Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland

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schnuppern? Gib her.« Er legte das Teil auf den Arbeitstisch zurück, wobei er es penibel auf Abstand hielt. Sein weißes Hemd hatte er gegen ein blaues gewechselt, »mit Rücksicht auf
die gegenwärtige Idiotie«, sagte er, trug aber nach wie vor seinen blassgrauen Anzug, der so makellos wie immer war.
    Grant Nichtsweiter wischte sich die Hände an einem marineblauen Handtuch ab und hockte sich problemlos auf den Boden, um unter die zerlegte Kampfdrohne zu gucken. Der kleine Schmierfink stand in der Grube und arbeitete am Fahrgestell.
    »Herr Schwartz, Ihr Freund, scheint sich ja einen schönen Lenz zu machen«, meinte Grant Nichtsweiter.
    »Dog?«, sagte der Mechaniker von unten. »Dog ist in Ordnung.«
    Jogo rieb sich den Stumpf ihres Schwanzes und versuchte sich aus dem Dunstkreis von Öl und scharfen Säuren zu stehlen. Sie kannten den Mann mit Namen Dog. Sie mochte ihn nicht. Er behandelte sie wie Luft und konnte einfach nicht stillsitzen. Grant sagte ihm immer, was zu tun war; gab ihm lauter Ratschläge, wie man »das meiste« aus diesem oder jenem Mann herausholen konnte, derweil Dog nickte und vor- und zurückschaukelte und sich kratzte und redete, redete, redete. Er war wie jemand mit Pelzläusen. Es juckte, wenn man an ihn dachte.
    Grant Nichtsweiter hielt es für eine Lachnummer, dass er Dog Schwartz die Leitung des Sanatoriums übertragen hatte. Dog hatte kein Sitzfleisch und hätte sich überall und nirgends herumgetrieben, um seinen Spaß zu haben, also hatte er ihn dazu verdonnert, auf Onkel Charlie aufzupassen.
    Der Gedanke, dass dieser Tölpel sie irgendwann in seinen Händen gehalten hatte, machte ihn krank.

    Der Irrwisch kam herangeschwirrt vom Wohnwagen, wo er seine röhrenförmige Nase an das Fenster gepresst hatte. Er ließ sich auf Grants Schulter nieder und flüsterte ihm ins Ohr.

    »Die Frau ist unruhig. Sie hat Langeweile.« Die Stimme war piepsig, resonanzlos, wie die aus einem abgelegten Headset.
    Auf dem überdimensionalen AV-Schirm des Wohnwagens lag Tabea Jute zwischen Satinlaken. Sie trug ein schwarzes Mieder und Strümpfe. Ihre Hand lag zwischen ihren Schenkeln. Über ihrem Gesicht kniete Grant. Nichtsweiter, nackt. Er … defäkierte.
    Die Frau sah nicht ein einziges Mal hin. Sie trug einen hautengen Hosenanzug mit Fischschuppenmuster und Kapuze. Sie lag auf einem schrantischen Zebrufell und las in einem Comic. Grant Nichtsweiter mixte ihr einen neuen Cocktail. Sie hatte bereits das ganze Fruchtgeleekonfekt verdrückt.
    »Beeindruckt?«, sagte er. »Nein?«
    Sarah Zodiak sah auf. Sie entschränkte ihre langen Beine und zog die Schultern zurück; einen Herzschlag lang hatte sie wie eine verchromte Statue ausgesehen. »Mit wem sie Sex hat, ist ihre Sache«, sagte sie und nahm den Cocktail entgegen. »Mit Ihnen hatte sie allerdings noch keinen«, fügte sie hinzu und widmete sich wieder den knallbunten Bildchen.
    Grant Nichtsweiter lachte aus vollem Hals. Ihre Furchtlosigkeit war faszinierend. »Sie sind gar nicht so verrückt, wie Sie aussehen.«
    Sarah Zodiak nippte an ihrem Glas. »Diesen albernen Unsinn auf Kanal 10 haben wir also Ihnen zu verdanken?«
    Der adrette Mann presste die Lippen zusammen. »Nein«, sagte er bedächtig, wobei er das schuppige Kinn des Irrwischs kraulte. »Mir zu verdanken: ja. Aber Unsinn: nein. Alles authentisch, gerade so, wie es die Einführung sagt. Bearbeitet, montiert, eine Spur optimiert, aber nichts erfunden, sondern die reine Wahrheit. Das«, sagte er und griff nach der AV-Steuerung, »dient lediglich meinem persönlichen Vergnügen.
Und dem meiner Freunde.« Er hielt das Vid an und ließ das Standbild zu fahlen Braun- und Rottönen zerfließen. »Ob sie es trotzdem gerne sehen würden?«, fragte er, die Ecke des Bildschirms mit der Fingerspitze reibend. »Sie und ihre verflossenen Jungs?«
    Sarah sah aus dem Fenster des Wohnwagens. Die goldenen Funken aus dem Lichtbogenschweißgerät ließen eine riesige Chrysantheme erblühen. »Ich kenne jemanden«, sagte sie, »der noch besessener von Tabea Jute ist als Sie: Das ist Tabea selbst.«
    Sanft nahm ihr der Mann im grauen Anzug das Glas aus den Fingern. »Kommen Sie mit«, sagte er. »Ich muss Ihnen etwas zeigen.«
    Sie folgte ihm eine Metalltreppe hinunter in die oberen Etagen der Parkbuchten. Darunter gewährten lauter ausgebrannte Gebäude Einblick in ihre nackten Beton- und Stahlinnereien. Aus einer Nische nahm der Mann mit Namen Nichtsweiter eine Stablampe und schaltete sie ein. Er stand