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Sonnentaucher

Sonnentaucher

Titel: Sonnentaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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der Photosphäre. Die dunkle Umbra war sehr still, aber die Penumbralregionen am Rande des Sonnenflecks kräuselten sich unaufhörlich nach außen wie die Wellen von einem ins Wasser geworfenen Kiesel. Die Randzone war unscharf und vibrierte wie eine angeschlagene Klaviersaite. Darüber und zu allen Seiten erhob sich das riesige Gebilde eines Filamentgewirrs. Jacob konnte sich nicht erinnern, je etwas Größeres gesehen zu haben. Gigantische Wolken wirbelten und strömten und folgten den Linien der Magnetfelder, die ineinander verschmolzen, sich verdrehten, umeinanderschlängelten. Ein Strang erschien aus dem Nichts, erhob sich, rankte sich um einen zweiten und löste sich ›in Luft‹ auf. Rings um sie herum wirbelten jetzt kleinere Gebilde. Sie waren fast unsichtbar, aber das tröstliche Schwarz des Raums verschwand in ihrem allgegenwärtigen, rosaroten Dunst.
    Jacob fragte sich, was ein Literat wohl aus dieser Szene machen würde. Bei all seinen herausragenden – und vielleicht mörderischen – Mängeln hatte LaRoque den Ruf, wunderbar mit Worten umgehen zu können. Jacob hatte schon mehrere seiner Artikel gelesen und die flüssige Prosa genossen, auch wenn er über die Schlußfolgerungen des Mannes noch stets gelacht hatte. Dies war eine Szene, die nach einem Dichter verlangte – was immer dessen politische Einstellung sein mochte. Es war schade, fand Jacob, daß LaRoque nicht dabei war... aus mehr als nur einem Grund.
    »Unsere Instrumente registrieren einen Quell von anomalem, polarisiertem Licht. Dort werden wir mit unserer Suche beginnen.«
    Culla trat an den Rand des Decks und starrte angestrengt auf einen Punkt, den ein Techniker ihm wies.
    Jacob erkundigte sich bei daSilva, was der Alien da triebe.
    »Culla sieht Farben sehr viel genauer als wir«, antwortete sie. »Er kann Unterschiede von Wellenlängen bis hinunter zu einem Angström erkennen. Außerdem gelingt es ihm irgendwie, die Phase des Lichtes, das er sieht, zu halten. Irgendein Interferenzphänomen vermutlich. Jedenfalls ist er sehr praktisch, wenn es darum geht, das kohärente Licht zu entdecken, das diese Laserbiester ausstrahlen. Er ist fast immer der erste, der sie sieht.«
    Cullas Mahlzähne schlugen einmal klackend aufeinander. Er deutete mit einer schlanken Hand hinaus.
    »Dort ischt esch«, stellte er fest. »Viele Lichtpunkte. Esch ischt eine grosche Herde, und ich glaube, esch schind auch Hirten dabei.«
    DaSilva lächelte, und das Schiff beschleunigte seinen Anflug. 

15. Vom Leben und vom Tod...
    Im Zentrum des Filaments bewegte sich das Sonnenschiff wie ein Fisch, der in eine reißende Strömung geraten ist. Die Strömung war elektrisch, und die Flut, in der die Spiegelkugel schwamm, war magnetisiertes Plasma von unglaublicher Komplexität.
    Klumpen und wehende Fetzen von ionisiertem Gas schossen hin und her, verdreht von denselben Kräften, denen sie ihre Bewegung verdankten. Ströme von leuchtender Materie erschienen unversehens und verschwanden wieder, wenn der Doppler-Effekt die Emissionslinien des Gases mit der zur Beobachtung benutzten Spektrallinie in Kongruenz brachte und wieder verschob.
    Das Schiff jagte durch die turbulenten Wirbelwinde der Chromosphäre und kreuzte durch subtile Verlagerungen der eigenen Magnetschirme in den Plasmafeldern – es segelte mit der Leinwand einer beinahe stoffgewordenen Mathematik. Durch blitzschnelles Straffen und Lockern dieser Kraftfelder – wodurch der Druck der widerstreitenden Strömungen sich in die eine Richtung auswirkte, in die andere nicht – wurden die Stöße, die der Sturm verteilte, gemildert.
    Dieselben Schilde hielten den größten Teil der brüllenden Hitze ab und drängten den Rest in erträgliche Bahnen. Was noch durchdrang, wurde in eine Kammer gesaugt, wo es den Kühllaser speiste, diese Niere, deren gefilterte Ausscheidungen einen Strom von Röntgenstrahlen bildeten, der noch das Plasma auf seinem Weg zerspaltete.
    Doch dies waren schlichte Erfindungen der Erdenmenschen. Es war die Wissenschaft der Galaktiker, die das Sonnenschiff anmutig und sicher machte. Gravitationsfelder drängten das liebevolle, alles zermalmende Zerren der Sonne zurück, so daß das Schiff ganz nach Belieben sinken oder steigen konnte. Die stampfenden Kräfte im Innern des Filaments wurden absorbiert oder neutralisiert, und selbst die Dauer all dieser Prozesse wurde durch Zeit-Kompression verändert.
    In Relation zu einem Festpunkt auf der Sonne (falls es so etwas gab) wurde das

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