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Sophia oder Krieg auf See

Sophia oder Krieg auf See

Titel: Sophia oder Krieg auf See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Braband
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lassen, während unsere letzten Reserven nach Gotland ziehen und einen ungewissen Sieg riskieren«. Sie schüttelte den Kopf und schloss erschöpft die Augen.
    Der Bischof grinste. Das mit dem Galgen würde sie sich noch überlegen, würde Sture erst wieder in Margaretes Gemächern zappeln. Er sah sie lange an, aber sie öffnete die Augen nicht.
    Vielleicht irrte er sich in ihr. Es war gefährlich auf den Gefühlen einer mächtigen Frau eine französische Galliarde 53 zu tanzen. Was Sture da abgezogen hatte war genial, musste Lodehat zugeben, aber eben auch ungeheuer riskant. Was versprach sich Sture von diesem Coup? Hätte er nicht viel mehr erreichen können, als Günstling der mächtigsten Frau der Welt? Der Kanzler schnaubte leise, denn die Antwort kannte er ja schon. Die Königin war bei Weitem nicht so bigott 54 wie er selbst. Die fromme Margarete war in einem Kloster der Birgittinerinnen groß geworden, und nach dem Tod ihres Mannes vor vielen Jahren, würde sie nie wieder heiraten. Nein, Sture wäre immer nur ein Günstling im Hintergrund geblieben, eine Rolle, die ihm offenbar nicht genügte.
    »Nanu!«, rief Lodehat gestelzt und zeigte auf die schwarze Schachfigur in Schweden, »ein weiterer Feind im eigenen Land. Die wankelmütigen schwedischen Adligen?«.
    Margarete öffnete die Augen, die nun leicht gerötet waren. »Die verstehen einfach nicht. Die Zukunft Skandinaviens liegt in der Einheit, lieber Kanzler, in der Einheit«.
    Der Bischof nickte. Er kannte natürlich Margaretes Pläne zur Gründung einer großen Union unter ihrer Herrschaft. Einer Union, die viel mehr sein würde, als die bloße Summe ihrer Gründungsländer, die von einem Regenten verwaltet wurden.
    »Und was machen die Schweden?«, seufzte sie. »Stellen sich quer, wo sie können, nörgeln, beharren, feilschen«. »Und fragen sich zu Recht«, warf der Bischof ein, »wie Ihr ein Reich dieser Größe regieren wollt, wenn ihr nicht mal eine Insel halten könnt«.
    Die Königin sah den Bischof an und lächelte schwach. Da saß der einzige Mann in ihrem Reich, der sich solch einen Ton erlaubte, was in erster Linie daran lag, dass er sich solch einen Ton erlauben konnte. Und das wusste der Kanzler auch. Margarete holte tief Luft. »Eine Union, die groß genug ist, jeder Macht Europas kühn gegenüber zu treten«, resümierte sie und sah plötzlich gar nicht mehr so müde aus. »Und es gibt nur zwei Dinge, die unserer Union im Wege stehen, lieber Kanzler. Gotland und ein paar schwedische Adlige«.
    »Na also«, freute sich der Bischof und Margarete überhörte nicht den ironischen Unterton. »Obacht Gotland, Obacht schwedische Adlige!«. Er kickte die schwarze Figur aus Schweden, wie er es zuvor in Gotland gemacht hatte. »Jetzt kommt Margarete! Fürchtet euch vor Ihrem…«, begann er und machte eine sehr lange, sehr melodramatische Pause.
    »Wort!«.

    52 Der würde erst in vielen Jahrhunderten tatsächlich in Mode kommen
    53 Spätmittelalterlicher Springtanz
    54 Scheinheilig; fromm sprechend, aber gegensätzlich handelnd

8 Der Rote Rabe glitt in leichter Schräglage durch die Wellen und die frühe Morgensonne sorgte bereits für eine wohlige Wärme an Deck, wärmer, als man es von einem Maitag auf dem Meer erwarten würde.
    Corin lag mit sauber verbundenem Arm im Käfig und schlief, eine blaue Strickdecke mit fremdartigen Schriftzeichen hatte ihn vor der Kälte der vergangenen Nacht geschützt.
    Viel war noch nicht los an Deck. Weit hinten auf dem Kastell am Heck des Schiffes lehnte der Steuermann dösend an der Ruderanlage, ein zweiter Pirat hatte es sich daneben auf dem Holzboden gemütlich gemacht. Ein dritter Mann war dabei das Hauptdeck zu schrubben, Essensreste und kleine, fiese, undefinierbare Häufchen missmutig über Bord zu fegen.
    Eine der unteren Türen des Kastells schwang auf und Broklas trat auf das Hauptdeck. Er blickte hoch in den blauen Himmel und grinste. »Ha!«, begrüßte er den Morgen überschwänglich und sog die frische, würzige Seeluft tief in seine Lungen. »Guten Morgen«, begrüßte Broklas den zur Arbeit verdonnerten Piraten freundlich und dieser murmelte einen unverständlichen Gruß zurück, fegte das letzte Häufchen Undefinition über Bord und trottete dann mit dem Besen in der Hand in Richtung Bugkastell 55 .
    Eine Elfenbeinmöwe kam angeflogen und setzte sich auf Corins Käfig. Ein paar Mal tapste sie hin und her, und starrte Broklas aus ihren glühenden, bernsteinfarbenen Knopfaugen an. »Guten

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