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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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spekuliert.«
    Bisesa schaute in die Ferne. »Nicht einmal jetzt vermag
ich mich mit der Idee anzufreunden.«
    »Das ist für jeden Wissenschaftler
schwierig«, sagte Siobhan. »Die
›utilitaristische Betrachtungsweise‹ – das
heißt, die Fundierung von Theorien übers Universum auf
der Annahme, dass es zu einem bestimmten Zweck erschaffen wurde
– ist vor dreihundert Jahren aus der Mode gekommen. Darwin
hat dann endgültig damit aufgeräumt. Natürlich war
damals Gott der begnadete Designer, nicht ET. Für einen
Wissenschaftler verstößt das Denken in solchen
Kategorien gegen alle Regeln. Weshalb mein erster Gedanke war,
Sie mit Eugene zusammenzubringen, Bisesa. Ich fragte mich, was
geschehen würde, wenn Sie ihn mit einer neuen Denkweise
konfrontierten. Ich glaube, dass mein Instinkt mich nicht
getrogen hat. Aber es mutet trotzdem unnatürlich an.«
Sie seufzte. »Ein sündiges Vergnügen.«
    »Wie, glauben Sie, werden die Leute es aufnehmen, wenn
sie es schließlich erfahren?«, fragte Bisesa.
    Siobhan betrieb Nabelschau. »Die Weiterungen sind immens
– politisch, gesellschaftlich, philosophisch. Alles
ändert sich. Selbst wenn wir nichts mehr über diese
Wesen in Erfahrung bringen, die Sie die Erstgeborenen nennen, Bisesa, und wie auch immer der Sonnensturm ausgehen wird
– es genügt das Wissen, dass wir im Weltall nicht
einmalig sind. Jede Zukunft, die wir uns auszumalen belieben,
muss nun auch die Möglichkeit fremden Lebens
berücksichtigen.«
    »Ich glaube, die Leute haben ein Recht, es zu
wissen«, sagte Bisesa.
    Siobhan nickte; das war ein ständiger Streitpunkt
zwischen ihnen.
    »Wir haben den Mond und den Mars erreicht«, sagte
Bisesa. »Und hier bauen wir eine Struktur so groß wie
ein Planet. Und doch sind alle unsere Errungenschaften nichts
– nichts gegen eine Macht, die das zu tun vermag.
Aber ich glaube nicht, dass die Leute übermäßig
eingeschüchtert werden. Ich glaube vielmehr, dass die Leute
zornig werden.«
    »Eins verstehe ich immer noch nicht«, gestand
Siobhan.
    »Wieso sollten diese Erstgeborenen uns mit
der Auslöschung bedrohen wollen?«
    Bisesa schüttelte den Kopf. »Ich kenne die Erstgeborenen besser als irgendjemand sonst, möchte
ich meinen. Aber ich habe darauf keine Antwort. In einer Sache
bin ich mir aber sicher. Sie schauen zu.«
    »Zuschauen?«
    »Ich glaube, das ist es, worum es bei Mir ging. Mir war
eine Collage unserer ganzen Geschichte, bis zum Moment –
unserer möglichen Vernichtung. Mir war nämlich nicht
für uns bestimmt, sondern für die Erstgeborenen. Sie zwangen sich damit, sich anzuschauen, was sie
zerstörten, sich ihrer Tat zu stellen.«
    Sie sprach zögernd, war von ihren Aussagen offenkundig
selbst nicht ganz überzeugt. Siobhan stellte sich vor, wie
sie stundenlang allein dasaß und zwanghaft ihre
Erinnerungen und unsicheren Gefühle erforschte.
    »Sie wollen nichts von dem, was wir wissen oder zu
leisten vermögen«, fuhr Bisesa fort. »Sie
interessieren sich auch nicht für unsere Wissenschaft oder
unsere Kunst – sonst würden sie nämlich unsere
Bücher, unsere Bilder und sogar ein paar von uns retten.
Unser Zeug ist weit unter ihrem Niveau. Worum es ihnen
wirklich geht – glaube ich –, ist das Wissen, wie es
sich anfühlt, wir zusein – menschlich zu sein.
Und wie es sich anfühlt, wenn wir ins Feuer geworfen
werden.«
    »Dann schätzen sie also Bewusstsein«, sagte
Siobhan versonnen. »Ich verstehe, weshalb eine
fortgeschrittene Zivilisation Intelligenz über alles andere
stellt. Vielleicht ist sie in diesem unserem Universum dünn
gesät. Sie zerstören, was sie lieben. Dann haben sie
also eine Ethik. Vielleicht fühlen sie sich sogar schuldig
wegen ihrer Tat.«
    Bisesa lachte bitter. »Aber sie tun es trotzdem. Was
doch keinen Sinn ergibt, stimmt’s? Können Götter
verrückt sein?«
    Siobhan schaute flüchtig auf die schmalen Schatten der
Kuppel. »Vielleicht hat diese Vernichtungsorgie sogar eine
innewohnende Logik.«
    »Glauben Sie das wirklich?«
    Siobhan grinste. »Selbst wenn ich es täte,
würde ich es zurückweisen. Zum Teufel mit
ihnen!«
    Bisesa erwiderte das mit einem wilden Grinsen.
»Ja«, sagte sie. »Zum Teufel mit
ihnen!«

 
{ 29 }
EINSCHLAG
     
     
    Der Planetenirrläufer flog aus dem Himmelsäquator.
Während das Licht in sechzehn Jahren von Altair nach Sol
jagte, hatte der wandernde Planet ein volles Millennium
gebraucht, um seine interstellare

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