Sonnenstürme
mit Ehrlichkeit nichts verlor. »Sie wiesen auf seine Existenz hin, um mich einzuschüchtern. Ich möchte sehen, wie groß die Gefahr ist.«
»Der Junge kommt einer Versicherung für mich gleich. Er schützt mich vor… Ihrem Starrsinn. Derzeit sehe ich in ihm nicht die erste Wahl für Ihren Nachfolger.«
»Ich habe also nichts zu befürchten?«
Basil bedachte Peter mit einem durchdringenden Blick. »Kommt ganz darauf an, wie gut Sie Ihre Pflichten erfüllen.«
Peter wusste: Er wäre bereits tot gewesen, wenn sich Daniel als fügsamer erwiesen hätte. »Na schön, Basil.« Er wandte sich zum Gehen und log nicht sehr überzeugend: »Ich nehme Sie beim Wort und mache mir keine Sorgen mehr.«
Auf dem privaten Balkon der königlichen Suite genossen Peter und Estarra ein angenehmes Essen. Sie beobachteten den Sonnenuntergang, der seine prächtigen Farben bis zum Ozean am Horizont ergoss. Es sah wie ein Gemälde aus und war sehr romantisch. Die besten Köche des Flüsterpalastes hatten die Speisen zubereitet, und die Teller bestanden aus erlesenem Porzellan. Ein aromatischer Duft ging von frischen Blumenarrangements aus. Alles schien perfekt zu sein.
»OX, du solltest besser alles auf Gift überprüfen«, sagte Peter. »Wie üblich.«
Mit einer chemischen Analysesonde suchte der Lehrer-Kompi nach toxischen Substanzen oder Drogen in den Speisen. Während sie mit knurrendem Magen warteten, sah Peter in Estarras große dunkle Augen. »Wir wissen, wozu Basil fähig ist. Wir können nicht vorsichtig genug sein.«
»Ja, ich weiß«, sagte Estarra, lächelte und berührte ihn am Arm.
Als OX die Speisen für sicher erklärte, begannen König und Königin zu essen. Peter nahm einen Keks mit einer Scheibe geräuchertem Lachs und bot ihn Estarra an. Sie folgte seinem Bespiel, und er ließ es sich nicht nehmen, kurz an ihren Fingern zu knabbern.
Nach einer Weile, als sie von allen Köstlichkeiten probiert hatten, rückte für Peter der kulinarische Genuss in den Hintergrund. Sorgen belasteten ihn. »OX, ich möchte deine objektive Meinung über etwas hören.«
»Ich bin immer gern bereit, Ihnen meine Meinung zu sagen und Sie zu beraten, König Peter.«
»Es geht mir darum, eine Gefahr richtig einzuschätzen. Du unterrichtest Prinz Daniel – wie nahe ist er daran, Basils Anforderungen zu genügen? Könnte ich in naher Zukunft durch ihn ersetzt werden?«
OX berechnete Wahrscheinlichkeiten und nahm eine Situationsbewertung vor. Seine Worte klangen nach einem Scherz, gaben die Fakten aber so wieder, wie der kleine Roboter sie sah. »Wenn Prinz Daniel mit der gleichen Geschwindigkeit wie bisher Fortschritte erzielt, wird er in dreihundert Jahren bereit sein, Ihren Platz einzunehmen.«
Estarra lachte leise. »Wie konnte der Vorsitzende ihn so falsch einschätzen?«
Der Lehrer-Kompi trat neben den Tisch. »Prinz Daniel wurde schnell ausgewählt, ohne die gründlichen Ermittlungen wie bei Ihnen, König Peter, damals, als Sie noch Raymond Aguerra waren.« Peter presste die Fingerspitzen aneinander und hörte zu. »Bisher ist Prinz Daniel den in ihn gesetzten Erwartungen nicht gerecht geworden.«
»Glaubst du, Basil könnte entscheiden, Daniel… loszuwerden und jemand anders zu wählen?«, fragte Estarra, und ihre dunklen Augen wurden noch größer.
Peter schürzte die Lippen. »Derzeit geht es Basil nur darum, mich mit Daniel unter Druck zu setzen, damit ich spure. Solange wir uns einigermaßen kooperationsbereit zeigen, hält es der Vorsitzende nicht für ›rentabel‹, mich zu ersetzen.« Peter seufzte und wusste, dass er nicht nur darauf achten musste, sich selbst zu schützen, sondern auch Estarra.
Er stützte die Ellenbogen auf den Tisch, eine Angewohnheit, die aus seinem Leben als Raymond Aguerra stammte – die Protokolllehrer hatten ihn mehrmals darauf hingewiesen, dass sich so etwas nicht gehörte. »Ich bin dem Prinzen nie begegnet, OX. Basil will mich nicht zu ihm lassen. Wie ist mein angeblicher Bruder?«
»Narzisstisch, unverschämt und ungezogen. Und er ist nicht so gefügig wie erwartet. Ich versuche, dem Jungen beizubringen, worauf man als König achten muss, aber er hört kaum auf mich. Daniel hat kein Interesse daran, etwas zu lernen. Seine gegenwärtige Situation gefällt ihm; er möchte lieber in seinen Zimmern bleiben und sich verwöhnen lassen. Um überhaupt mit ihm arbeiten zu können, bin ich gezwungen gewesen, eine Methode aus Versprechungen und Drohungen zu entwickeln.«
»Du drohst ihm, OX? Das
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