Sophia oder Krieg auf See
machte die Hofdame erst einen Knicks und dann sich selbst aus dem Staub.
Es dauerte nicht lang, da hörte Margarete ein Klatschen, einen kurzen, spitzen Aufschrei der Hofdame, und ein schnelles meckerndes Lachen eines Mannes. Die Königin verdrehte die Augen. Dass sich das schwere goldene Kreuz, das der Bischof immer um den Hals trug, nicht zischend in seine Brust brannte, konnte nur ein Zeichen dafür sein, dass Gott noch große Dinge mit diesem Mann vorhatte. Oder war der liebe Herrgott vielleicht ein klein wenig unaufmerksam?
Margarete würde Gott bei ihrem nächsten Gebet einen kleinen Hinweis geben. Nicht, dass Lodehat einen ernsten Rüffel verdient hätte, soweit wollte die Regentin nicht gehen, denn der Mann, der nun hereinkommen würde, war ihr wichtigster und zuverlässigster Berater.
Bischof Kanzler Peder Lodehat kam hereingesaust und war wie so häufig bester Dinge. Der Bischof war ein hochgewachsener, schlanker Mann mit graumelierten Haaren, feinen, aristokratischen Zügen, und trug feinste, eher weltliche Kleidung. Nur das besagte große Kreuz, das er an einer dicken, goldenen Kette um den Hals trug, wies ihn als kirchlichen Würdenträger aus.
Spitzbübisch tänzelnd baute er sich vor Margarete auf, verbeugte sich elegant und präsentierte der Königin dann sein grinsendes Antlitz, indem er beide Hände neben seinem Gesicht ausstreckte. Ein kleiner, sehr dünner Oberlippenbart 52 war die zu präsentierende Neuigkeit.
Margarete kniff die Augen zusammen und reckte den Kopf vor. »Mein lieber Kanzler«, begann sie und Lodehat war auf der Stelle klar, dass er jetzt sehr stark würde sein müssen, »was ist das für ein Ding in Eurem Gesicht?«. Lodehats Lächeln entgleiste. »Es war einen Versuch wert, Hoheit«, sagte er merklich enttäuscht und verzichtete auf eine Rechtfertigung. Die Gotland-Katastrophe, wie man sie bei Hof kurz nannte, steckte Margarete noch sichtlich in den Knochen und der Bischof hielt es für nicht weise, die Königin an dieser Stelle mit schlauen Sprüchen zu foppen.
»Na, wenn ihr meint«, erwiderte Margarete kühl und zeigte auf einen der leeren Stühle neben dem Tisch, »setzt euch«. Der Bischof setzte sich und er musterte die vor ihm liegende Europakarte.
»Ah«, kommentierte er die Spielfiguren, »ich sehe, Ihr spielt Schach mit Europa«. »Und«, fragte er schelmisch, »wer gewinnt?«.
Margarete winkte ab und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Wisst Ihr, gerade als ich dabei war die weißen und schwarzen Figuren auf der Karte zu verteilen, Freund und Feind sozusagen, ist mir wieder bewusst geworden, dass, wer immer auch das Schachspiel erfunden haben mag - er hat die grauen Figuren vergessen«, lamentierte die Königin und hatte es plötzlich satt noch weiter auf die Karte zu schauen.
»Der Herr schafft Gutes, der Herr schafft Böses«, predigte der Bischof schmunzelnd, »aber am besten und häufigsten schafft er, was dazwischen liegt. War das eine neue Erkenntnis für Euch, Hoheit?«
Margarete sah ihn spöttisch an. »Dass die Kaufmannsliga und der Ritterorden Freund und Feind zugleich sind, nein«, bestätigte sie dem Kanzler. »Dass ein enger Vertrauter aus den eigenen Reihen mehr Feind ist, als Freund«, zischte sie so kalt und düster, dass Lodehat sicher war, die Hälfte aller Hexen in den Wäldern von hier bis Rom waren in genau diesem Augenblick tot von ihren Besen gefallen, »das allerdings ist eine bittere Erkenntnis, werter Bischof, sehr bitter«, brachte Margarete ihre Beschwörung zu Ende, und spätestens jetzt war auch die zweite Hälfte der Hexen fällig geworden, darauf hätte Lodehat einen Goldgulden gewettet.
Die Königin fixierte die schwarze Figur auf Gotland. Sven Sture. Natürlich wusste der Kanzler, dass da mehr war zwischen ihr und Sture, auch wenn sie nicht wusste, dass er es wusste. Er war ein Meister im Lesen von schmutzigen Bettlaken.
»Wie wunderbar!«, freute sich Lodehat und klatschte kindisch in die Hände, »dann gibt es ja doch noch schwarz und weiß!«. Der Bischof griff nach der weißen Figur, die vor Gotland im Wasser lag. »Wir sammeln also die unsrigen und versenken Verräter Sven Sture mit ein paar freundlichen Steinkreuzen an den Füßen in den Tiefen vor Gotland«, erklärte er seinen Plan und schnippte zur Verdeutlichung die schwarze Figur von der Karte.
»Er hat tausende von Männern«, winkte Margarete ab. »Auch wenn ich ihn nur zu gerne am Galgen zappeln sehen würde, wie kann ich das gesamte Reich ungeschützt
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