Sonnenstürme
emittierten Signale und Lichtimpulse mit Wellenlängen, von denen bekannt war, dass sie mit Kohlenstoffverbindungen interagierten.
Schließlich versuchte es Kotto mit Vibrationen. GU brachte einen oszillierenden Klopfer an, und Kotto veränderte die Vibrationen immer wieder, hoffte dabei, dass sich eine perfekte Resonanz ergab. Er zeichnete die akustischen Wellen auf, in der Erwartung, dass sie Auskunft über Materialstruktur und inneren Aufbau der Kugel gaben.
Es überraschte ihn, als eine besondere Vibration eine bis dahin unsichtbare Luke erscheinen ließ, wie eine kreisförmige Linie an einem gläsernen Fenster. Als die Vibration andauerte, löste sich die Luke, wurde wie ein Projektil fortgeschleudert und verfehlte den Laborshuttle nur knapp.
Die plötzlich entweichende Atmosphäre wirkte wie der Plasmastrahl einer Raketendüse und beschleunigte das Hydroger-Schiff. Einer der Kompis geriet in den kondensierenden Luftwirbel und wurde davongeschleudert, über die Ebene von Osquivels Ringen, und das Hydroger-Schiff raste in die entgegengesetzte Richtung.
»Folge ihm!«, rief Kotto.
Der Kompi-Pilot sah ihn an. »Unklarer Bezug. Soll ich dem Hydroger-Schiff oder dem Kompi folgen?«
»Dem Schiff! Oh, und richte dem Kompi aus – es ist GU, nicht wahr? –, dass wir ihn in einigen Minuten holen.«
Der Laborshuttle nahm die Verfolgung auf, während das Hydroger-Schiff wie ein außer Kontrolle geratener Feuerwerkskörper hin und her torkelte. Es drehte sich, stieß gegen einen großen Felsen, prallte ab, flog weiter und änderte immer wieder den Kurs. Noch immer entwich Atmosphäre aus der Kugel, und Kotto dachte an den enormen Druck, der in ihrem Innern geherrscht hatte, ebenso hoch wie im Kern eines Gasriesen. »Das erklärt die große Dichte des Hydroger-Schiffes.«
Aber jetzt gab es eine Öffnung in der Außenhülle, und die Atmosphäre entwich mit der Schubkraft eines Düsenstrahls. Kotto berechnete, dass es noch eine ganze Weile so weitergehen würde. Er aktivierte das Kom-System und bat die Arbeiter der Werften um Hilfe. »Das Hydroger-Schiff rast fort! Bitte helfen Sie mir dabei, es einzufangen.«
Die Kugel stieß gegen einen weiteren Felsen und prallte ab, ohne dass eine Delle im Rumpf entstand. Kottos Laborshuttle war nicht schnell genug, um dem Schiff auf seinem verrückten Kurs zu folgen.
Eine Gruppe von Werftarbeitern brauchte mehr als zwei Stunden, um das Hydroger-Schiff zu bergen, das bis dahin seine Atmosphäre verloren hatte. Sie holten auch den zerbeulten GU, der hilflos im All trieb.
Der verlegene Kotto entschuldigte sich für den Zwischenfall und dankte Kellum und seinen Leuten für die Bergung – die Kugel befand sich weit von der Ringebene entfernt und über dem Gasriesen. »Das Schiff bleibt, wo es ist. Es braucht nicht zu den Ringen zurückgebracht zu werden. Die weiteren Untersuchungen nehmen wir hier vor.« Er holte seine Kompi-Assistenten.
»Je weiter wir von unseren Werften entfernt bleiben, desto besser, verdammt«, sagte Del Kellum. Er und seine Arbeiter kehrten zu ihren Aufgaben zurück.
Kotto richtete einen neugierigen Blick auf die jetzt offene Kugel und rieb sich die Hände. Er wollte unbedingt sehen, was sich im Innern befand.
98 PATRICK FITZPATRICK III.
Das Summen der Systeme und Aggregate sorgte für ein so lautes Hintergrundgeräusch, das Fitzpatrick glaubte, offen mit seinen Mitgefangenen reden zu können, ohne dass jemand mithörte. Solange er und seine TVF-Kameraden arbeiteten, erlaubten die Roamer-Aufseher, dass sie miteinander sprachen.
Seltsamerweise wurden sie seit zwei Tagen anders behandelt. Die Roamer warfen ihnen immer wieder finstere Blicke zu, als hätten sie sich irgendetwas zuschulden kommen lassen. Zorn brodelte in den Wächtern, die bis dahin wohlwollend gewesen waren. Lag es an der Entdeckung des zerstörten Ekti-Frachters? Doch darüber wussten sie doch schon seit einer ganzen Weile Bescheid.
Gemurmelten Bemerkungen und geflüsterten Vorwürfen entnahm Fitzpatrick schließlich, dass die TVF damit begonnen hatte, gegen die geheimen Basen der Roamer vorzugehen. Ein Depot war angegriffen und zerstört worden, nach der Beschlagnahme aller Vorräte.
»Geschieht ihnen recht«, sagte Shelia Andez. »Sie haben den König provoziert. Dachten sie vielleicht, das bliebe ohne Konsequenzen? Ich hoffe, die Roamer lernen daraus und hören auf damit, sich quer zu stellen.«
»Es beweist die Bereitschaft der Hanse, ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen«,
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