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Sophia oder Krieg auf See

Sophia oder Krieg auf See

Titel: Sophia oder Krieg auf See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Braband
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Adlerkopf
    83 Vorbeugend, verhindernd

16 Der Garten war fantastisch. Vom frisch renovierten Schloss, welches man gerade erst aufwändig von der alten Burg hatte umbauen lassen und somit die Bezeichnung Schloss auch wirklich verdiente, führte eine schier endlose Lichtung zwischen zwei Wäldchen in einen Rosengarten, der wiederum an einen See grenzte. Zwischen Lichtung und Wäldchen verliefen jeweils zwei breite Kieswege in Richtung Schloss und Rosengarten. Die Lichtung war unterteilt in gleichgroße quadratische Flächen, in denen teils exotische Blumen wuchsen, teils kurz geschnittene Gräser und Moose Rasenflächen bildeten.
    »Es gab einen Schmied in unserem Dorf«, erzählte Jonathan seine Lebensgeschichte und Herzogin Sophia war eine eifrige Zuhörerin, »von dem viele sagen, er sei der beste im ganzen Reich, in ganz Europa«. Beide spazierten einen der langen Kieswege entlang und genossen die warmen Sonnenstrahlen. Jonathan trug frische, strahlend weiße Kleider unter einem dicken blauen Mantel, der eigentlich so gar nicht in den Sommer passen wollte. Jonathans blässliche Haut und die geröteten Augen verrieten, dass er noch lange nicht genesen war.
    »Mein Bruder und ich haben es nie lange bei den knarrenden Webstühlen meines Vaters ausgehalten«, setzte Jonathan fort, während er den schnell ziehenden Wolken nachsah, »wir mussten ohnehin schon so viel lernen; rechnen und schreiben, all die fürchterlichen Dinge, die ein Kaufmann heute wissen muss«. Jonathan musste husten und brauchte einen Augenblick, um seine Atmung wieder zu beruhigen.
    »Da wollten wir uns nicht noch mit den Webstühlen rumärgern«, setzte er schließlich fort, »sehr zum Unmut unseres alten Herren«. Jonathan Blick blieb an einer großen weißen Wolke hängen.
    Zwei Reiter patrouillierten an den beiden vorbei. Die Männer grüßten die Herzogin mit einer Verbeugung, soweit diese auf dem Rücken eines Pferdes möglich war, und die Herzogin nickte freundlich zurück. Die beiden Wachen waren mit makellosen Uniformen bekleidet und auf ihrer Brust prangte ein großes Wappen mit zwei Stierköpfen und zwei Greifen.
    Die weiße Wolke vor Jonathan änderte langsam ihre Form. Gerade sah sie aus wie ein riesiges Kaninchen, mit Augen, zwei Löffelohren und einem Puschelschwanz. Jonathan lächelte. »Also sind wir immer rüber zu Meister Winkel«, erzählte er weiter und Sophia hörte interessiert zu. »Er stand dann da, mit seinem unglaublich dicken Bauch und seinem großen, schwarzen Vollbart und hat uns zugesehen, wie wir uns mit den Übungswaffen geschlagen haben. Er war ein fantastischer Lehrer, aber er konnte sich auch freuen wie ein kleines Kind. Winkels Lachen war so eine Art lautes Glucksen, wie ein Esel mit Schluckauf, und sein Grinsen war so breit, dass alle Erdkrötendamen aus dem Landstrich so richtig wuschig wurden«. Jonathan sah das weite Lächeln des Schmieds vor seinem geistigen Auge und musste lachen.
    Jonathans Lachen wurde zum Husten.
    Sein Husten wurde zu Atemnot.
    Seine Atemnot linderte sich schließlich und wurde zu Trauer.
    Jonathan sah die große Kaninchenwolke am Himmel. Die Löffelohren waren abgeknickt und zwei weitere Augen waren entstanden. Hinten hing irgendwie irgendwas Großes raus. Ein Kaninchen war das nicht mehr, höchstens ein dreiäugiges, ohramputiertes Monsterkaninchen mit schlimmem Durchfall. Sehr, sehr schlimmem Durchfall.
    Gerne hätte Jonathan Giles über den Vergleich gelacht, aber das Gegenteil passierte. Er wendete sich von Sophia ab. Sein Vater und Corin waren tot. Er würde sie niemals wiedersehen. Sein Leben war ein komplett anderes geworden, falls er denn überhaupt noch eines hatte, und niemand hatte ihn gefragt, ob er das wollte. Er wollte nämlich nicht, und er fand es war eine passende Gelegenheit, das dem blöden Schicksal einmal in aller Deutlichkeit mitzuteilen.
    Jonathan spürte die Hand Sophias auf seiner Schulter. Die Hand strich hoch bis an seinen Nacken und ein Schauer lief über seinen Rücken. Er schloss die Augen. »Verdammtes Piratenpack«, presste Jonathan zornig hervor und hielt sich an ein Konzept, das schon seit Ewigkeiten funktionierte. Wut war stärker als Trauer. Man musste nur die Tatsache verdrängen, dass Wut meist zu noch mehr Kummer führte. Aber Verdrängen war ja relativ einfach, ebenfalls ein Konzept, das schon seit Ewigkeiten funktionierte.
    Sophia hielt inne und zog dann ihre Hand langsam zurück. Es gab noch einiges, was sie Jonathan zu sagen hatte.
    Der hatte

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