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Sophia oder Krieg auf See

Sophia oder Krieg auf See

Titel: Sophia oder Krieg auf See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Braband
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überflüssige Anweisung ohrfeigen können, denn der Frachter hatte bereits gut 30 Grad Schieflage und alles, was sich nicht rechtzeitig festgehalten hatte, wurde schreiend über Bord geschleudert. Ein sich überschlagenes Quieken und ein kurz darauf folgendes Platschen zeigte Roloff an, dass es insbesondere Vehrens erwischt hatte. Roloff schaute ihm nicht einmal hinterher. Er verhakte die Arme in der Reling und versuchte einen Blick auf die Kollisionsstelle zu erhaschen.
    Der Rabe war vollends zum Stillstand gekommen und wurde nun langsam rückwärts gedrückt. Gleichzeitig kippte der Frachter wieder in seine normale Position zurück. »Ruhig Blut Männer, einen Augenblick noch«, suchte Roloff seine Leute auf den bevorstehenden Kampf einzuschwören, denn in einem Punkt war er sich sicher: leicht würden sie es den Piraten nicht machen.
    Der Bug des Raben löste sich von dem Handelsschiff und weiteres Material regnete aus der offenen Wunde des Frachters, die glücklicherweise gerade noch über der Wasserlinie lag. Roloff kam wieder ganz auf die Beine und wollte soeben den Angriffsbefehl brüllen, als ihm für einen Moment der Atem stockte. Einer seiner Männer unter Deck hatte sich verzweifelt an den nahezu unbeschädigten Bug des Piratenschiffes geklammert, während sein anderer Arm schlaff und abgequetscht in Fetzen herunterhing. Der Mann brüllte wie von Sinnen und das Blut lief in Strömen aus seinem zerrissenen Armstumpf den Körper hinab ins Meer.
    Einen Augenblick später ließ der Mann los, stürzte in die See und seine Schreie verstummten.
    Es war Claas, der als erstes die Initiative ergriff. »Angriff!«, donnerte er in einer Lautstärke, dass man es auch in einer Meile noch hätte hören können. Sofort flogen ein dutzend Enterhaken vom Raben hinüber auf das Frachtschiff um beide Fahrzeuge längsseits zu bringen. Ein kritischer Augenblick, das wusste Claas, denn nach dem ersten Schockmoment des Rammens hatte der Gegner nun die Möglichkeit sich zu ordnen. Um diesen Zeitraum möglichst effektiv zu nutzen, gingen die Armbrustschützen aus ihrer Deckung in Position. Einige stiegen ein paar Mannshöhen in die Wanten, dort hatten sie einen hervorragenden Überblick über das gegnerische Deck und konnten die Neuformation des Feindes empfindlich stören.
    »Los Männer«, brüllte Roloff endlich, »haut das Pack in Stücke!«. Die Männer des Frachtschiffes schrien gemeinsam auf und stürzten sich gen Reling, wo sich Enterhaken verkeilt hatten und der Rote Rabe nun fast seitlich lag. Die ersten Piraten sprangen vom Bug des Raben, der ja ohnehin fast Schiffskontakt hatte, an Deck und die ersten Schwertkämpfe wurden ausgetragen. Alle herum brüllten und schrien.
    Roloff stand immer noch an seiner Position am Ruder und feilte an seiner Taktik. Sein Zweiter, Conrad, kam mit gezücktem Schwert angelaufen. »Wir müssen aufpassen«, keuchte Conrad, »die Armbrustschützen!«, und schon hämmerte ein Stahlbolzen mit brutaler Wucht in die Kiste, neben der Roloff stand. Conrad warf sich zu Boden, Roloff hingegen zuckte nicht mal mit der Wimper. Er wusste, dass die Schützen sehr lange zum Nachladen ihrer Waffen benötigten. »Wir nehmen ein paar Leute und gehen rüber«, rief er Conrad zu, gab dem Liegenden einen nicht gerade sanften Tritt und sprintete zur Reling, allerdings Richtung Heck 70 des Frachtschiffes.
    Der Schwerpunkt der Kämpfe lag weiter vorne, wo sich mittlerweile rund 60 Mann an Deck des Frachters versammelt hatten und Mann-an-Mann die Entscheidung suchten. Vier oder fünf Tote lagen bereits auf dem Boden. Es waren nicht nur die Seeleute des Frachters darunter.
    Claas stand am Bug des Raben, sein Schwert in der Hand, und beobachtete die Schlacht. Ole stand hinter ihm. Claas schnaubte. »Heilige Maria Arschrasur«, polterte er grimmig als er sah, dass sich keine schnelle Übermacht im Zweikampf einstellen wollte. Er wusste schon, warum er Nachtangriffe bevorzugte. »Los«, brummte Claas und trieb seinen Zweiten mit dem Ellenbogen an, ihm zu folgen, »wir gehen auch rein!«.
    Roloff, Conrad und vier weitere Männer hatten sich unterdessen auf das Heck des Raben vorgearbeitet. Ein Pirat, der mit seiner Armbrust an der Reling stand und nach Zielen auf dem Frachtschiff suchte, sah den Trupp und wirbelte herum. Er löste den Abzug und die gespannte Sehne katapultierte das Metallprojektil mit ungeheurem Tempo gen Conrad. Doch der Pirat hatte sich zu wenig Zeit zum Zielen genommen. Der Bolzen verfehlte Conrad

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