Sonntags bei Tiffany
Fähren, aber auch die Versorgungsboote zu spät.
SchlieÃlich erreichten wir die kleine Hafenstadt Madaket. Dort gab es einen Köderladen, einen Haushaltswarenladen und einen Treffpunkt, den Smithâs Point.
Gegen halb zwölf aÃen wir Fisch mit Pommes in einer
kaputten Hütte, von der wir zuerst dachten, sie wäre verlassen.
»Woher wusstest du von diesem Ort?«, fragte ich.
»Bin ich mir nicht sicher. Ich wusste es einfach.«
Vielleicht, um mich diesmal mundtot zu machen, küsste Michael mich, was mich nie ermüdete. Dann machten wir uns über den knusprigen, köstlichen, frittierten Fisch her. Der Koch hatte ihn in eine Zeitung eingewickelt. Wir sprenkelten Malzessig über den Kabeljau, und weil Michael glaubte, man könnte nie genug frittierte Sachen auf einmal essen, bestellten wir eine Tüte aus zusammengerolltem Zeitungspapier mit Pommes ebenfalls mit Essig. Aus der unter freiem Himmel stehenden Küche drangen Bob-Dylan-Lieder.
Wieder war alles so perfekt und zauberhaft, dass mir nach Weinen zumute war.
Manchmal erwischte ich Michael, wie er aufs aufgewühlte Meer blickte. In diesen Momenten schien er sich wieder forttreiben zu lassen. Ich wollte wissen, wohin er ging und was er dachte. Wusste er bereits, wann er mich verlassen würde? Ich schloss die Augen und weigerte mich, darüber nachzudenken. Dies wollte ich erst wieder tun, wenn es so weit war.
Es musste wohl unweigerlich passieren. Das Ende war vorherbestimmt. Michael würde gehen, um sich irgendwo um ein Kind zu kümmern, vielleicht nicht einmal in New York.
Es war unvermeidlich, weswegen ich diesen traurigen Gedanken verbannte. Ich war im Urlaub und in Michael verliebt.
»Woran erinnerst du dich bei mir als kleines Mädchen?«, fragte ich und lehnte mich zurück. Eine Stunde lang lauschte ich Michaels Erinnerungen. Interessanterweise erinnerte er sich noch an alles, selbst an das Kaffeeeis mit der zerlaufenen KaramellsoÃe.
VIERUNDSECHZIG
I ch hätte nicht gedacht, dass mir diese Worte einmal über die Lippen kommen würden«, sagte ich.
»Und was für Worte sind das?«
»Ich bin viel zu satt für einen Nachtisch.«
»Jane, wir haben seit Mittag nichts mehr gegessen.«
»Du isst, ich schaue nur zu«, schlug ich vor. Michael blickte mich fast besorgt an.
Im India Street Inn duschten wir uns und zogen uns Jeans, T-Shirts und Windjacken an.
Dann gingen wir zu FuÃ. Auch so eine Eigenheit von uns: gehen und reden.
Wir entfernten uns vom Stadtzentrum, fort von den Geschäften, den Sorgen, der Verantwortung, fort von allem, das mit der sogenannten realen Welt â meiner Arbeit und Vivienne â zu tun hatte.
Wir gingen an dreihundert Jahre alten Häusern vorbei, in denen die Seefahrer und Walfänger einmal gelebt und ihre geduldigen, treuen Ehefrauen auf ihre Rückkehr gewartet hatten; Häuser, die schon lange hier gestanden hatten, bevor sich die Medienpromis, Popsänger, Schauspieler und Autoren auf der Insel niedergelassen hatten.
Wir kamen an einer der drei Windmühlen, an vielen kleinen Tümpeln, Spazierwegen und mehr »Trophäen«-Häusern
vorbei, als man mit Seemuscheln hätte bewerfen können.
»Du bist dir sicher, dass du keinen Hunger hast?«, fragte Michael auf dem Rückweg zu unserem Hotel.
»Es gibt nur zwei Dinge, deren ich mir sicher bin«, antwortete ich. »Erstens, ich habe keinen Hunger, und zweitens â¦Â« Ich machte eine Pause, nicht um Wirkung zu erzeugen, sondern weil ich mir meine Worte genau überlegen wollte.
»Rede weiter«, forderte er mich auf. »Zweier Sachen bist du dir sicher. Was ist die zweite?«
»Zweitens, ich liebe dich, Michael. Ich glaube, ich liebe dich schon mein ganzes Leben lang. Das musste ich laut aussprechen, nicht nur in Gedanken.«
Wir blieben stehen. Michael legte seine Hände um meine Hüften und lieà sie über den Rücken nach oben wandern, was mich auf eine Art erregte, die mich, nun ja, zu allem bereit machte. Wir küssten uns wieder, und er nahm mich wieder so fest in die Arme, wie ich es liebte. SchlieÃlich gingen wir das kurze Stück zurück zum Hotel. Ich hatte das Gefühl, im Fenster leuchtete ein Neonschild mit der Aufschrift: »Und jetzt?«
FÃNFUNDSECHZIG
F ast hätte ich euch beide ohne Fahrrad zwischen den Beinen nicht wiedererkannt«, begrüÃte uns die Wirtin, als wir das
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