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Sophia oder Krieg auf See

Sophia oder Krieg auf See

Titel: Sophia oder Krieg auf See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Braband
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Wunde an seinem Arm brannte auf, als ob dasselbe Rhinozeros mit dem Nasenhorn voran genau in jener Wunde gelandet wäre. Hoffentlich wollte das Rhinozeros jetzt nicht auch noch zum Essen bleiben und in Corins Käfig auf die Toilette gehen.
    Corin ließ das Brett los und es begann zu fallen.
    Der Schütze, der ihn ins Visier genommen hatte, lag tot auf dem Boden, niedergestreckt von Claas, während Conrad ein ähnliches Schicksal durch den anderen überlebenden Piraten ereilt hatte. Die Seeleute waren derselben Versuchung erlegen gewesen, wie die Schützen der Piraten: Die Armbrust war eine mächtige Waffe im Fernkampf und konnte erst recht im mittleren Nahkampf den Gegner ausschalten – aber eine zweite Chance bekam der Armbrustschütze im Nahkampf nicht, verfehlte er sein Ziel, hatte er sein eigenes Schicksal besiegelt.
    Corin hatte das Gefühl, er würde sich in einer lähmenden, zähen Masse bewegen. Sein Schutzschild knallte auf den Boden des Käfigs. Da sah Corin wie der letzte Seemann neben Roloff, der nicht Ziel einer direkten Attacke durch die Piraten gewesen war, endlich die Armbrust abgeworfen und sein Schwert gezogen hatte. Der junge Mann war offensichtlich talentiert, denn er streckte den Piraten, der soeben Conrad getötet hatte, mit einem einzigen Hieb in die Seite nieder. Das wiederum rief Claas auf den Plan, der seinerseits den Matrosen schnurstracks in eine womöglich bessere Welt beförderte.
    Corin sah der Dominokette des Tötens zu und bemerkte erst spät den schwarzhaarigen fremden Hünen, der sich den kurzen Moment gönnte, um die miese, stinkende Ratte, die die Piraten auf den Plan gerufen und gewarnt hatte, gebührend zu entlohnen.
    Mit einem wütenden Grunzen trieb Roloff sein Schwert durch die Gitterstäbe und es prickelte und kribbelte so nachhaltig in Corins Adern, dass man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit annehmen konnte, die Adrenalinproduktion eines ganzen Jahrzehnts sei soeben abgefeuert worden. Corin war so gut wie tot, wenn der Hüne nicht sofort aufhören würde, den Körper des Jungen zum integralen Bestandteil eines Schaschlikspießes machen zu wollen. Da der spontane Wunsch sich in einen Frosch zu verwandeln kein sofortiges Ergebnis erzielte, versuchte Corin zumindest in Froschmanier der tödlichen Waffe zu entkommen. Er spannte alle Muskeln in seinem Körper an und seine Extremitäten entluden ihre Kraft zur gleichen Zeit, als er sich von verschiedensten Gitterstäben abstoßend in eine andere Ecke des Käfigs katapultierte. Sein Kopf schlug hart gegen die Eisenstangen und er schmeckte rostiges Metall.
    Das Schwert Roloffs traf ins Leere.
    Corin wirbelte herum, sah wie Roloff seine Klinge aus dem Käfig herauszog. Er gab seinem rechten Bein den Befehl auszutreten, hoffte die Schneide an der Breitseite mit dem Fuß zu erwischen und somit vielleicht zu brechen – und verfluchte sich sofort für diese Idee. Er sah sein Bein vorsausen, während sich die Klinge aus dem Käfig zurück zog.
    Corin hatte keine Schuhe an. Er würde mit nacktem Fuß auf eine Schwertklinge eintreten. Großartiger Plan.
    Der Fuß erwischte kurz die breite Seite der Klingenspitze und nichts geschah. Corins Fuß war noch da und unzerschnitten, die Klinge war heil und mittlerweile wieder außerhalb des Käfigs. Prima. Nächste Runde.
    Die begann sofort. Roloff stach erneut auf ihn ein. Corin sah die Klinge auf halber Höhe auf sich zurasen, gerichtet auf seinen Hals. Er ließ den Oberkörper nach hinten fallen und spreizte die angezogenen Beine. Sein Kopf schlug hart auf den Boden des Käfigs, aber das war dieser ja schon gewohnt. Schon spürte er die breite Seite der Schwertschneide an der Innenseite seines Oberschenkels hochfahren, nach oben, sehr weit oben, gefährlich weit oben. Die Klinge glitt an seinem Körper vorbei und entsprach damit seinem unausgesprochenen Wunsch, einmal kleine Giles in die Welt zu setzen. Der kalte Stahl streifte weiter über seinen Bauch, dann seine linke Brust, gab seinem ohnehin zerrissenen Hemd den Rest, und kam schließlich neben seiner linken Wange zum stehen.
    Es gab keinen Augenblick zum Ausruhen.
    Corin drehte sich auf dem Rücken unter der Klinge weg und versuchte mit der Rechten sein Gesicht zu schützen. Er sah, wie der Stahl wieder aus dem Käfig gezogen wurde.
    Irgendeine bürokratische Gehirnzelle in Corins Kopf kam auf die Idee, dass der Begriff Panik nun nicht mehr angemessen sei, sondern man auf ein schwereres Kaliber würde ausweichen müssen.

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