Sonntags bei Tiffany
wurde.
»Hallo«, grüÃte ihn die groÃe Brünette, die von Owen als Claire De Lune vorgestellt worden war. »Ich bin Claire ⦠Parker. Owen ist, nun ja, Owen.«
Michael verzog seine Lippen zu so etwas wie einem Lächeln. »Hallo, Claire. Und? Alles klar?«
»Nein, eigentlich nicht, aber lassen wir das. Wir haben uns schlieÃlich eben erst kennengelernt.«
Michael spürte die Sorge, von der das Mädchen aufgewühlt wurde, und konnte nicht widerstehen. Immer, wenn er einer einsamen, niedergeschlagenen Seele begegnete, wollte er ihr irgendwie helfen. War dies sein Schwachpunkt? Seine Art? Er hatte keine Ahnung und aufgehört â jedenfalls in den meisten Fällen -, sich über Dinge Sorgen zu machen, die er nicht beeinflussen konnte.
»Nein, wir lassen das nicht. Mich interessiert das«, widersprach er Claire.
»Klar interessiert dich das.« Sie lachte. Jemand ging vorbei und drückte ihnen Getränke in die Hand. Wieder lachte sie. »Jungs lieben es, sich unsere Probleme, unsere Gefühle und diesen Kram anzuhören.«
»Ja, ich tue das wirklich. Reden wir.«
Also lauschte Michael in einer winzigen Ecke vom Flur, der in die Küche führte, länger als eine Stunde der Lebensgeschichte von Claire Parker. Sie stand in dem Konflikt, nach ihrem Studium Lehrerin werden zu wollen, sich aber von dem Geld angezogen zu fühlen, das sie plötzlich als Model bei der Ford Agency verdiente.
SchlieÃlich blickte sie in seine Augen und lächelte ihn sehr lieb an. »Michael«, sagte sie, »auch wenn du kein Chirurg bist und ich nicht Claire De Lune bin, willst du trotzdem zu mir nach Hause mitkommen? Meine Mitbewohnerin ist zu Aufnahmen in London, und meine Katze gehört nicht zu den eifersüchtigen Typen. Hast du Lust? Sag ja.«
SECHZEHN
E hrlich oder offen oder was auch immer gesagt, war dies nicht das erste Mal, dass Michael so etwas passierte, vor allem während seiner Pausen, aber manchmal auch während eines Einsatzes. Aber auf jeden Fall konn te er Entscheidungen treffen, er hatte ein Leben und war nicht unzugänglich für Schönheit.
»Ich wohne hier auf demselben Stock gleich gegenüber«, sagte er zu Claire.
Michael hatte die Wohnung gemietet, sie war ziemlich ordentlich und hübsch eingerichtet und gehörte einem Anthropologieprofessor an der New York City University, der für ein Semester in die Türkei gegangen war. Michael hatte Talent darin, tolle Wohnungen zu finden â noch ein Vorzug seiner Arbeit.
»Du bist dran mit Reden.« Claire zog auf dem Sofa ihre Beine hoch, machte sich aber nicht die Mühe, ihre Knie mit dem Rock zu bedecken. »Komm, setz dich«, forderte sie Michael auf und klopfte auf das Kissen neben sich. »Du musst mir alles erzählen.« Michael setzte sich, Claire fuhr mit einem Finger über seine Wange. »Wer ist sie? Was ist passiert? Warum bist du zu haben? Du bist doch zu haben, oder?«
Michael lachte, vor allem aber für sich selbst. »Komisch,
dass du fragst. Es gab tatsächlich jemanden, könnte man sagen. Ich habe sie lange Zeit aus den Augen verloren, aber ich glaube, heute Abend habe ich sie wiedergefunden. Irgendwie. Es ist etwas kompliziert.«
»Das ist es immer.« Claire grinste. »Mich interessiert deine Geschichte, und wir haben den ganzen Abend Zeit. Hast du Whiskey? Irgendwas anderes Alkoholisches?«
Michael â oder zumindest der Professor â hatte sehr guten Wein, den er vor seinem Auszug ersetzen würde. Er öffnete eine Flasche Caymus, dann eine Flasche ZD , während er und die liebreizende Claire De Lune redeten und redeten, bis sie um vier Uhr morgens, noch angezogen und einander in den Armen liegend, einschliefen. Das war in Ordnung so. Eigentlich sogar perfekt.
Am Morgen machte Michael, der perfekte Mann, Claire ein Frühstück aus Vollkorntoast, Eiern und Kaffee. Er war stolz auf seinen Kaffee â diese Woche gab es einen afrikanischen, im Schatten gewachsenen Kona. Als Claire ging, drehte sie sich um und legte einen Arm um Michaels Schultern. »Danke, Michael, es war sehr schön mit dir.« Sie beugte sich vor â sie waren beide fast gleich groà â und küsste Michael auf die Lippen. »Sie kann sich glücklich schätzen.«
»Wer?«, fragte Michael.
»Jane. Diejenige, von der du heute Nacht erzählt hast â ab der zweiten Flasche Wein.«
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