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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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Wyatt?«
    »Gar nichts«, entschied ich.
    »Aber er is 'n Dieb. Verhaftet sollte er werd'n. Er –«
    »Der Herr«, erklärte ich, »ist mein Gast.«
    Wilby kicherte.
    Minnie glotzte mit aufgerissenen Augen, überrascht zuerst, dann aber mit einem anderen Ausdruck: dem bitteren Wissen von der Lasterhaftigkeit und Schamlosigkeit der Männer, gelernt in einer korrupten Stadt im Süden und in den Wohnblöcken Harlems bis ins letzte verfeinert. Sie legte den Hörer auf. Sie nickte nicht, warf jedoch Wilby einen letzten Blick über die Schulter zu, ehe sie an mir vorbei zur Tür ging. »Minnie, wieviel Geld hatten Sie in der Tasche?«
    Sie reckte das Kinn empor und funkelte mich mit großen, weißen Augäpfeln an. »Wenn Sie meinen, daß Sie mir zurückzahl'n, was der mir geklaut hat –« sie machte eine Pause – »dann hab' ich kein'n rot'n Heller mitgehabt.«
    Sie zog die Türe leise in das Schloß. Ich hab' ihre Adresse in England. Hab' noch nie 'ne Frau gesehen, die ihren Mann mehr liebt. Aber die Angst, Minnie könnte etwas unternehmen, war gering, weil ich ja nicht in der Lage war, sie zu hindern.
    »Du machst dir was aus Niggern, was, Paps? Hast ja 'ne ganze Menge als Freunde. Damit stehste nich allein da.« Er zog seine Hose hoch und schlurfte durch das Eßzimmer, als sei er genauso erschöpft wie ich. »Mein Magen knurrt.«
    Ich folgte ihm – warum? –, und als er in der Küche verschwand, wunderte ich mich, warum er nun vor der Katze keine Angst mehr empfand. Hatte er das Bild des Schreckens aus seinem Bewußtsein verbannt? Wie? Durch rationale Überlegungen, einen Rückfall in die Wirklichkeit? Sollte dann die scheinbare Verrücktheit der letzten Nacht auf Pillen oder Drogen zurückzuführen sein?
    Er holte einen Milchbehälter aus dem Kühlschrank. »Was is, machste dir in die Hosen vor Aufregung, Paps? Weil du nich weißt, was noch kommt?« Er nahm eine Packung Weizenflocken von dem dreckigen, unabgeräumten Tisch und schüttete eine große Portion in eine Schüssel, in der noch die aufgeweichten Reste des Vortages standen. »Teufel, so hab' ich immer gelebt.« Er schüttete Milch über die Flocken und leerte dann die Zuckerdose darüber, deren Inhalt sich teilweise über den Tisch und den Boden ergoß. »Willste nich was essen, Mann, bist hier schließlich zu Hause!« Er hockte sich hin und schaufelte die Flocken in den Mund, bekleckerte seinen Bart und schmatzte ungeniert. »Mir ist nicht mehr nach Essen zumute«, sagte ich.
    »Mann, heute tuste aber kühl, kapito? –« und eine Mischung von Milch und Flocken sprühte mir entgegen.
    Aber ich spielte nicht gelassen, ich wartete lediglich. Weil ich nichts anders tun konnte.
    »Weißte, gestern hab' ich dir leid getan, aber heute tust du mir leid. Wie gefällt dir das?«
    Ich glaubte ihm nicht.
    »Richtig leid, Mann, weil ich weiß, was hinter deinen blutunterlaufenen Augen vorgeht.«
    »Das müßte doch den Reiz für Sie erhöhen.«
    Wilby lachte auf und zog die Brauen in die Höhe. »Jetzt kommste langsam dahinter! Jetzt gehen dir deine roten Augen auf. Unangenehm, was? Hart, was du siehst.«
    Ja.
    »Heut kommste zu spät für die Stechuhr, Mann.«
    »Ich werde heute nicht arbeiten.«
    »Das is nich klug.« Er zündete sich eine Zigarette an. »Paps, das is nich schlau. W'illste 'rausgeworfen werden?« Er blies Rauch in die Luft und fingerte an seiner Brille herum. »Und willste unsere reizende Gegenwart noch länger genießen? Such dir's aus. Ich hab' nämlich einen Vorschlag, eine rein geschäftliche Abmachung.«
    »Darauf warte ich seit der Party«, entgegnete ich.
    »Oh, sehr kühl. Da biste allerdings im Irrtum. Ich improvisiere. Ich lasse mir nämlich aus der Situation heraus etwas einfallen. 's fing damit an, daß wir 'ne Bleibe brauchten. Fing also ganz harmlos an. Doch dann kam Jenny auf den Geschmack bei dir im Bett. Und du hast uns was von Pinke vorgejault. Hast dir nich ausreden lassen, daß wir deshalb das Ganze inszeniert haben … und da wollte ich dir den Gefallen erweisen. Dich glücklich machen. So'n lieber Mensch bin ich, Casanova.«
    »Wieviel? Wann? Wie? Und woher soll ich wissen, daß Sie dann wirklich abhauen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Alle Achtung, du hast wirklich einen logisch und juristisch denkenden Kopf auf. Meiner, der ist mehr biblisch, könnte man sagen.« Er warf den Kopf in den Nacken und schloß die Augen. »Und jetzt kriegste's hingeknallt. Ich pack' dich da, wo es am meisten wehtut. An der

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