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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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Heute hatte sie nur ein kleines bisschen Crystal geschnupft - nicht viel; gerade so viel, dass sie eine Leiche mit zertrümmertem Schädel verkraften konnte, die man aus einem überquellenden Abwasserbecken gefischt hatte.
    Eine Frau im Cape, die sich ein Taschentuch vor Mund und Nase hielt, wurde zu der geborgenen Leiche gebracht; ein normales Gehen war zwischen den Leinen der Drohnen nicht möglich. Clegg nahm die Hand an die Wange, fingerte eine Verbindung. Tabea sah ihm an, dass er nur darauf wartete, dem Katastrophenbeauftragten und der Drohnenführerin eins auszuwischen, doch er kam nicht zum Zug. Sie setzte sich wieder in die behagliche Wärme des Pango zurück. Leute wie Clegg waren nicht besser als die Polizei. Sie waren Junkies; ihre Droge hieß Sicherheit und sättigte das Silizium in ihrem Hirn mit Informationen. Tief in ihrer DNA war das Bedürfnis kodiert, Massenbewegungen zu kontrollieren und Zufahrtswege zu blockieren. »Räumen« war das erste Wort, das sie sprechen konnten.
    Frau Shoe hatte ihren Mann identifizieren können, obwohl seine Leiche aufgedunsen und sein Gesicht bis zur Unkenntlichkeit zertört war. Sie gehörte offenbar zur Gemeinde Little Foxbourne. Es ging ihr schlecht, ihre Tochter stützte sie.
    Käpt’n Jute riss ihren Wagenschlag zu. »Okay, fahren wir.«
    Soi warf den Motor an. Clegg kam und setzte sich in den Fond, seine schweren Stiefel schoben mit dem Bodensatz herum. Kenny kam und setzte sich neben ihn. »Bleib, wenn du willst«, sagte Käpt’n Jute. Aber er hatte das Seine getan.

    Der Sicherheitsbeauftragte klopfte diensteifrig ans Fenster. Tabea öffnete einen Spalt weit. »Wenn die Anlage immer noch nicht funktioniert«, sagte sie, »lassen Sie sie abstellen und komplett ausmisten.«
    Hass stand in seinen Augen. »Haben Sie eine Vorstellung, was das für ein Aufwand ist?«
    »Nehmen Sie ein paar von diesen Leuten«, sagte sie mit einer Geste in Richtung der Zuschauer, die den Maschendraht ausbeulten. »Die halten sowieso nur Maulaffen feil.«
    Als der Pango aus dem Tor holperte, prasselten Schmähgeschosse, Rohrstücke und Matrixbrocken gegen die Panzerung.
    Die Scheinwerfer erfassten einen Slogan, den jemand an die dreckige Tunnelwand gepinselt hatte. SCRATCH TABBYCAT, stand da auf Englisch. Käpt’n Jute erinnerte sich mit einem halben Lächeln. Es war lange her, dass sie auf Rechtschaffenheit-II selbst ein kleiner Großkotz mit Spraydose gewesen war. »Die Liga der Ausgestoßenen hätte sie gescratched«, sagte sie zu Soi, die nicht den leisesten Schimmer hatte, wovon sie sprach.
    Im Fond redeten Clegg und Kenny über Norman Shoe.
    »Ti letzten Aukenblicke, tell tir vor«, sagte Kenny.
    »Ungefähr so«, sagte Clegg und mimte den in Scheiße Ertrinkenden. Er lachte über sein Spiegelbild im Glas. »Ich hab was, Chefin: Wie machen Blobs Liebe?«
    Der Schrante kannte den Witz. »Imputt! Outputt!«, keuchte er mit feinen Speichelspritzern. »Imputt! Outputt!« Seine Schwester ließ ein hohes, jaulendes Lachen hören.
     
    Zurück in ihrem Apartment, setzte sie eine Beileidsbekundung an die Herzogin von Little Foxbourne ab und fand selbst eine anonyme Botschaft vor.
    Sie verließ den Mond, sie verließ die Halle,

    Sie steckte den Finger in die Falle …
    Das Gedicht hing hinter dem Deckglas des Bildschirms, geschrieben mit Buchstaben aus Mondlicht. »Alice?«, sagte Tabea.
    »KÄPT’N?«
    »Kannst du das bitte zurückverfolgen?«
    »NICHT OHNE QUELLVERMERK«, sagte die Tagesversion. »NEIN.« Die richtige Alice hätte sich hilfsbereiter gezeigt, dachte Tabea zum hundertsten Mal.
    »Würdest du mir bitte erklären, wie eine E-Mail ohne Quellvermerk und ohne Signatur auf meinen Server kommt?«
    »DAS WÜRDE ICH LIEBEND GERNE, KÄPT’N«, sagte die Stimme. »WENN ICH KÖNNTE.«
    Das klang doch schon umgänglicher. Oder wurde sie verarscht? Sie besah sich das Gedicht noch einmal, dann löschte sie es. Wer steckte dahinter? Hatte sich jemand vorgenommen, sie um den Verstand zu bringen? Von nun an musste sie auf der Hut sein, sich selbst vor vermeintlichen Freunden in Acht nehmen.
    Besonders vor Freunden vielleicht.
    Sie ging zur Schublade, sie war leer. Sie rief Zoe Primrose an. »Zoe, wir brauchen neues Tujong.«
     
    »Halt mal«, sagte Grant Nichtsweiter. »Sei vorsichtig.«
    Jogo hielt das Ding fest. Es war aus Metall. Sie mochte es nicht. Auch nicht die Metallarmee, die ihr Meister um sich versammelte.
    Er gab ihr eine Ohrfeige. »Hab ich gesagt, du sollst daran

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