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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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bedeutete nämlich,
dass über ein Jahr nach der Weihnachtsansprache von Alvarez
der ›Krieg, der keiner war‹, zu Ende ging und die
Leute nun doch so weit an den Sonnensturm glaubten, dass sie sich
dafür interessierten, was diesbezüglich unternommen
wurde. Natürlich waren technische Probleme zu lösen;
ein solches Projekt war nie zuvor in Angriff genommen worden.
Siobhan wusste aber, dass, wenn sie bei ihren Aktivitäten
auch nur einen Anflug von Zweifel zeigte, der fragile politische
Konsens hinter dem Projekt alsbald zerbrechen würde –
und der war genauso wichtig für das Gelingen des Schilds wie
die Glasstreben und Stützen, die vom Mond ins All
transportiert wurden.
    Siobhan massierte sich die Schläfen. »Dann
müssen wir eben eine andere Möglichkeit finden. Was
können wir ändern?«
    Rose zählte die Optionen an ihren dicken Fingern ab.
»An den zugrunde liegenden Naturkräften ist nicht zu
rütteln. Die Schwerefelder der Sonne und der Erde sind
Konstanten, genauso wie der Flächendruck des Sonnenlichts.
Die Größe des Schildes ist ebenfalls ein Faktum.
Wäre er transparent, würde das Sonnenlicht den Schild
natürlich ungehindert durchdringen.« Sie
lächelte. »Aber dann könnte man sich den Bau auch
gleich sparen, nicht wahr?«
    »Es muss doch irgendeine Möglichkeit geben,
verdammt«, sagte Siobhan ungehalten.
    Sie ließ den Blick über die Softscreens schweifen,
mit denen die Wände des Raums verkleidet waren. Die
Gesichter, die sie anschauten – ihre Leitenden
Projektmanager – wurden von verschiedenen Ecken der Erde,
des Mondes und L1 selbst projiziert. Die Gesichter von Bud und
Michail Martynov drückten wie immer Zuneigung und
Unterstützung aus. Rose hatte ihren üblichen
mürrischen Das-ist-völlig-unmöglich- Ausdruckaufgesetzt. Die meisten anderen wirkten ziemlich
reserviert. Manche mochten Rose wegen ihrer Hiobsbotschaft
vielleicht sogar dankbar gewesen sein, weil sie sich mit ihren
eigenen Problemen dahinter verschanzen konnten.
    Sie bekommen es einfach nicht hin, sagte Siobhan sich. Selbst
ihren Leuten, selbst den besten Ingenieuren und Technikern
überhaupt, mangelte es an Vorstellungskraft. Sie bauten hier
nicht nur eine Brücke oder flogen nur zum
Mars; das war kein x-beliebiges Projekt, kein weiterer Eintrag im
Lebenslauf. Es war die Zukunft der Menschheit, an deren Rettung
sie arbeiteten. Wenn sie versagten – aus welchem Grund auch
immer –, würde es kein Morgen mehr geben, um
Schuldzuweisungen auszuteilen: Es würde keine Karrieren mehr
geben, die zerstört werden, keine neuen Richtungen, die
eingeschlagen werden konnten. Siobhan hätte Roses schroffe
Art eigentlich begrüßen sollen, sagte sie sich;
wenigstens sie benannte in schonungsloser Offenheit die Fakten,
ungeachtet der Konsequenzen.
    »Ich will Ihnen nichts vormachen«, sagte sie.
»Ich will Sie nur daran erinnern, was Präsidentin
Alvarez sagte. Misserfolg ist keine Option! Das gilt nach
wie vor. Wir werden uns die Köpfe zerbrechen, bis sie
rauchen, und wir werden Lösungen für diese beiden
Probleme finden, komme, was da wolle.«
    »Wir sind bei Ihnen, Siobhan«, murmelte Bud.
    »Hoffentlich stimmt das auch.« Sie stand auf und
schob den Stuhl zurück. »Ich brauche eine
Pause«, sagte sie zu Toby.
    »Ich mache Ihnen keinen Vorwurf. Nur zur Erinnerung
– Ihr Zehn-Uhr-Termin steht an.«
    Siobhan schaute flüchtig auf eine Seite des
Softscreen-Terminkalenders. »Leutnant Dutt?« Die
Soldatin, die seit über einem Jahr versucht zu haben schien,
mit einer wichtigen Botschaft, die sie niemandem sonst
anvertrauen wollte, zu Siobhan vorgelassen zu werden und die
schließlich an den Anfang der Liste vorgerückt war.
Noch mehr Probleme. Aber wenigstens andere Probleme.
    Sie streckte sich und versuchte, den Schmerz im Nacken zu
vertreiben. »Wenn jemand nach mir fragt, ich bin in einer
halben Stunde zurück.«

 
{ 22 }
WENDEPUNKT
     
     
    Leutnant Bisesa Dutt von der britischen Armee wartete auf
Siobhan in den Räumen der City of London. Sie trank Kaffee
und studierte ihr Handy.
    Als Siobhan den Raum durchquerte, wurde sie von einem
eigenartigen Schatten abgelenkt. Sie schaute aus dem Fenster und
erhaschte einen Blick auf ein filigranes Gerüst, das die
Dächer von London überwölbte: Es war das Skelett
dessen, was die Londoner Kuppel werden sollte, der Versuch der
Stadt, sich vorm Sonnensturm zu schützen. Es war jetzt schon
das größte

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