Sonst kommt dich der Jäger holen
Freundin?«
»Eine beste Freundin?«, wiederholte Rosina stockend.
»Alle Frauen haben beste Freundinnen«, behauptete er.
»Ich hab keine«, erwiderte sie. »Also, nicht mehr. Die Centa ist schon seit 1998 beim Herrgott.«
»Bitte denken Sie nach.«
Deutlich zeigte sie ihm, wie sehr sie sich anstrengte, kniff sogar die Augen zusammen.
»Und eine normale Freundin?«, fragte er.
»Eine Busenfreundin ohne Busen?«, übersetzte Rosina.
Felix schmunzelte.
»Ja, manchmal sind schon Leute da. Aber nicht oft. Und wissen Sie, Herr Felix, ich selbst wohne doch erst seit Kurzem hier. So eine kleine Dunkle habe ich vielleicht dreimal gesehen. Sehr gut gekleidet, eine attraktive Frau, zierlich. Sie fährt ein Sportauto.«
»Ein … Sportauto?«
»Ein Cabriolet. Dem Herrn Flipper haben sie zum Spaß eine Skibrille aufgesetzt. Das war sehr lustig. Also für die zwei. Herrn Flipper hat das nicht gefallen, glaube ich.«
»Natürlich. Ein Sportauto. Kennzeichen? Name der Frau?«
»Tut mir leid.« Rosina schaute bekümmert drein. »Es ist wichtig, oder?«
Felix wollte die alte Dame nicht beunruhigen. »Das kann jedem Mal passieren, dass er an der Millionenfrage scheitert. Frau Marklstorfer, danke jedenfalls. Ich muss weiter.«
»Herr Felix?«
Er war schon im Gehen, drehte sich um. »Ja?«
»Vielleicht Andrea. Aber nur sehr vielleicht.«
»Nachname?«
Rosina Marklstorfer zuckte mit den Schultern.
»Trotzdem danke.«
»Bringen Sie mir mein Fräulein Franza wieder. Bitte.«
»Freilich«, sagte er, und es gab in diesem Moment nichts, was er sich mehr wünschte, als den eigensinnigen Kopf von F & F eigenhändig zu waschen. Jemand musste ihr mal deutlich nahebringen, dass sie mit ihren unüberlegten Aktionen nicht nur sich in Gefahr brachte, sondern auch Flipper. Und für den Blutdruck ihrer Nachbarin war das sicher auch nicht gesund. Vielleicht waren das Argumente, mit denen er sie zur Vernunft bringen konnte.
Als sein Handy klingelte, war er sicher, Franza meldete sich. Gerade sie musste doch spüren, wie intensiv an sie gedacht wurde. Das hatte sie ihm selbst mal erzählt, dass sie glaubte, dass man so etwas wahrnehmen konnte. Er hatte das zwar ein bisschen naiv gefunden, aber ganz ablehnen wollte er es auch nicht, denn er hatte schon öfter Erlebnisse gehabt, die mit einem handelsüblichen Menschenverstand nicht zu erklären waren. Das plötzliche Wissen, was ein Täter als Nächstes tun würde zum Beispiel. Oder der richtige Instinkt, wenn es um einen Flüchtenden ging. Die Ahnung, dass man verfolgt wurde. Franza behauptete, ein durchlässiger Mensch wüsste viel mehr, als ihm bewusst sei und reagiere unbewusst darauf. Durchlässig. Ein Wort, bei dem er für gewöhnlich Ausschlag bekam. Doch bei Franza galt kein gewöhnlich. So hatte er ihr mitgeteilt, dass das vielleicht auf sie zuträfe, aber auch bloß, weil Flipper ihr die höheren Weisheiten eingab. »Hunde können das. Männer nicht.«
Und er hatte recht damit, wie es sich nun zeigte. Es war seine Kollegin Claudia von Dobbeler, die ihn anfunkte und mit rauer Stimme eine Beichte ablegte.
»Felix, ich hab Mist gebaut.«
»Sonst keine Neuigkeiten?«, fragte er salopp.
»Es tut mir echt total leid. Aber ich war in den letzten Wochen ziemlich durcheinander. Zuerst die Wohnung, die wir nicht gekriegt haben, dann doch, aber plötzlich will Stefan nicht mehr zusammenziehen, dann …«
»Ich bin vertraut mit den Einzelheiten des Falles, detaillierter als mir lieb ist«, versuchte er abzukürzen.
»Es geht um den Keller.«
»Welchen Keller?«
»Ich habe vorhin meinen Keller ausgeräumt. Und dabei ist mir eingefallen, dass ich die Vermieterin von Gerd Jensen nicht gefragt habe, ob er einen Keller hatte. Irgendwie ist mir das durchgerutscht. Ich meine in so einem Familienhaus vermutest du doch kein herkömmliches Kellerabteil.«
Felix zögerte. »Ich war mittlerweile zweimal bei der Vermieterin, Frau Wolfram. Sie macht mir einen sehr ordentlichen Eindruck, und solche Leute wollen reinen Tisch, reines Haus, nein, nein, ich glaube nicht, dass da noch was im Keller ist.«
»Nicht?«, Claudia klang erleichtert.
»Am besten, du gibst Laura Bescheid. Ich bin draußen aus dem Fall.«
»Ach so«, sagte sie, und er hörte, dass sie es bereits wusste. Er nahm sich vor, in Zukunft mehr auf sie zu achten. Claudia hatte im letzten Jahr so stark angefangen und nun deutlich nachgelassen. Oft wirkte sie unkonzentriert, und ihr unterliefen zahlreiche
Weitere Kostenlose Bücher