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Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute

Titel: Sonnenschein oder wie mir das Leben den Tag versaute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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Nacht. Das unmoralische Angebot. Scheißfilm.
    Gut, für eine Nacht mit Demi Moore hätte ich auch eine Million hingelegt, aber ein einziger Kuss von Kelly wäre mir locker das Zehnfache wert gewesen. Aber sie war ja nicht käuflich, also brauchte ich mir auch nicht den Kopf zu zerbrechen, wo ich so viel Geld auftreiben könnte. Immerhin würden meine 30 0 Mark dafür reichen, ihr etwas Schönes zu kaufen. Mir würde schon noch was einfallen.
    Ich parkte meinen Käfer am Goetheplatz und ging in Richtung Hauptwache. An einem Kiosk hielt ich kurz an und kaufte zwei Bier. Die Sache mit Käthchen hatte mich doch verdammt ernüchtert und die Traurigkeit war wieder viel zu klar und laut in mir. Da half auch kein Vitamin C mehr.
    Ich setzte mich auf die oberste Stufe der Treppe, die zur B-Ebene hinunterführ t – dort, wo die Skater rumhänge n –, und trank mein Bier. Früher, so mit vierzehn, fünfzehn hatte ich mich täglich hier herumgetrieben. Gott, wie aufregend und toll ich das alles damals fand. Die B-Ebene. Das Leben. Die große Stadt Frankfurt. Und jetzt? Drauf geschissen. Die B-Ebene war der Stammtisch aller Asozialen, das Leben war ein Mädchen, das mich nicht liebte, und Frankfurt war einfach nur Scheiße. Kalte Scheiße. Frankfurt war so kalt und unpersönlich wie ein Bahnhofsklo. Das Einzige, was die Leute hier zum Lächeln brachte, waren kleine, bunte Pillen, die man an jeder Straßenecke kaufen konnte, wie Gummibärchen. Ecstasy. Das Zeug würde glücklich machen, sagten sie. Auf Ecstasy wäre es fast so schön, wie verliebt zu sein. Na, vielen Dank auch! Was zum Teufel war denn bitte so schön daran, verliebt zu sein? Morgens wurde man dafür verprügelt und nachmittags saß man in dieser beschissenen, kalten Stadt und zermarterte sich das Hirn wegen eines Geschenks, das einen doch keinen Meter weiterbringen würde. Wirklich toll, dieses Verliebtsein.
    Nichtsdestotrotz musste ein Geschenk her. Selbst wenn nichts dabei für mich herausspringen würde. Obwohl, mit einer kleinen Umarmung rechnete ich schon. Mein Bier war leer und ich machte mich auf den Weg in Richtung Zeil.
    Auf dem Platz vor der Katharinenkirche hingen wie üblich jede Menge dieser Haste-mal-’ne-Mark-Jungs herum. Wenn sie einen anschnorrten und man gab ihnen nichts, konnten sie richtig böse werden. Ich gab immer nur denen etwas, die sich abenteuerliche Geschichten einfallen ließen. Am besten waren diejenigen, die mit einer perfekten Unschuldsmiene damit anfingen, wie peinlich es ihnen doch wäre, aber sie wären fern der Heimat und ganz brutal ausgeraubt worden und jetzt fehlten ihnen nur noch fünf Mark für eine Fahrkarte nach Hause. Wenn man ihnen dann drei Mark gab und sie den Nächsten anquatschten, waren es immer noch fünf Mark, die ihnen fehlten. Gut waren auch die angeblichen Straßenmusiker, denen ein Grobian die Gitarre zertreten hatte, die sie doch so dringend brauchten, um nicht den Hungertod sterben zu müssen. Wenigstens ließen sie sich etwas einfallen.
    Ich ging weiter die Zeil hinunter, vorbei an zehn Millionen Leuten, die dumpf auf den Boden starrten. Jeder schien ganz allein für sich zu sein. Sie blickten noch nicht einmal auf, wenn sie sich anrempelten. Nichts um sie herum schien ihr Interesse zu wecken. Den alten, zahnlosen Mann mit der Harmonika sahen sie nicht und der mitten aufs Pflaster pissende Jogginganzug schien sie auch nicht weiter zu stören. Woher kamen nur all diese Menschen? Was dachten sie und wohin gingen sie? Waren sie überhaupt am Leben? Und warum, zum Teufel, hatten sie alle Baseballmützen auf? Jungen, Mädchen, Männer, Frauen, Kinder und Greise. Alle hatten sie eine dieser verdammten Baseballmützen auf dem Kopf und jede Mütze hatte ein anderes beschissenes Emblem. Batman, Esso, Eintracht Frankfurt. Vielleicht steckte ein System hinter der ganzen Sache. Möglicherweise war das ein staatlich gefördertes Programm zur Familienplanung. Immer wenn sich zwei Leute mit der gleichen Mütze trafen, mussten sie heiraten und ein Kind zeugen, das dann Batman, Esso oder Eintracht Frankfurt hieß. Oder man versuchte mit diesen Mützen alle Friseure aus der Stadt zu vertreiben, weil ein Forscher entdeckt hatte, dass abgeschnittene Haare das Ozonloch rapide vergrößern. Diese verdammten Mützenträger sahen so was von lächerlich aus.
    Ich versuchte mir meine Großmutter mit so einem Ding auf dem Kopf vorzustellen, aber es ging nicht. Manche Sachen konnte man sich noch nicht einmal vorstellen. Meine

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