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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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Terrasse. Wir beide. Machen uns fort. Selbstmordpakt. Platsch-platsch.
    Mochte er. Wie konnte ich ihn überhaupt zurückhalten? Cheetah: zerschmetterter Kadaver in der Gosse. Geoffrey meint, er wohnt in Donalds Wohnung. Mochte er springen! Man wird annehmen, er sei von der darunterliegenden Terrasse gestürzt.
    Wie steht es mit dem verbrannten Liebesbrief? Meinst du nicht auch, er hat inzwischen einen neuen geschrieben? Nun packt mich die Angst, lodernd und drängend, treibt mich auf die Terrasse, schnell … das einzige, was sie noch härter treffen könnte als dein Tod … mit dem Zweifel leben zu müssen –
    Im Türrahmen stocke ich. Er steht – was erwarte ich? – auf der Balustrade, mit dem Rücken zu mir: zusammengesackt mit hängenden Schultern. Ich nähere mich nicht, aber nicht, weil ich es wieder für einen Trick halte. Während ich ihn im halben Licht ansehe, erkenne ich, daß auch seine starre Haltung bei meinem Eintreten keine Vorspiegelung, keine Pose war. Sollte es möglich sein, ihn durch eine mir nicht vorstellbare Taktik wieder in diesen kataleptischen Zustand zu versetzen, um seinen Wahnsinn für jeden erkennbar zu machen?
    »Du haßt mich doch, oder?«
    Haß: der Motor, der ihn antreibt, im Leerlauf, und den er doch braucht. Wenn ich dieses Bedürfnis ausnütze, wird es nur –
    »Wir können nichts dafür, wie wir sind, weißt du –« Sein Ton klingt wieder vernünftig. Langsam dreht er sich um, ein Schatten vor dem dunklen Gebäude dahinter. Wehklagend: »Wie können wir ändern, was wir sind, wie kann das irgendwer?«
    Und ich weiß, daß ich ihm antworten muß, will ich dieses Stück bis zum Ende durchspielen. »Sie können etwas dafür, wie Sie sind«, knurre ich. »Ich weiß sehr gut, daß Sie für Ihre Handlungen verantwortlich sind.«
    »Handlungen? Was machen wir denn schon?« Jungenhafte Unschuld, ernst gemeint, erinnert an Jenny – und doch hatte Wilby erst heute nachmittag mit seinen bösen Absichten geprahlt. »Was haben wir denn getan? Wir wollen bloß leben. Wie alle anderen.«
    »Quatsch! Sie wollen nicht leben wie alle anderen.« Wenn er überhaupt leben wollte. »Sie wollen auf Ihre Art leben und jede andere Art vernichten, und darüber noch jammern.«
    »Jammern?«
    »Jammern!« Die Wut packt mich, in die ich mich bewußt hineinsteigere – obgleich der Ausgang ungewiß ist. »Das ist das einzige, was ich hier tagelang gehört habe, und es hängt mir zum Hals heraus. Wenn Sie leben wollen, dann tun Sie es gefälligst. Geben Sie zu, daß Sie krank sind, und lassen Sie sich kurieren. Aber lassen Sie uns in der Zwischenzeit in Frieden. Nur weil Sie elend sind, müssen doch die anderen nicht auch leiden, oder?« Während ich Atem hole und einen Schritt vortrete, frage ich mich, ob ich zum Opfer meiner Wut werde oder noch immer an das Fünkchen Verstand in seinem Kopf appelliere. »Zum Teufel, Sie sind genauso nackt auf die Welt gekommen wie wir alle. Niemand hat Ihnen irgendwelche Versprechungen gemacht, als Sie aus dem Mutterleib gekrochen sind. Keinerlei Versprechungen! Das sind die Bedingungen. So ist es nun einmal. Die Bombe ist nicht erfunden worden, um Sie zu ärgern. Wenn Ihnen die Dinge nicht passen, dann ändern Sie sie eben! Und fangen am besten bei sich selbst an!«
    Er regt sich nicht. Nach einer langen Pause – während ich mir klarmache, daß die Stille auf der Straße beweist, daß niemand auf den Schuß geachtet hat und mir zu Hilfe eilen will – neigt er den Kopf. »Willste mir predigen, Paps?«
    »Ich predige nicht. Ich rede lediglich. Sie beschweren sich ja dauernd, daß niemand mit Ihnen spricht. Das ist nur, weil Sie nicht zuhören. Sie hören ja nicht einmal jetzt zu!«
    »Ich … höre, Mann.«
    »Gott ist nicht tot. Es hat ihn nie gegeben. Er ist nicht gestorben, nur um Sie zu ärgern.«
    Schweigen. Dann hebt er den Kopf.
    »Krank? Haste gesagt, ich bin krank –« Es ist nicht eigentlich eine Frage. Langsam kommt er auf mich zu. »Wie kann ich krank sein, wenn die ganze, verdammte Welt … krank ist?«
    Du bist krank, Wilby, und wenn ich es irgendwie schaffe, werde ich deine Krankheit verschlimmern. Aber wie?
    »Selbst wenn die ganze Welt hoffnungslos verrückt wäre – was nicht stimmt –, dann liegt es an Ihnen, es nicht zu sein!«
    Seine Augen funkeln. »Liegt an mir! Halt mir doch keine Predigten!« Mit erhobener Stimme. »Wie meine alte Dame. Liest mir aus der verdammten Bibel vor und betet und hält mir Vorträge, und dabei hat

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