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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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diesen Videoauftritt prädestiniert.
Es war Miriam, die bislang die politische treibende Kraft hinter
dem Schild-Projekt gewesen war. Sie war es auch, die das Projekt
auf eine solide industrielle und finanzielle Basis gestellt
hatte; sie hatte in ihrer eigenen zerrissenen eurasischen
Fraktion und darüber hinaus den politischen Willen für
dieses utopisch anmutende Projekt aufgebracht – und sie
hatte dabei einen Gutteil ihres politischen Kredits aufgebraucht.
Jedoch war es seit Generationen Konsens, dass in Situationen wie
dieser der Präsident der Vereinigten Staaten es war, der der
Welt die schlechten – und guten – Nachrichten
verkündete.
    »Alvarez erledigt ihre Aufgabe gut«, sagte Miriam.
»Wir können von Glück sagen, dass wir eine wie
sie zur rechten Zeit auf dem ›heißen Stuhl‹
haben.«
    Nicolaus schnaubte. »Sie ist der beste Schauspieler im
Weißen Haus seit Reagan – mehr nicht.«
    »Nun ja, etwas mehr hat sie schon drauf. Aber sie weckt
vielleicht falsche Hoffnungen. Was auch immer wir tun«,
sagte sie grimmig, »es werden Menschen sterben.«
    »Aber weitaus weniger, als wenn wir nichts tun
würden«, sagte Nicolaus. »Aber was auch immer
wir tun, erwarten Sie keine Orden dafür. Bedenken Sie, das
ist Technik und keine Zauberei; wie gut sie auch funktionieren
wird, es werden Menschen in großer Zahl sterben. Und im
Nachhinein werden die Leute uns dafür verantwortlich machen.
Wir werden als die schlimmsten Massenmörder in die
Geschichte eingehen. Das ist zumindest der ›polnische
Weg‹!« Er grinste in einer eigentümlichen
Anwandlung von Galgenhumor.
    »Sie sind schon ein böser Zyniker, Nicolaus.«
Aber sie war in einer gelösten Stimmung, der Ernst der Lage
war durch den Whiskygenuss entschärft. Sie nippte am Alkohol
und ließ sich von Alvarez’ warmer Stimme
einlullen.
    »Der Schild wird riesige Abmessungen haben. Doch er wird
überwiegend aus einer hauchdünnen Folie bestehen, um
seine Masse auf ein Minimum zu reduzieren. Der größte
Teil der Masse wird vom Mond gestartet, dessen geringere
Schwerkraft Weltraumstarts wesentlich erleichtert. Die
›intelligenten‹ Baugruppen, die für die
Kontrolle des Schilds erforderlich sind, werden aber auf der Erde
gefertigt, wo die modernsten Fertigungsprozesse verfügbar
sind.
    Alle unsere Ressourcen müssen diesem Projekt gewidmet und
andere Träume fürs Erste zurückgestellt werden.
Deshalb habe ich beschlossen, die Aurora 2, unser zweites
Mars-Raumschiff, das bereits zum roten Planeten unterwegs ist,
zurückzurufen. Es wird uns als Bauhütte dienen, wenn
Sie so wollen.«
     
    Auf elektromagnetischen Schwingen flogen die Worte der
Präsidentin am Mond vorbei und erreichten ein paar Minuten
später den Mars.
    Helena Umfraville hörte eine blecherne Stimme im
Helmlautsprecher. Aber sie hatte sich selbst dafür
entschieden, Alvarez so zu hören. Um den Vorbeiflug von Aurora 2 zu beobachten, hatte sie sich auf einen
Weltraumspaziergang begeben. Sie wollte Mars möglichst nah
sein. Da konnte nicht einmal die Rede eines Präsidenten
mithalten.
    Also war sie in ihren Raumanzug gestiegen. Es war ein
›Isolierungsanzug‹, mit dem man an eine Luke des
Rovers oder des Habitats angedockt blieb und den man durch die
Rückseite bestieg, sodass man nicht in Kontakt mit der
Außenseite kam – auch nicht mit Mars, dessen
mutmaßliche heimische Ökologie nicht mit der
öligen, wässrigen und bakterienverseuchten Masse namens
›Mensch‹ in Berührung kommen sollte. Und nun
stand sie neben dem Rover, mit den Füßen in rotem
Staub – dem Mars so nah, wie es ihr nur eben möglich
war.
    Um sie herum erstreckte sich eine
geröllübersäte Ebene, die außer den
Reifenspuren ihres Fahrzeugs von Menschen unberührt war. Der
Boden war rostig braun, und der Himmel hatte eine gelblich
trübe Tönung, die sich dicht um die geschrumpfte
Sonnenscheibe zu einem Orange intensivierte. Die Felsen auf dem
Boden, die durch einen Einschlag vor Urzeiten dort verstreut
worden waren, lagen schon so lang dort, dass der vom Wind
herangewehte Staub sie glatt geschliffen hatte. Dies war eine
alte, stille Welt wie ein Gesteins- und Staub-Museum. Aber es gab
hier Wetter, das manchmal erstaunliche Kapriolen schlug, wenn die
dünne Luft in Wallung geriet.
    Und am Horizont machte sie eine Erhebung von geschichtetem
Stein aus. Es war Sedimentgestein, wie ein Sandsteinbett auf der
Erde – und wie irdischer

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