Sonst kommt dich der Jäger holen
Flüchtigkeitsfehler.
»Ich bring es nicht über mich, das der Laura zu sagen«, gestand Claudia nach einer Pause.
»Warum vertragt ihr euch nicht? Ich verstehe nicht, warum das immer so schwierig ist mit euch!«
Claudia schwieg.
Auch das muss ich herausfinden, was da vorgefallen ist, notierte er sich geistig. Ich sollte überhaupt wieder intensiver auf meine Mitarbeiter schauen. Der Fehler mit dem Johannes hätte mir nicht passieren dürfen. Ich muss mich mehr auf die Arbeit konzentrieren. Vielleicht ist die Schlampigkeit von der Claudia auf mich zurückzuführen, seit dem Scheißfall war ich bestimmt kein Vorbild.
»Das kriegen wir schon wieder hin, Claudia«, versuchte er sie zu entlasten. »Am besten du nimmst Kontakt mit Frau Wolfram auf und fährst gegebenenfalls zu ihr. Wenn was ist, komme ich dazu und schreibe den Bericht. Ruf mich an.«
»Danke, Felix.«
Zehn Minuten später meldete sich Johannes aus Kiel und äußerte den Verdacht, der ermordete Jensen könnte seinen hiesigen Chef erpresst haben. »Was meinst du dazu, Felix?«
»Klingt plausibel.«
»Die Laura sagt, entscheidend ist, dass der Chef gar nicht da war, als der Jensen erschossen wurde, der war im Tauchurlaub. Aber er könnte doch einen russischen Killer beauftragt haben, so was gehört bei denen zum Tagesgeschäft, oder? Das wäre auch eine Erklärung dafür, warum uns die Kollegen den Fall weggenommen haben.«
Zum Tagesgeschäft, wiederholte Felix in Gedanken. Wo steckt ihr, F & F? Wenn der Geheimdienst euch nicht findet, bedeutet das hoffentlich nicht, dass euch die Russen bereits gefunden haben.
71
Nie zuvor in meinem Leben hatte ich mich so entsetzlich gefühlt. Ich fühlte mich, als stünde ich kurz davor, verrückt zu werden. Ich war völlig durch den Wind. Ich schaute fremden Leuten ins Gesicht und fragte mich, ob sie mich verfolgten. Willst du was von mir? Die Franza hat zu viel Fantasie, hatte meine Oma stets von meinen Lehrerinnen gehört. Die kann manchmal Realität und Traum nicht auseinanderhalten. War ich zurückgefallen? Hatte Andrea recht mit ihrer Diagnose, und ich balancierte über einem Abgrund? Ich schämte mich entsetzlich. Ich! Die belastbare Franza. Die Selbstverteidigungstrainierin, die mit zwei Bodyguards fertigwurde und auch für den dritten Angreifer noch ein, zwei Fäuste übrig gehabt hätte. Die selbstständige Unternehmerin – frei, ungebunden, unabhängig. Wo war mein starkes, mutiges Lebensgefühl geblieben, die Gewissheit, dass mir nichts passieren konnte? Ich fühlte mich bedroht und beobachtet. Es war zwar nur ein Gefühl. Aber ständig. Und das Schlimmste war, dass ich nicht wusste, von wem und warum.
Ich wollte mit Josef Dürr darüber sprechen. Wenn er die Sache für plausibel hielt, würde ich Felix alles erzählen. Andrea hatte mich so stark verunsichert, dass ich mir keine Einschätzung meiner Einschätzung mehr zutraute. Eine Viertelstunde vor unserem Treffen sagte Josef unser Training telefonisch ab.
»Das hat dir aber niemand befohlen?«, fragte ich nach.
»Wie … befohlen?«
»Dein Vater«, versuchte ich einen Scherz, erschrocken von meiner Unterstellung.
Josef schwieg. Ich hatte ihn verärgert. Mist! »Selbstverständlich bezahle ich dir dein Honorar«, versicherte er mir.
»Das ist nicht nötig.«
»Doch, das finde ich schon. Und mach dir einen schönen Nachmittag daheim.«
Warum sagte er das? So was hatte er noch nie zu mir gesagt. Was bedeutete das? »Es bedeutet nichts!«, rief ich, und Flipper fing auf der Rückbank des Volvo zu bellen an. »Nichts bedeutet was, nichts, nichts, nichts!« Flipper bellte immer weiter. Und ich rief: »Nichts!«
Und dann fuhr ich nach Hause. Bekam einen Parkplatz vor der Einfahrt. Auch das bedeutete nichts. Niemand hatte mir den frei gehalten. Ich atmete tief durch und benahm mich so, als wäre alles normal. »Flipper, aussteigen!«, befahl ich, und er sprang auf das Trottoir. Kein Krater tat sich dort auf. Auch mein Haus explodierte nicht. Ich atmete tief durch. »Jetzt gehen wir erst mal einkaufen. Dann essen wir was. Und dann sind wir einfach wieder daheim.«
*
»Ich komme später zum Treffpunkt, Leo. Ich häng an ihr dran. An der Frau mit dem Hund.«
»Ich habe gedacht, sie ist weg?«
»Chabe sie wiedergefunden. Man muss wissen, wo man suchen soll.«
»Gut.«
»Da hängen noch zwei dran. Von euch?«
Der V-Mann-Führer ging nicht auf die Frage ein. »Haben sie dich bemerkt?«, wollte er wissen.
»Ich bin kein Anfänger.«
»Sei
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