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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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war schneller als ich. Eine große wilde Bestie – brach er aus dem Unterholz, so erzählte Andrea mir später, ein einziges knurrendes, gefletschtes Gebiss. Er schlug den Angreifer mit seiner Breitseite zu Boden und dann in die Flucht. Seither war Andrea nett zu mir. Manchmal viel netter, als ich es verdiente.
    »Zu Beginn hatten Felix und ich ein paar richtig schöne Treffen«, sagte ich leise. »Alles war so leicht mit ihm, so heiter und unbeschwert. Aber dann … Er hat einen Fall bearbeitet, der ihn viel Energie kostete. Er hatte Ärger im Job. Darüber hat er aber nicht mit mir gesprochen. Da habe ich gemerkt, dass ich nicht mit einem Polizisten zusammen sein will. Der bringt so viel mit nach Hause, was nicht gesagt werden, nur gespürt werden kann. Das will ich nicht. Ich will damit nichts zu tun haben. Und außerdem …«
    »Ja?« Andrea beugte sich vor.
    »Er will sich nicht binden.«
    »Hat er das gesagt?«
    »Natürlich nicht. Das weiß ich einfach. Er kann es auch nicht. Er hat den Kopf nicht frei. Wegen der ungeklärten Situation mit seiner Ex und der Tochter. Und es geht zeitlich nicht. Schließlich will er seinen Sport nicht aufgeben.«
    Andrea grinste breit. »Gleich und gleich gesellt sich gern.«
    »So einfach ist das nicht«, versuchte ich zu erklären. Andrea machte gar keinen Sport. Sie verstand nicht, wie sehr man das brauchte, wenn man es täglich gewöhnt war. Dass man sich wie ein vergammelnder Müllsack fühlte, wenn man sich nicht auspowern konnte. Natürlich hätte ich mich für den Sport entschieden, wenn ich die Wahl zwischen Sport und Felix treffen müsste, und ich würde es ihm nicht übelnehmen, wenn er genauso entschiede. Das nicht.
    »Ich habe nie gewusst, ob er mich meint, oder ob ich eben nur der Fall Franza bin«, vertraute ich Andrea an.
    »Es gibt ein Buch, das so heißt.«
    »Bringt mir das was?«
    »Nein. Aber die Autorin, Ingeborg Bachmann, hat auch an der Liebe gelitten. Jedenfalls meine ich, dass es in der Verbindung mit dem Verbrechen, das an dir verübt wurde, zu einer Kopplung gekommen sein kann.«
    »Ich weiß, dass du erst kürzlich eine Fortbildung in Traumatherapie gemacht hast, aber ich bin keine Patientin. Und ich leide nicht an der Liebe! Ich kann mich sehr gut davor bewahren!«
    »Ist das wirklich dein Ziel, Franza? Ich wünsche mir auch, dass du keine Patientin wirst«, sagte Andrea so ernst, dass mir klamm wurde. »Aber dazu gehört es nun mal, sich seinen Gefühlen zu stellen. Und zwischen Realität und Fantasie zu unterscheiden.«
    Erschüttert erkannte ich, dass sie mir meine Wahrnehmung nicht glaubte. Sie hatte sich eingeschossen auf ihr posttraumatisches Belastungssyndrom. Und das war das Schlimmste, was mir in den letzten zwölf Stunden widerfahren war. Wenn sie mir nicht glaubte, wer würde mir dann glauben?
    »Ich habe die beiden Ausweise gesehen und das russische Buch!«, erinnerte ich sie.
    »Sicher«, nickte Andrea.
    Es hatte keinen Sinn, weitere Beweise anzuführen. Andrea hielt Erika Falks doppelte Identität für Hirngespinste meiner überreizten Fantasie. Und wenn sie recht hatte? Wieso sollte sie mir einreden wollen, psychisch instabil zu sein? Nur dann doch, wenn sie mit den anderen unter einer Decke steckte und zu diesem Plan gehörte. Aber zu welchem Plan? Und wer waren die anderen? Und vor allem: welche Decke?

70
    Felix starrte sein Telefon an. Was war das für ein seltsamer Anruf am Dienstagnachmittag in seinem Büro? Wieso fragten die ihn das? In welchem Verhältnis stehen Sie zu Franziska Fischer?
    Das wüsste ich auch gern, hätte er am liebsten gesagt.
    »Wir kennen uns.«
    »Wie gut?«
    »Ich habe hin und wieder Kontakt mit ihr.«
    Da wartete er nur darauf, dass sie fragten: Auch intimen?
    Doch sie wollten lediglich wissen, ob er wusste, wo sie sich aufhielt. Dann das Übliche. Sobald er etwas von ihr hörte und so weiter.
    »Ja«, sagte er einige Male und versuchte seine Aufregung zu verbergen. Denn das alles konnte nur eines bedeuten: Franza war in noch größerer Gefahr. Und er konnte ihr nicht helfen, denn sie reagierte nicht auf seine Anrufe und SMS . Vielleicht hatte sie ihr Handy verloren? Ach was, sie war einfach wie immer: stur, uneinsichtig, unbelehrbar, eigensinnig. Wenn die vom Geheimdienst sie nicht fanden – wie sollte er sie dann finden? Gute Frage. Quizfrage sozusagen.
    Rosina Marklstorfer spielte sofort mit, als er sie an der Tür mit der Millionenfrage konfrontierte. »Hat das Fräulein Fischer eine beste

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