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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Kräfte und vermochte die Position zu berechnen, die er zum
Ausgleich dieser Einflüsse einnehmen musste.
    Diese punktuelle, vernetzte Intelligenz sollte durch die
Fertigung einer ›Smartskin‹ erreicht werden.
Die Oberhaut des Schildes, weniger als ein Mikrometer dick,
wäre nicht nur eine reflektierende Schicht, sondern mit
Elektronik angefüllt. Die dezentrale, verdrahtete
Intelligenz würde natürlich eine machtvolle
Gesamtintelligenz konstituieren. Der vollendete Schild wäre
vermutlich die intelligenteste Einzelentität, die die
Menschheit jemals erschaffen hatte – wahrscheinlich noch
intelligenter als Aristoteles, wobei die einzige Unklarheit indes
darin bestand, dass niemand genau wusste, wie intelligent
Aristoteles war.
    So viel zum Design, das an sich schon kompliziert genug war.
Die praktische Umsetzung war eine Sache für sich.
    Die Fertigung der Smartskin war aber nur eins der heute
aufgetretenen Probleme; es gab nicht genug Nano-Fabriken, um sie
rechtzeitig zu produzieren. Noch gravierender war jedoch das
durch den Druck des Sonnenlichts verursachte Problem. Obwohl man
es für die aktive Positionskontrolle nutzen konnte, stellte
seine schiere Existenz ein großes Problem dar – was
die zweite schier unüberwindliche Hürde des Tages
war.
     
    »Gehen wir es Schritt für Schritt durch«,
sagte Bud. »Das Sonnenlicht übt einen Druck auf die
reflektierende Schicht des Spiegels aus. Der Lichtdruck wirkt der
Schwerkraft der Sonne jedoch entgegen – dadurch wird die
Schwerkraft der Sonne effektiv reduziert, und der
L1-Gleichgewichtspunkt verschiebt sich auf der Erde-Sonne-Linie
in Richtung der Sonne.
    Nun versuchen wir die konstruktive Masse des Schildes zu
minimieren. Je leichter der Schild ist, desto weiter kann das
Sonnenlicht ihn zurückstoßen. Und je weiter er in
Richtung Sonne driftet, desto größer muss der Schild
sein, um die ganze Erde zu beschirmen. Also nimmt seine Masse
zwangsläufig wieder zu… durch die
entgegengesetzte Wirkung dieser beiden Effekte ergibt sich eine
Minimallösung. Habe ich Recht? Für eine gegebene Dicke
der Folie ergibt sich eine theoretische minimale Masse des
Schirms, unterhalb derer es keine machbare konstruktive
Lösung gibt.«
    »Und ohne die Chinesen…«, sagte
Siobhan.
    »Werden wir dieses Minimum nicht schaffen«, sagte
Rose mit einer Art schwarzen Humors.
    Das Problem waren die unzureichenden
Schwerlastkapazitäten. Obwohl die chinesische Regierung
zunächst eine Beteiligung am Schild-Programm abgelehnt
hatte, war Miriam Grec sicher, dass nach genügend
diplomatischem Süßholzraspeln und einem kleinen
Kuhhandel die Chinesen mit ins Boot kommen würden. Miriam
hatte Siobhan bereits angewiesen, die Verfügbarkeit der
chinesischen Flotte schwerer Trägerraketen vom Typ
›Langer Marsch‹ bei ihrer Planung zu
berücksichtigen.
    Nun, Miriam Grec hatte schon in vielerlei Hinsicht Recht
behalten, doch bezüglich der Chinesen befand sie sich im
Irrtum. Sie weigerten sich nach wie vor kategorisch, sich am
Projekt zu beteiligen und schienen mit ihren
Raumstartfähigkeiten einen eigenen Geheimplan zu
verfolgen.
    Was auch immer die Chinesen im Schilde führten, war
Siobhan indes egal. Vielmehr bereitete es ihr Sorge, dass es
ihnen trotz monatelanger hektischer Bemühungen nicht
gelungen war, eine praktikable konstruktive Lösung zu
finden: Ohne die Chinesen und ihre Langer-Marsch-Booster –
und vielleicht sogar mit ihnen, wie die Pessimisten sagten
–, bestand nicht die geringste Aussicht, diese minimale
Masse rechtzeitig nach L1 zu transportieren.
    Siobhan wusste, dass der Zeitfaktor ausschlaggebend für
dieses Projekt war. Der Schild war zudem ein ungeheurer
finanzieller Aderlass: Das Projekt verschlang mehr Geld als das
Netto-BIP der Vereinigten Staaten und somit einen beachtlichen
Anteil der ganzen Wirtschaftsleistung der Welt. Tatsächlich
galt der Schild inflationsbereinigt als das teuerste
Einzelprojekt der Menschheit seit dem ›Projekt‹,
den Zweiten Weltkrieg zu gewinnen. Das Geld sprudelte
schließlich nicht aus einem Füllhorn, und viele andere
Programme, besonders die Anstrengungen zur Linderung der
Klimaveränderungen im ausgetrockneten Zentralasien und zum
Schutz des untergehenden Polynesiens, wurden unter vorhersehbarem
Protest auf Eis gelegt.
    In dem Maß, wie das Projekt realisiert wurde,
provozierte es großen politischen Ärger. In gewisser
Weise begrüßte Siobhan das; es

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