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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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vielleicht zu Ende bringen, sobald ich wieder zu Hause bin«, sagte ich – und wußte, daß es stimmte, daß ich mich innerlich bereits zu dem Entschluß durchgerungen hatte. Anne, die in der Wohnung plötzlich Wilby gegenübersteht –
    »Warum nicht?« knurrte Glenn und schleuderte einen Fleischkloß gegen den nächsten Baum. »Warum nicht? Mir werden sie demnächst beibringen, wie man Menschen tötet, die ich nicht kenne und die mir nichts zuleide getan haben! Menschen, die mich nicht einmal bedrohen!«
    Wieder Vietnam. Trotzdem antwortete ich: »Vielleicht haben sie das nicht, Glenn. Ich weiß es, ehrlich gesagt, nicht. Aber falls Johnson recht hat, haben wir etwas zu befürchten. Wir alle. Du und Anne und später die Kinder.«
    Stirnrunzelnd: »Das glaubst du?«
    »Ich sagte doch, ich weiß nicht. Ich habe nicht gründlich darüber nachgedacht – auch nicht über eine Menge anderer Fragen.«
    Glenn stand mit gespreizten Beinen vor mir, sein Blick besorgt und jung und fragend – und mir fiel plötzlich auf, daß wir uns noch nie so richtig unter vier Augen ausgesprochen hatten. »Weiter«, sagte er, und ich hatte den seltsamen Eindruck, als habe er das dringende Bedürfnis, mir zuzuhören.
    »Wenn Johnson sich irrt, sind wir eine Nation von Mördern, und er ist ein Verbrecher. Was aber, wenn er zufällig recht hat?«
    »Und die ganzen Machenschaften, die wir in irgendeiner Form unterstützen, dort und anderswo?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Glenn, du hast doch Rugby gespielt –«
    »Nicht in deiner Liga –«
    »Es kommt wahrscheinlich darauf hinaus: Ein anständiges Leben zu führen ist wie ein Durchbruchsversuch auf einem Feld voller Kuhfladen.« Glenn lächelte zaghaft. »Wenn Johnson recht hat, dann ist es eben eine der verfluchten Aufgaben, die irgendwer übernehmen muß. Wieder einmal.«
    Glenns Lächeln verging. »Genau, wie diesen Mistkerl Wilby ein für allemal loszuwerden?«
    Und ich wußte, wenn ich am Sonntagabend eine Möglichkeit gefunden hätte, mit Wilby fertigzuwerden, dann säße ich jetzt nicht hier. Noch immer kein Motorengeräusch oder Kiesknirschen in der Auffahrt. »Es gibt da einen Mann namens Chenery«, fuhr ich fort und zählte seine Vorschläge auf.
    »Ich würde ihm freie Hand geben«, erklärte Glenn trocken, als ich geendet hatte. »Chenery scheint mir dein aussichtsreichster Trumpf. Und viel billiger als hundertzwanzigtausend Dollar.«
    »So kann man es auch betrachten«, erwiderte ich, in Gedanken bei dem Gauguin-Gemälde und den Unterlagen in meiner Tasche. Warum nicht? Habe ich noch ein Recht auf moralische Skrupel? Konnte ich mir den Luxus leisten? Wennde im Dschungel lebst, mußte dich behaupten können.
    »Glenn«, sagte ich und zuckte innerlich vor dieser Eröffnung zurück. »Anne kam heute nachmittag in die Wohnung. Deshalb bin ich hier.« Er stand reglos. »Ja?«
    Dann versuchte ich, die Szene wiederzugeben: wie Jenny sich benommen hatte, obgleich sie durchzubrennen beabsichtigte, und wie Anne hysterisch und entsetzt vor mir floh. Ich brachte es aber nicht über mich, Annes Gesichtsausdruck zu beschreiben.
    »Ich hab's ihr gesagt«, fuhr Glenn ärgerlich und traurig zugleich auf. »Ich habe sie gebeten, der Wohnung fernzubleiben. Ich wußte, daß etwas im Gang war, zwar nicht was, aber ich versuchte –« Er brach ab. Er hatte sich bemüht, ihr das zu ersparen. Trotz seines Verdachts – ist doch wirklich übel, daß die Leute immer das Schlimmste glauben – hatte Glenn auf seine Weise versucht, Anne nicht einer scheußlichen Enttäuschung auszusetzen. Durch mich – das war das Seltsame, Erstaunliche daran.
    »Also«, sagte Glenn, »ich soll ihr klarmachen, was du mir eben erzählt hast?«
    »Ja, in jeder Version, die du für richtig hältst.«
    Er warf einen Blick in die Richtung der Auffahrt, erstarrt, als ob er glaubte oder hoffte oder befürchtete, Annes Wagen zu hören. Dann kam er auf mich zu, die Augen fest auf mich gerichtet. »Ich werde es ihr so ehrlich wie möglich erzählen«, antwortete er, und mir wurde klar, daß er begriffen hatte, was ich nicht so deutlich ausdrücken wollte. »Du kannst dich darauf verlassen, daß ich nichts verdrehen werde.« Diese Worte und sein Blick klärten vieles zwischen uns. Ein ganzes Jahr. Er hatte immer gefunden oder heimlich geglaubt, daß das Verhältnis zwischen Anne und mir zu eng war – und nun wußte ich, und gab wortlos zu, daß er damit recht gehabt hatte.
    Trotzdem entdeckte ich nicht den leisesten

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