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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Sandstein war auch er in Wasser
eingelegt gewesen. Man konnte den Mond von einem Pol zum anderen
absuchen und fand doch keine Formation wie diesen eigentlich
unspektakulären Auswuchs. Das war der Mars: Bei dem Gedanken
bekam sie noch immer eine Gänsehaut.
    Doch Helena war hier gestrandet.
    Natürlich hatten die Astronauten von Aurora 1 im
Grunde schon gewusst, was die Präsidentin sagen würde;
lang, bevor sie den Mund aufgemacht hatte. Die Missionskontrolle
in Houston hatte ihnen die Nachricht vom Abbruch der Mission der Aurora 2 vorab schonend beigebracht.
    Die Aurora 2 war eigentlich schon das dritte Schiff der
Mars-Expedition. Das erste mit der Kennung Aurora null hatte eine
robotische Fabrik auf der Marsoberfläche abgesetzt, die sich
dann angeschickt hatte, Marsboden und -luft in Methan und
Sauerstoff umzuwandeln – Brennstoff, den die nachfolgenden
menschlichen Besatzungen zum Rückflug brauchten. Dann hatte Aurora 1, von thermonuklearen Raketen angetrieben und mit
sechs Mann besetzt, die lange Reise unternommen. Der Mars war
nach dem Vorbild des Mondes von den Menschen in Besitz genommen
worden.
    Der Plan hatte zunächst vorgesehen, dass nach der Ankunft
der Aurora 2 die erste Besatzung zur Erde
zurückfliegen und das größere zweite Team die
Kolonie erweitern sollte: eine Siedlung, die Keimzelle einer
dauerhaften Kolonisierung des Mars hätte sein sollen. Der
kleine Brückenkopf war sogar schon – etwas
großspurig – auf den Namen ›Port
Lowell‹ getauft worden.
    Und nun war dieser Plan Makulatur. Nach zwei Jahren saß
die erste Crew noch immer hier fest – und dem Vernehmen
nach sollte wegen der Priorität des Schildbaus erst nach dem
Sonnensturm eine Rettungsmission stattfinden. In über vier
Jahren.
    Die Besatzung hatte aber Verständnis für diese
Maßnahme, denn sie war in vollem Umfang über die
Gefahr informiert, die von der Sonne ausging. Trotz der
größeren Entfernung wirkte die Sonne hier auf dem Mars
noch bedrohlicher als auf der Erde. Die dichte Atmosphäre
der Heimatwelt bot einen Schutz, der einer meterdicken
Aluminiumhülle entsprach; die dünne Marsluft war
diesbezüglich nur für ein paar Zentimeter gut. Man war
praktisch genauso ungeschützt, als wenn man in einer
Blechbüchse von Raumschiff durch den interplanetaren Raum
geschippert wäre. Die Magnetosphäre bot auch keinen
Schutz. Der Mars war öde und kalt, im Innern tief gefroren,
und sein Magnetfeld war keine weltumspannende, dynamische
Struktur wie das Erdmagnetfeld, sondern ein
›Flickenteppich‹ aus Bögen und Fetzen. Auf dem
Mars, so pflegten die Sonnen-Klimatologen zu sagen, wirkte die
Sonne direkt auf den Boden ein, und man musste sich vor
Protuberanzen in Acht nehmen, die auf der Erde nicht einmal
aufgefallen wären. Also hatten sie durchaus
Verständnis, wodurch die Aussichten aber auch nicht rosiger
wurden.
    Die Stimmung war im Keller. Und sie waren ständig müde: Ein Sol, ein Mars-Tag, war eine halbe Stunde
länger als ein Erdentag. Zu lang, als dass die innere Uhr
des Menschen sich darauf einzustellen vermocht hätte. Bei
allen Simulationen hatte niemand vorhergesehen, dass eines der
gravierendsten Probleme auf dem Mars eine Art Jetlag wäre.
Und nun waren sie auch noch gestrandet. Dank Aurora Null bestand zumindest nicht die Gefahr einer Ressourcen-Knappheit.
Sie konnten es hier aushalten; der Mars würde sie
ernähren. Dennoch litten die meisten Crewmitglieder
darunter, dass sie so lang von der Heimat und ihren Familien
getrennt waren.
    Helena, die durch die Aussicht auf den Sonnensturm
aufgeschreckt war und sich sorgenvoll fragte, ob sie es
überhaupt schaffen würden, den Sturm aus eigener Kraft
auszusetzen, verspürte dennoch eine stumme Freude. Sie war
nämlich dabei, sich in diesen Ort zu verlieben, diese
fremdartige kleine Welt, wo die Sonne Gezeiten in der
Atmosphäre verursachte. Zumal der Mars viele Geheimnisse
barg, die sie unbedingt erforschen wollte. Sie wollte zu den
Polen reisen, wo im Winter Blizzards aus Kohlendioxid tobten und
ins tiefe Hellas-Becken hinabsteigen, wo es angeblich so
heiß war und die Luft so dick wurde, dass man Wasser
auszugießen vermochte und es ohne zu gefrieren eine
Pfütze bildete.
    Und es gab auch menschliche Geheimnisse auf dem Mars.
    Die in Großbritannien geborene Helena erinnerte sich an
ihre Enttäuschung, wie sie im Alter von sechs Jahren in den
Morgenstunden des ersten Weihnachtsfeiertags 2003

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