt es für dich keinen Grund zur Sorge. Vater wird dich heiraten, und deine Stellung ist gesichert. Aber wenn du ein weiteres Mädchen bekommst, könnte das das Ende deines Lebens bedeuten, oder siehst du das anders?«
Palila riss sich so weit zusammen, dass sie als Antwort lächeln konnte. »Nein, meine Liebe. Man könnte ihn allerdings kaum als gleichgültig meinem Bett gegenüber bezeichnen.«
»Aber wenn diese jüngere, schönere Frau daherkommt – woher willst du wissen, dass sie nicht genauso handelt wie du und dich aus dem Weg schafft, so wie du es mit Surya getan hast?«
Sie verriet sich mit einem Stöhnen und fluchte gleich darauf. Die Prinzessin lachte und breitete weit ihre Arme aus, als wolle sie den Augenblick des Triumphes festhalten.
»Nicht einmal Ianthe weiß, dass ich es weiß. Ich war erst fünfzehn, aber ich kann mich noch an jede Einzelheit erinnern – wie du eines Morgens im Garten gestanden hast und die Dienerin bezahlt hast, die dir geholfen hatte. Gut für dich, dass Vater so wütend war, dass er die Frau hinrichten ließ, ehe sie gegen dich aussagen konnte.«
»Roelstra würde eine so lächerliche Geschichte niemals glauben!«
»Vielleicht nicht. Aber er braucht nur einen Vorwand, um dich loszuwerden, wenn er erst ein anderes Mädchen hat. Er ist nicht unfreundlich, wenn es ihm gerade gefällt. Vielleicht schickt er dich einfach nur fort. Aber wenn ich ihm von Lady Surya erzähle, dann verrate ich auch den Namen des Mannes, der das Gift in Lady Karayans Wein getan hat.«
»Vater der Stürme!«, schrie Palila auf. »Du Biest!« Die Strafe für Mord war Exekution – und sie erinnerte sich plötzlich und voll Schrecken an Roelstras Worte über eine andere Methode – mit Feuer!
»Wie schön, dass du mit dem Theater aufhörst«, bemerkte die Prinzessin. »Kommen wir also zum Geschäft. Ich will Prinz Rohan. Ich habe es satt, im Kinderzimmer zu hausen, und ich will einen reichen, mächtigen Ehemann. Man sagte mir, er wäre außerdem recht gutaussehend. Er ist also genau richtig für mich. Und jetzt, wo du weißt, dass ich Bescheid weiß, siehst du mich doch gewiss gerne ziehen, nicht wahr? Welcher Ort wäre besser für mich geeignet als die ferne Wüste?«
Palila
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