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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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»Kommen
Sie«, sagte er und erhob sich. »Ich glaube, es ist
Zeit für einen Besuch im Beobachtungsraum.«
     
    Sie mussten durch einen kurzen, niedrigen Tunnel zu einer
anderen Kuppel gehen. Im Beobachtungsraum blickte Eugene mit
offenem Mund umher.
    Der Raum war ein ›Sonnenschrein‹ im Stil und
Ambiente des 21. Jahrhunderts. Die Wände waren mit
leuchtenden Softscreens tapeziert, die Abbildungen der
Sonnenoberfläche und -atmosphäre sowie des Raums
zwischen Erde und Sonne zeigten, der mit dynamischen Strukturen
aus Plasma und Elektromagnetismus angefüllt war und die Erde
selbst und ihre komplexe Magnetosphäre zeigten.
Außerdem gab es Abbildungen auf unterschiedlichen
Wellenlängen – sichtbares Licht, Wasserstofflicht,
Kalziumlicht, Infrarot und Ultraviolett und
Radiowellenlängen –, wobei jede Darstellung etwas
Einzigartiges über die Sonne und ihre Umgebung
enthüllte. Und noch aufschlussreicher, zumindest fürs
geschulte Auge, waren die Spektralanalysen mit gezackten Kurven,
die die Geheimnisse des Zentralgestirns enthüllten.
    Das war eine grafische Zusammenfassung der Arbeit der
Weltraumwetterstation. Diese Mondbasis gehörte zu einem
ganzen Netzwerk von Stationen, die die Sonne ständig
beobachteten; dann gab es noch Schwesterstationen auf den
Erdkontinenten, während Satelliten in einem Geflecht von
Orbits die Sonne umschwärmten. So behielt der Wetterdienst
die Sonne mit Myriaden Augen im Blick.
    Diese Arbeit musste auch getan werden. Die Sonne schien schon
seit fünf Milliarden Jahren und atmete Hitze, Licht und den
Sonnenwind aus – einen hoch energetischen geladenen
Teilchenstrom. Doch ist dieser Strom nicht unveränderlich.
Selbst in normalen Zeiten weht der Sonnenwind in Böen; er
quillt in großen ›Luftschlangen‹ aus
Löchern in der Korona und durchbricht die äußere
Atmosphäre der Sonne. Schon im 4. Jahrhundert vor Christus
hatten die Menschen Sonnenflecken – kühlere Bereiche,
die von verworrenen Magnetfeldern dominiert wurden – auf
der Sonnenoberfläche beobachtet. In solch unruhigen Zonen
speien Protuberanzen und gewaltige Explosionen hochfrequente
Strahlung und schnelle geladene Teilchen ins Weltall. Dieses
›Wetter‹ brandet gegen die Luftschichten und den
Elektromagnetismus an, der die Erde abschirmt.
    Freilich bekam die Menschheit überwiegend nichts davon
mit und wurde nur dann darauf aufmerksam, wenn wundervolle
Auroras in unregelmäßigen Abständen den Himmel
verzierten. Auch wenn die Menschen an sich unverwundbar
gegenüber den Stürmen im Weltraum sind, ist die
elektrische Ausrüstung, die sie entwickeln, durchaus
verwundbar. Im Jahr 2037 verursachten sonneninduzierte
Ströme in Überlandleitungen ihren Betreibern schon seit
fast zweihundert Jahren Kopfschmerzen. Und je abhängiger die
Menschheit von der Technik wurde, desto verwundbarer wurde sie
auch gegenüber den Launen der Sonne – was die Erde
just an diesem Tag wieder zu spüren bekam.
    Für eine fragile, hochgradig vernetzte
Hochtechnologie-Zivilisation glich das Leben in der Nachbarschaft
eines Sterns in gewisser Weise der Koexistenz mit einem
Bären. Womöglich tat er einem nichts. Doch das
Mindeste, was man tun musste, war, ihn zu beobachten – sehr
aufmerksam beobachten. Und genau deshalb war der
Weltraumwetterdienst eingerichtet worden.
    Der Welträumwetterdienst, der nun unter der Verwaltung
der Eurasischen Union stand, hatte sich im 20. Jahrhundert aus
bescheidenen Anfängen entwickelt: Er war als Ableger des American’s Space Environment Center gegründet
worden, einem Dachverband aus Behörden wie der NASA, der National Oceanic and Atmospheric Administration sowie dem
Verteidigungsministerium.
    »Damals waren die Daten aber noch recht
lückenhaft«, sagte Michail. »Sie stammten von
Forschungssatelliten, die eigentlich für andere Zwecke
vorgesehen waren. Und die Wettervorhersage war reine
Kaffeesatzleserei. Nach ein paar Sonnensturmkatastrophen beim
Sonnenmaximum im Jahr 2011 hatte diese Stümperei sich
dann erledigt. Heute haben wir einen umfangreichen Datensatz, der
ständig in Echtzeit aktualisiert wird. Bei den
Prognosesystemen handelt es sich um mächtige numerische
Vorhersageprogramme auf der Grundlage der Magnetohydrodynamik,
der Plasmaphysik und so weiter. Inzwischen haben wir eine
geschlossene Kette theoretischer Modellierung von der
Oberfläche der Sonne bis hinunter zur Oberfläche der
Erde…«
    Doch Eugene

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