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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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die Hülle reinigen«, sagte er mit einer schrubbenden Handbewegung. Er blickte Onkel Charlies Besucher in die Augen. »Wir waren zu zweit«, sagte er vage.

    Onkel Charlie keuchte vor Freude. Die beiden ignorierten ihn. Das senile Monster entblößte sein Metallgebiss. Die Brillengläser dunkelten ein, und ein Paar Ohrhörer wuchsen aus der Kopfstütze und peilten die ledrigen, welken Ohren an. Blecherne Rhythmen sickerten wie plärrende Nanomaschinen in den Raum.
    Gelassen betrachtete Grant Nichtsweiter den großen Mann. »Wo war das, Herr Schwartz?«
    »Auf Rechtschaffenheit-II«, sagte Dog und rieb sich das Kinn. »Doch, ja. Hm.« Unmerklich taxierte er den Besucher, der Onkel Charlie das Krankenhaus auf dem Silbertablett serviert hatte. Vielleicht war er ein Arschloch, vielleicht nicht. Vielleicht war er eine Nervensäge, vielleicht ein Lichtblick. Kam ganz darauf an, was er wollte. Aber warum nannte er ihn Herr Schwartz?
    »Was machen Sie so, Herr Schwartz?« Dog Schwartz kam sich vor wie in einem AV-Interview. »Womit verbringen Sie Ihre Zeit?«
    Dog zuckte mit den Schultern, zupfte an seinen Aufschlägen. »Dies und das«, sagte er. »Mal hier, mal da.« Er blickte auf seinen Geschäftspartner hinunter, der an den Rollstuhl gefesselt war. Onkel Charlie hatte das Therapiebecken entdeckt und machte sich einen Spaß daraus, es zu entleeren und neu zu befüllen. »Wir sind beschäftigt«, sagte Dog Schwartz.
    Grant Nichtsweiter schob die Hände in die Taschen. »Wir sollten uns unterhalten, Herr Schwartz.«
    »Wir sollten, sollten wir?«, sagte Dog verwirrt. »In Ordnung. Worüber sollen wir uns unterhalten?«
    Grant Nichtsweiter entblößte die Zähne zu einem Lächeln, das eigentlich keins war. »Über den Käpt’n«, schlug er vor. »Die Vergangenheit. Die Zukunft.«
    Er hob den linken Fuß und versetzte dem Hightech-Rollstuhl
einen leichten Stoß mit der Schuhspitze. »Und über Onkel Charlie …«
    Eine flackernde Mischung aus Winseln, Keuchen und Quietschen erfüllte den Kontrollraum des Krankenhauses. Es war Onkel Charlies Gelächter.
    »Mann, ich wusste, ihr beiden kommt zurecht!«, gluckste der vorsintflutliche Cyborg. »Scheißkarma, Mann!«
     
    Als Grant Nichtsweiter den Kontrollraum verließ, hatte er sofort einen seiner bewaffneten Wächter zur Seite, und als er um die Ecke bog, den zweiten.
    »Meine Herren, eine Minute, Mann, wartet eine Minute«, krächzte Onkel Charlie, während er hinterhertrudelte, die ausgemergelte Hand um den Joystick geklammert. »Lasst mich die Tür öffnen.« Er wollte unbedingt seine neuen Spielzeuge ausprobieren. Der zittrige Zeigefinger der Rechten drückte eine Sequenz von Tasten.
    Es war die falsche Sequenz. Vielleicht hatte er sich geirrt oder die Hand hatte zu sehr gezittert; oder es war sein hoch entwickelter Sinn für Humor. Auf jeden Fall war es die Tür zu Suite No. 4, die aufzischte.
    Kathleen Beaufort erschien auf der Schwelle und stürzte sich wie ein körperbehinderter Footballspieler in die feindliche Abwehr. Ein irrsinniger Wutschrei ließ die Wände erzittern.
    Fünf an der Zahl, alle bewaffnet und gefährlich. Kathleen Beaufort allein auf sich gestellt, sich und den Irrwisch, der von oben angriff. Vielleicht hielt die pensionierte Soldatin sie für Frasqui, die zu töten sie programmiert war. Vielleicht war das ihr letztes Gefecht. Oder nur ein Ausbruchsversuch. Ein Durcheinander von Rufen, eine Salve von Schüssen, ein kehliger Schrei.

    Aufgescheucht von diesem Lärm kamen die Schwestern angerannt.
    Ihre Patientin saß am Boden, ein Wächter stand über ihr. Ihre Beine waren seltsam abgewinkelt. Sie hielt ihren linken Arm umklammert und schrie vor Schmerz. Der Flur stank nach verschmortem Fleisch und verbrannter Wolle. Der Wächter lud nach und zielte.
    Der finale Schuss warf die Veteranin an die Wand. Wie eine weggeschmissene Puppe rutschte sie zu Boden.
    Da war Blut, viel Blut, rot und dunkel. Kathleen Beaufort war ein zerfetzter Seestern in einem nassen roten Nachthemd. Ihr entstelltes Gesicht schien sich in eine Grimasse der Empörung aufzulösen, als fühle sie sich betrogen.
    Da war ein lautes, elektrisches Brummen; noch mehr Geschrei. Noch mehr Projektile bohrten sich in die Decke. Der verwaiste Irrwisch wich ihnen mühelos aus. Er kreiste und stieß herab wie ein rächender, mit Zähnen bewehrter Dämon. Er ignorierte die Männer mit ihren Kanonen und stürzte sich direkt auf Onkel Charlie, dessen Metallgebiss nach Luft schnappte, der die

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