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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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Liebes«, sagte Marge. »Aber du weißt ebenso gut wie ich, dass manche nie genug kriegen können. Ist doch so, oder?«
    An den Tischen wurde genickt. Manche, da waren sich die Frauen einig, bekamen den Hals nicht voll. War man weit von zu Hause entfernt, fand man nicht immer, woran man gewöhnt war. Aber man begnügte sich doch. Man - begnügte sich.
    »Das ist ein gefährlicher Ort. Wir müssen alle zusammenbleiben und aufeinander aufpassen.« Marge reckte ihr Kinn so, dass einer der Kellner aufmerksam wurde. »Kommen Sie doch mal, mein Lieber, und verraten Sie uns, was es mit dieser Armbinde auf sich hat.«
    Der junge Bursche drehte stolz seinen Arm, so dass sie das rote Band mit dem goldenen Design sehen konnten. »Das ist meine Auszeichnung als Angestellter, Ma’m. Sie besagt, dass ich letzte Woche fünfhundert Kunden bedient habe, ohne Irrtümer, ohne Beschwerden, und weniger als 2% verschüttet habe.«

    Marge kniff ihn mütterlich in die Wange. »Ich finde, dafür sollten Sie ein extra Trinkgeld bekommen.«
    Der Kellner antwortete mit einem männlichen Lächeln und einem bescheidenen Wink der aufgerichteten Handfläche. »Nein, danke, Ma’m, das nehmen wir nicht an«, sagte er, obwohl er das Guthabendisplay seines Arbeitgebers zückte. »Stattdessen betreiben wir ein karitatives System und unterstützen diese Woche die Kampagne ›Helft den Geiseln‹ für Veteranen des eladeldischen Gefängnis-Asteroiden 000013.«
    Die Frauen aus Little Foxbourne kannten sich bestens aus in karitativen Dingen, hatten sie doch in der ersten Zeit selbst davon profitiert. Sie hatten angefangen mit dem, was sie am Leib trugen. Jetzt hatten sie ganz nette Jobs und ebensolche Wohnungen im Klementia-Viertel auf dieser Seite des Aquädukts. Sie bildeten praktisch eine eigene kleine Gemeinde. Gerade so wie daheim, abgesehen von den riesigen Stalaktiten aus versteinerter Frasquispucke.
    »Ach, ja, die Ärmsten«, sagte Marge Goodself. »Womöglich ist sie eine von ihnen, deine mysteriöse Frau, Dotty.« Sie lächelte und hielt dem jungen Mann ihr Geld hin, während alle anfingen, in ihren Taschen zu kramen und zu suchen.
     
    Ganz oben unter dem höchsten Punkt der knorrigen Kuppel unserer braven Plenty befand sich das Amphitheater mit dem Namen Merkur-Palast. Obwohl es hinter den gewaltigen Oberlichtern nichts zu sehen gab, war das Etablissement angesagt. Während riesige Silkitvorhänge die Zonen des Verfalls abschirmten, strömten die Passagiere in die Bars und schwatzten und lachten an den Tischen rings um die Bühne und wirbelten einander so effektvoll wie möglich über den berühmten Tanzboden aus Edelstahl.

    Der Merkur-Palast brummte im Vergleich zu orbitalen Tagen, nicht zuletzt, weil er einst Schauplatz eines Abenteuers von Tabea Jute gewesen war. Auf der ganzen Reise war sie allerdings noch keinmal hier gewesen...
    Als der Wagen vorfuhr, schwenkten die AV-Teams heran, Aufnahmegeräte summten, Kontrolldrohnen mit ausgefahrenen Rechen hielten die Leute davon ab, den roten Teppich zu stürmen. Vor den Türen, die einem Flugzeughangar zur Ehre gereicht hätten, bildeten uniformierte Bedienstete eine Art Ehrenphalanx, die von einer schwankenden Pyramide aus Flaschenkürbissen in einem karmesinroten Gehrock, einem vespanischen Mitglied des Direktoriums, überragt wurde.
    »Allmächtiger!« Käpt’n Jute war schlecht gelaunt. Sie wollte nicht in den Merkur-Palast. Sie hatte noch nie in den Merkur-Palast gewollt.
    »Kopf hoch, Liebes!«, sagte Dorcas Mandebra und lächelte huldvoll in die Menge.
    Käpt’n Jute spielte mit ihrer Sonnenbrille. Sie atmete bedrückt aus. »Da sind sie«, sagte sie.
    »Wer?«, fragte Karen Narlikar mit einem Rundumblick.
    »Die Möchtegerne«, sagte Zoe Primrose, Tabeas persönliche Assistentin, die neben ihr im Fond saß.
    »Ach, die?«
    Sie waren immer zur Stelle, egal wo Tabea hinging, in ihren langen schwarzen Mänteln, mit schwarz gefärbtem Haar und Afrodauerwelle; manche hatten sich sogar den Silberdraht einflechten lassen, im selben Muster. Sie hopsten auf der Stelle und winkten ihr zu. »Schuld haben die Eltern«, sagte Käpt’n Jute.
    »Oh-oh, da kommt sie«, sagte Karen; und sie kam mit Elise und dem Audiomenschen im Schlepptau, während Soi die Wagentüren aufschnurren ließ.

    »Geneva McCann, Käpt’n, Kanal 9. Im Namen aller Passagiere und der ganzen Belegschaft heiße ich Sie im...«
    Tabea bedachte sie mit einem vernichtenden Blick, tätschelte ihr den Arm und ging schnurstracks

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