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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Schichten der Sonne getrieben worden war; eine Wunde,
die sich erst nach Jahrtausenden wieder schließen
würde.
    Als der Jupiterartige dann den Rand des Fusionskerns der Sonne
erreichte, war er schon auf einen Klumpen seiner dichtesten und
härtesten Substanz reduziert – hatte aber noch immer
ein Vielfaches der Jupitermasse. Hier wurde nun auch die
restliche Masse des Jupiterartigen aufgelöst und zerstreut
– aber nicht, bevor sie dem Kern der Sonne noch einen
mächtigen Schlag versetzte. Es wurde eine gewaltige
Fusionswoge ausgelöst wie eine schwere Bombe, die am Rand
dieses natürlichen Reaktors explodierte. Dieser
mächtige Impuls sandte Schockwellenfronten tief in den
Fusionskern.
    Eugene Mangles hätte gewusst, dass der Kern ein hitziges
Gemüt hatte und seine Fusionsrate überaus empfindlich
auf Temperaturänderungen reagierte. Der Jupiterartige war
zwar verschwunden, aber sein Einschlag hatte ein Muster
energetischer Schwingungen im Kern hervorgerufen, das für
Jahrtausende Bestand haben würde.
     
    Und an der Oberfläche herrschte am Einschlagspunkt
– obwohl der Planet längst im Schlund der Sonne
verschwunden war – ein höllisches Chaos.
    Auf dem Weg ins Herz des Sterns hatte der Jupiterartige eine
kritische Grenze durchbrochen, die als die Tachokline bezeichnet
wurde: die Grenze zwischen der Konvektions- und der
Strahlungszone. Das träge Meer der Strahlungszone rotiert
mit dem Kern der Sonne, fast wie ein starrer Körper. Aber
die Bewegung der Konvektionszone ist viel komplizierter; die
Wissenschaft hat festgestellt, dass unterschiedliche Bereiche der
Sonnenoberfläche mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten
rotieren. So entsteht an der Tachokline Reibung: Das
Konvektionsmaterial zieht wie ein starker Sturm über das
Strahlungsmaterial hinweg.
    Die Sonne wird von einem starken Magnetfeld durchsetzt. Und
ihr Inneres wird von ›Flussröhren‹ durchzogen,
Strömen magnetischer Energie, die durchs Plasmameer
fließen. An der Tachokline spannen die Flussröhren
sich wegen der unterschiedlichen Rotation der Sonnenschichten um
den Sonnenäquator. Prinzipiell werden sie durch die
mächtige Konvektion oben an ihrem Platz gehalten. Manchmal
reißt jedoch solch ein Sonnen umspannender Strang, und dann
bahnt er sich einen Weg an die Oberfläche der Sonne, wobei
er Plasmaströme nachschleppt. Dies ist die Ereignisfolge,
die zu den ›aktiven Regionen‹ führt, die
wiederum Ursprung von Protuberanzen und Masseausstößen
sind.
    Und genau das trat nun ein. Als der Jupiterartige durch die
Tachokline brach, krümmten die strammen, verdrillten
Feldlinien sich wie Schlangen. Flussröhren bohrten sich
durch den Körper der Sonne, durchstießen die
Oberfläche und peitschten wild über der riesigen Narbe,
die der Jupiterartige hinterlassen hatte. Energie wurde in einem
großen Aufflammen in den Raum geleitet – als
Hochfrequenz-Strahlung und in einer Fontäne geladener
Teilchen, die im ganzen Sonnensystem versprüht wurden.
    Ein mächtiger Sonnensturm brandete gegen die Erde an. Das
Magnetfeld des Planeten flatterte wie ein loses Segel im Sturm,
und riesige Auroras waren überall auf der Welt zu sehen. Die
schlimmsten Auswirkungen des Jupiterartigen lagen noch weit in
der Zukunft. Doch hier, in diesem Moment, gab er seine Ankunft
sehr vernehmlich bekannt.
    Auf der Erde des Jahres 4 vor Christus gab es noch keine
Hochtechnologie, die beeinträchtigt werden konnte –
aber Millionen natürlicher Computer, die mit
Biomolekülen und Elektrizität funktionierten, wurden
durch die magnetische Turbulenz subtil beeinflusst. Menschen
wurden ohnmächtig und erlitten Herz- und Schlaganfälle;
und ein paar arme Seelen starben an einer Ursache, die niemand zu
ermitteln vermochte. Wie Miriam Grec um den Preis ihres Lebens
erfuhr, vermögen magnetische Störungen religiöse
Impulse im menschlichen Bewusstsein zu stimulieren: Es gab eine
Inflation von Hellsehern und Untergangspropheten, Wundern und
Visionen.
    Und in einer schäbigen Hütte in Bethlehem zappelte
und quäkte ein neugeborenes Kind, das auf schmutzigem Heu
lag und von Bildern gequält wurde, die Er nicht
verstand.

 
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TELESKOP
     
     
    Seit Präsidentin Alvarez’ niederschmetternder
Ansage im Dezember 2037 war die Sonnensturm-Krise auf eine
seltsame Art und Weise mit Weihnachten verquickt. Weihnachten
2041, das letzte Weihnachtsfest vorm Sonnensturm – und nur
noch vier Monate bis

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