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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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damit rechnete,
dass in dieser Phase des Sonnenzyklus so etwas überhaupt
geschehen würde.« Außer dem einsamen Astronomen
auf dem Mond, sagte sie sich.
    »Also nahm diese Gasmasse Kurs auf die
Erde…«, sagte Phillippa.
    »Das Gas selbst ist dünner als ein
Industrievakuum«, erklärte Siobhan. »Es ist
vielmehr die in den Partikeln und Feldern enthaltene Energie, die
den Schaden verursacht hat.«
    Als der Masseausstoß die Erde erreichte, war er zuerst
aufs Magnetfeld der Erde getroffen. Dieses Feld schirmt
normalerweise den Planeten ab und sogar Satelliten auf niedrigen
Umlaufbahnen, doch heute hatte der Masseausstoß das Feld
unter die Bahnen vieler Satelliten gedrückt. Energiereiche
Solarpartikel brandeten in Wellen gegen die Satelliten an, und
die Systeme absorbierten statische Elektrizität in solchen
Dosen, dass sie sich entlud, wo sich gerade eine Möglichkeit
dazu bot.
    »Stellen Sie sich vor, die Platine Ihres Computers
würde Funken sprühen…«
    »Das wäre schlecht«, sagte Phillippa.
    »Eben. Geladene Teilchen drangen auch in die obere
Atmosphäre ein und gaben unterwegs ihre Energie ab –
das war die Ursache der Auroras. Und das Erdmagnetfeld wurde
förmlich durchgewalkt. Sie wissen, dass zwischen
Elektrizität und Magnetismus ein Zusammenhang besteht. Ein
sich änderndes Magnetfeld induziert einen Strom in einem
Leiter.«
    »Ist das nicht das Funktionsprinzip eines
Dynamos?«, fragte Phillippa zögernd.
    »Ja! Genau. Bei Schwankungen verursacht das Magnetfeld
der Erde den Fluss gewaltiger Ströme im Erdinnern –
und in allen leitfähigen Materialien.«
    »Wie in den Stromnetzen«, sagte Phillippa.
    »Und den Telefonleitungen. Auf einer Länge von
mehreren hunderttausend Kilometern zischten
Hochspannungsströme – die sich noch dazu schnell
änderten – durch die Kabel.«
    »In Ordnung. Und was tun wir nun dagegen?«
    »Tun? Wir können da gar nichts tun.«
Die Frage mutete Siobhan absurd an; sie musste an sich halten, um
nicht zu lachen. »Es ist die Sonne, über die wir hier
sprechen.« Ein Stern, der in einer Sekunde mehr
Energie produzierte, als die Menschheit in einer Million Jahren
zu erzeugen vermocht hätte. Dieser Masseausstoß hatte
einen geomagnetischen Sturm verursacht, der die von den
geduldigen Sonnenwetter-Beobachtern definierten Skalen bei weitem
sprengte. Apropos tun: Man tat überhaupt
nichts mit der Sonne, außer ihr aus dem Weg zu gehen.
»Wir müssen es aussitzen.«
    Phillippa runzelte die Stirn. »Wie lang wird es
dauern?«
    »Niemand weiß das. Das ist beispiellos, soweit ich
es zu beurteilen vermag. Aber der Masseausstoß bewegt sich
schnell und wird bald über uns hinweggezogen sein.
Vielleicht ist es nur noch eine Frage von Stunden.«
    »Wir müssen es genau wissen«, sagte Phillippa
ernst. »Es ist schließlich nicht nur die
Stromversorgung, an die wir denken müssen. Die übrige
Infrastruktur wie Kläranlagen,
Wasserwerke…«
    »Die Themsebarriere«, sagte Toby. »Wann ist
wieder Hochwasser?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Phillippa und
machte sich eine Notiz. »Professor McGorran, würden
Sie wohl versuchen, einen Zeitrahmen zu ermitteln?«
    »Ja, ich will es versuchen.« Sie brach die
Verbindung ab.
    »Natürlich«, sagte Toby zu Siobhan,
»wäre es am vernünftigsten, unsere Systeme von
vornherein robuster zu konstruieren.«
    »Ach, wann wären wir Menschen je vernünftig
gewesen?«
     
    Siobhan fuhr mit der Arbeit fort. Doch mit der Zeit wurden die
Kommunikationskanäle immer schlechter.
    Und sie wurde mit Bildern förmlich bombardiert.
    Eines zeigte eine gewaltige Explosion in der großen
transeuropäischen Rohrleitung, über die
Großbritannien heute den größten Teil seines
Erdgases bezog. Wie Kabel waren auch Rohrleitungen Leiter mit
einer Länge von vielen tausend Kilometern, und die
induzierten Ströme wirkten korrosiv bis zum vorzeitigen
Materialbruch. Die Pipelines wurden deshalb in kurzen
Abständen stillgelegt, um das Problem in den Griff zu
bekommen. Diese Pipeline, eine hochmoderne Struktur, bestand aus
Kostengründen aber aus Äthylen und war deshalb viel
leichter zur Entflammung zu bringen. Wie betäubt studierte
Siobhan die Statistik der Katastrophe: eine einen Kilometer
breite Feuerwand, alle Bäume im Umkreis von ein paar hundert
Metern umgestürzt, eine Verlustbilanz von ein paar hundert
Toten befürchtet… sie versuchte sich das tausendfach
verstärkte Entsetzen

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