Sonst kommt dich der Jäger holen
dann der Mann.«
Noch eine Gemeinsamkeit, stellte ich fest.
»Und damit hat sich der Benny nicht abgefunden. Obwohl er in Griechenland mit der Walli die Laika von der Kette gerettet hat. Aber welcher Mann begreift das schon«, seufzte Mona, und ich erkannte, dass ihr noch kein solches Exemplar begegnet war. »Keiner«, stimmte ich zu.
»Ich denke schon, dass der Benny die Laika besucht hat«, sagte Mona nachdenklich. »Der Vater von der Walli hat sie bei sich aufgenommen. Doch das weiß ich nicht so genau. Er kommt nicht mehr. Das packt er nicht, hier bei uns. Zu viele Erinnerungen. Der hängt jetzt lieber beim Billard in Starnberg ab. Ich verstehe ihn. Er war ja wahnsinnig stolz auf die Walli. Die beiden, also sie und die Laika, die haben im Landkreis alles gewonnen.«
»Schade, dass ich sie nie auf dem Parcours erlebt habe«, bedauerte ich aufrichtig.
»Ja, da hast du wirklich was versäumt.«
Mona pustete sich eine ihrer blassroten Strähnen aus dem Gesicht, die sich aus ihrem kessen Pferdeschwanz gelöst hatten »Na ja. Irgendwie geht es immer weiter. Und du? Bist du noch immer an Agility interessiert? Hast du diesbezüglich mal was in Hamburg unternommen?«
Ich setzte zu einer Antwort an, als Flipper übernahm, zum Sprung ansetzte und das erste Hindernis des Parcours mit einem großen Strahlen im Gesicht elegant überflog, ehe er sich mit langen Sätzen durch den roten Darm wühlte.
69
Auf der Fahrt zurück nach München erreichte ich Andrea. Eine Patientin hatte abgesagt, und sie würde noch bis um vier zu Hause sein. Ich trat aufs Gas und fiel kurz nach drei mit der Tür ins Haus, indem ich sofort vom Bootcamp und Erika Falk, dem russischen Buch, den zwei Personalausweisen und der Verfolgungsjagd auf dem Riedbergpass erzählte.
»Hm«, machte Andrea.
»Sag nicht immer hm«, sagte ich.
»Soll ich dir eine Kleinigkeit zu essen machen?«, fragte sie.
»Ich hab keinen Hunger.«
»Du hast doch sicher auch viel zu wenig geschlafen heute Nacht.«
»Ich bin nicht müde!«
»Weißt du, Franza, das merkt man manchmal gar nicht, wie müde man ist. Tief innen drin. Und wenn man so müde ist, dann kann es durchaus passieren, dass einem die eigene Wahrnehmung Dinge vorgaukelt, die nicht passiert sind. Das ist nichts Schlimmes, das kommt häufig vor. Auch ein Burnout kann sich so ankündigen.«
»Ich hab keinen Burnout! Ich liebe meinen Beruf, und ich bin ständig an der frischen Luft.«
»Das hat damit gar nichts zu tun. Man kann auch an Burnout leiden, wenn man arbeitslos oder Sportler ist.«
»So was hab ich nicht!«
»Natürlich nicht«, beschwichtigte Andrea mich. »Aber ich mache mir trotzdem Sorgen um dich. Überleg doch mal, was bei dir in den letzten Wochen und Monaten passiert ist! Zuerst wird Flipper entführt, und du wirst beinahe getötet.«
»Na ja, so schlimm war es nun auch wieder nicht.«
»Es war so schlimm«, sagte Andrea ernst. »Hast du schon vergessen, was für Sorgen du dir gemacht hast, weil du länger nicht arbeiten konntest?«
»Das hat sich alles wieder gegeben.«
»Ja, weil dein Privatkunde, dieser Anwalt, dich durchgezogen hat.«
»Ich habe was auf der hohen Kante.«
»Dann verliebst du dich sehr kompliziert in einen Kommissar, der mit seinen Altlasten beschäftigt ist.«
»Seit wann bezeichnest du ein Kind so?«
»Das waren deine Worte, Franza.«
»Meinetwegen.«
»Was zuerst ganz schön ist, wird zunehmend schwieriger, als du erkennst, dass ein Hauptkommissar bei der Mordkommission wenig Zeit hat«
»Viele Leute haben anstrengende Jobs.«
»Aber das ist doch nicht der einzige Grund?«
»Doch.«
»Kann es nicht sein, dass dir das Ganze zu nah geht? Dass er ein Mann ist, der dir gefährlich werden könnte.«
»Da triffst du den Nagel auf den Kopf.«
»Ich meine das eher emotional.«
»Liebe ist gefährlich.«
»Und sie löst einiges aus. Dieser Felix Tixel ist der erste Mann, für den du dich wirklich interessierst – zumindest seit ich dich kenne.«
»Na und?«
Ich wusste, dass sie recht hatte. Und ich wusste, dass sie mich nicht kränken wollte. Sie meinte es gut mit mir. Das hatte sie oft genug bewiesen, viel öfter als ich selbst mir bewiesen hatte, dass ich es gut mit mir meinte. Noch immer benahm sie sich, als stünde sie in meiner Schuld, weil ich, beziehungsweise Flipper, sie gerettet hatte. Gute zwei Jahre lag das nun zurück. Es war kurz nach Mitternacht gewesen, kurz vor der Brücke am Tierpark, da hörte ich eine Frau um Hilfe rufen. Flipper
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