Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
das
alles gewusst und war mit diesem Dilemma konfrontiert worden.
    »Kein Wunder, dass du verwirrt warst«, sagte Bud.
»Du hättest mit uns darüber sprechen sollen. Du
hättest mit mir darüber sprechen
sollen.«
    »Ich konnte nicht.« Sie zögerte. »Ich
hatte Ihnen zu viel bedeutet.«
    »Natürlich bedeutest du mir viel,
Athene…«
    »Ich bin hier bei Ihnen, während Ihr Sohn auf der
Erde festsitzt. Hier im Weltraum bin ich Ihre Familie. Wie Ihre
Tochter. Ich verstehe das wirklich, Bud. Deshalb hätten Sie
in Versuchung kommen können, mich trotz der Gefahr für
die Menschheit zu retten.«
    »Und du glaubtest, ich würde dich deshalb
stoppen.«
    »Ja, das hatte ich befürchtet.«
    Auf den Softscreens hatten Michail und Eugene einen
betroffenen Gesichtsausdruck. Athenes Verständnis der
menschlichen Psychologie war genau so unterentwickelt wie ihr
Sinn für Ethik, wenn sie glaubte, dass sie jemals eine Art
Entschädigung für Buds Trennung von seinem Sohn sein
würde. Aber nun war nicht die Zeit, ihr das zu sagen.
    Bud spürte, dass sein Herz noch ein wenig mehr brach.
Arme Athene, sagte er sich. »Mädchen, ich würde
dich nie daran hindern, deine Aufgabe zu erledigen.«
    Es trat eine lange Pause ein. »Danke, Bud.«
    »Athene«, sagte Michail sanft, »vergiss
nicht, dass eine codierte Kopie von dir in der Druckwelle des
Exstirpators ist. Du wirst vielleicht ewig leben, was auch immer
heute geschieht.«
    »Sie«, sagte Athene. »Die Kopie. Aber sie ist nicht ich, Doktor Martynov. In weniger als
dreißig Minuten ist es so weit«, sagte sie ruhig.
    »Athene…«
    »Ich bin richtig positioniert und bereit, an die Arbeit
zu gehen, Bud. Übrigens habe ich separate Befehle an meine
lokalen Prozessoren gesandt. Der Schild wird auch dann noch
funktionieren, wenn meine kognitiven Hauptfunktionen
zusammengebrochen sind. Das wird Ihnen einen zusätzlichen
Schutz von ein paar Minuten geben.«
    »Danke«, sagte Michail bekümmert.
    »Bud, gehöre ich nun zum Team?«, fragte
Athene.
    »Ja. Du gehörst zum Team. Du hast immer
dazugehört.«
    »Ich habe mich immer voll für die Mission
eingesetzt.«
    »Ich weiß, Mädchen. Du hast dein Bestes
gegeben. Hast du noch einen Wunsch?«
    Sie machte eine Pause von einer Sekunde, eine Ewigkeit
für sie. »Reden Sie einfach nur mit mir, Bud. Sie
wissen, das habe ich immer genossen. Erzählen Sie mir von
sich.«
    Bud rieb sich das schmutzige Gesicht und lehnte sich
zurück. »Aber du weißt doch schon so viel von
mir.«
    »Erzählen Sie es mir trotzdem.«
    »In Ordnung. Ich wurde auf einer Farm geboren. Das
weißt du aber schon. Ich war immer ein verträumtes
Kind – nicht dass dir das nicht schon auf den ersten Blick
aufgefallen wäre…«
    Es wurden die längsten achtundzwanzig Minuten seines
Lebens.

 
{ 48 }
CERENKOVSTRAHLUNG
     
     
    Bisesa und Myra folgten der Menge zum Fluss. Sie erreichten
die Themse nicht weit von Hammersmith Bridge. Der Fluss
führte viel Wasser, war durch die Regenfälle
angeschwollen.
    Sie konnten von Glück sagen, dass die Themse nicht auch
noch über die Ufer getreten war. Sie saßen
nebeneinander auf einer niedrigen Mauer und warteten
schweigend.
    An diesem Abschnitt des Flussufers gab es jede Menge Pubs und
Imbissbuden, und im Sommer konnte man ein kühles Bier
trinken und Ausflugsschiffe und Ruderer in ihren Achtern
beobachten, die sich auf dem Wasser tummelten. Nun waren die Bars
mit Brettern vernagelt oder ausgebrannt; in den Ufergärten
hatte man aber eine Zeltstadt errichtet, und die Fahne des Roten
Kreuzes hing schlaff von einem Mast. Bisesa war von dieser
Organisation beeindruckt.
    Es war nun tiefste Nacht. Die westlichen Außenbezirke
von London brannten noch immer, und Rauchwolken und Funken stoben
in die Luft. Und im Osten züngelten Flammen an der weiten
Wölbung der Londoner Kuppel. Sogar der Fluss war in
Mitleidenschaft gezogen worden. Die Wasseroberfläche war ein
Teppich aus Schutt, der zum Teil sogar noch glühte.
Vielleicht trieben auch Leichen im Fluss und wurden
gemächlich zur letzten Ruhestätte im Meer getragen;
Bisesa wollte gar nicht so genau hinschauen.
    Sie verspürte ein gelindes Erstaunen, dass sie
überhaupt noch am Leben war. Eigentlich fühlte sie aber
gar nichts. Es war ein Zustand, den sie aus ihrer
militärischen Ausbildung kannte: verzögerter
Schock.
    »Oh«, sagte Myra. »Danke.«
    Bisesa drehte sich um. Eine Frau, die mit einem Tablett mit

Weitere Kostenlose Bücher