Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
verschwand und nur noch ein
blauer Schirm zurückblieb.
    »Das ist wirklich schlimm. Aber was kann ich
tun?«
    Phillippa schaute schon wieder argwöhnisch. Das fragst
du noch?
    »Professor McGorran, dies ist ein geomagnetischer Sturm,
der hauptsächlich durch Ereignisse auf der Sonne verursacht
wurde.«
    »Aha. Und deshalb haben Sie einen Astronomen
angerufen.« Siobhan unterdrückte ein Lachen.
»Phillippa, ich bin eine Kosmologin. Ich habe seit meinem
Studium nicht einmal mehr an die Sonne gedacht.«
    Toby Pitt berührte sie am Arm. »Aber Sie sind doch
die Königliche Astronomin«, sagte er leise. »Sie
sind mit ihrem Latein am Ende. An wen hätten sie sich sonst
wenden sollen?«
    Er hatte natürlich Recht. Siobhan hatte sich immer schon
gefragt, ob ihre ›königliche Bestellung‹ und
der damit verbundene Prominentenstatus den ganzen Ärger
überhaupt wert waren. Die ersten königlichen
Astronomen, Männer wie Flamsteed und Halley, hatten das
Observatorium in Greenwich betrieben und ihre Zeit
überwiegend mit der Beobachtung von Sonne, Mond und Sternen
zugebracht, um sie zu Navigationszwecken zu instrumentalisieren.
Ihre Aufgabe bestand indessen darin, als Galionsfigur auf
Konferenzen wie der heutigen aufzutreten oder als Zielscheibe
für quotengeile Journalisten herzuhalten – und, wie es
schien, als Blitzableiter für Politiker in der Krise.
»Erinnern Sie mich daran, den Dienst zu quittieren, wenn
das alles hier vorbei ist«, sagte sie zu Toby.
    Er lächelte. »Aber bis dahin…« Er
stand auf. »Brauchen Sie noch etwas?«
    »Einen Kaffee bitte, falls Sie einen beschaffen
können. Ansonsten ein Wasser.« Sie hob ihr Telefon ans
Ohr und verspürte einen Anflug von Schuld, weil ihr nicht
aufgefallen war, dass es das Signal verloren hatte. »Und
ich muss mit meiner Mutter sprechen«, sagte sie.
»Könnten Sie mir eine Ortsverbindung
freischalten?«
    »Natürlich.« Er verließ den Raum.
    Siobhan wandte sich wieder Phillippa zu. »In Ordnung.
Ich werde mein Bestes tun. Halten Sie die Leitung
frei.«

 
{ 6 }
VORHERSAGE
     
     
    Michail und Eugene saßen, in Overalls aus
Recyclingpapier gekleidet, in Michails kleiner chaotischer
Umkleidekabine.
    Eugene hatte eine Kaffeetasse in der Hand. Sie beide schwiegen
verlegen. Michail wunderte sich darüber, dass ein so
stattlicher junger Mann so schüchtern war.
    »Aha, Neutrinos«, sagte Michail zögerlich.
»Ziolkowski muss ein kleiner Ort sein. Richtig
gemütlich! Haben Sie dort viele Freunde?«
    Eugene schaute ihn an, als ob er chinesisch redete. »Ich
arbeite allein«, sagte er. »Die meisten Leute dort
unten sind dem Gravitationsquellen-Detektor zugeteilt.«
    Michail hatte Verständnis dafür. Die meisten
Astronomen und Astrophysiker erlagen nämlich dem Lockruf der
Weite und Ferne: Die Evolution großer Sterne und die
Biografie des Universums selbst, wie sie von exotischen Signalen
wie Gravitationswellen enthüllt wurde – das war
sexy. Das Studium des Sonnensystems, wie auch der Sonne selbst,
war zu begrenzt, anspruchslos, banal und mit zu vielen Details
überfrachtet.
    »Genau deshalb ist es immer schon schwierig gewesen,
Leute für die Arbeit am Weltraumwetter zu gewinnen, obwohl
es doch von so großer praktischer Bedeutung ist«,
sagte er. »Der Raum zwischen Sonne und Erde ist ein Gewirr
aus Plasmawolken und elektromagnetischen Feldern, und die
zugrunde liegende Physik ist gleichermaßen komplex.«
Er lächelte. »Wir sitzen wohl im selben Boot: Ich bin
am Pol des Mondes gestrandet und Sie stecken in einem Loch auf
der Rückseite des Mondes – so verrichten wir beide
unsere undankbare Arbeit.«
    Eugene unterzog ihn einer gründlichen Musterung. Michail
hatte das eigenartige Gefühl, dies war das erste Mal, dass
der junge Mann ihn überhaupt zur Kenntnis genommen hatte. »Was hat eigentlich Ihr Interesse an der Sonne
geweckt?«, sagte Eugene.
    Michail zuckte die Achseln. »Es ging mir vor allem um
die praktische Anwendung. Die konkreten Auswirkungen auf die
Erde… die meisten kosmologischen Objekte sind abstrakt und
fern, nicht aber die Sonne. Zumal wir Russen schon immer einen
Hang zur Sonne hatten. Ziolkowski, unserem großen
Weltraum-Visionär, sagt man sogar nach, ein Sonnenanbeter
gewesen zu sein.«
    »Das liegt vielleicht daran, dass die Sonne so weit im
Norden sich ziemlich rar macht.«
    Michail war baff. Sollte das tatsächlich ein Scherz
gewesen sein? Er lächelte gezwungen.

Weitere Kostenlose Bücher