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Sophia oder Krieg auf See

Sophia oder Krieg auf See

Titel: Sophia oder Krieg auf See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Braband
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Faustschlag, Nachsetzen. Er parierte die beiden Angriffe und wich dann mit dem Oberkörper flink zur Seite. Bernard hieb mit seiner Faust ins Leere und Jonathan nutze den Impuls des Herzogs um ihm mit einem kräftigen Schlag auf den Rücken das Gleichgewicht zu nehmen. Drecksack fiel vorne über auf den Boden, drehte sich schnell auf den Rücken und wollte sein Schwert gerade zum Block heben – da hatte er Jonathans stumpfe Klinge bereits an der Kehle.
    »Das war’s Eure Durchlaucht«, offenbarte Jonathan dem Herzog, »gebt auf«. Die kleine Fehde war vorbei und alle wussten das. Jonathan hatte überhaupt keine Lust mehr, diesen Blödsinn auch nur einen Augenblick lang weiter zu treiben. Bernard war erwartungsgemäß wenig begeistert, erkannte aber die Lage und ließ schließlich Kopf und Arme auf den Boden sinken. Ein Raunen ging durch die Menge und einige Zuschauer klatschten Beifall.
    Jonathan nahm die Waffe zurück, drehte sich um und steckte das stumpfe Schwert in eine Scheide, die ihm von einem Helfer angereicht wurde. Der junge Bedienstete, der Jonathans Sachen verwahrt hielt, blickte erschrocken an ihm vorbei und zuckte zusammen.
    Bernard hatte sich eilig aufgerafft, das Schwert immer noch in der Hand, und mit einem Satz war er hinter Jonathan gelandet, holte mit dem rechten Bein aus und trat Jonathan von hinten so dermaßen heftig zwischen die Beine, dass mehrere Zuschauer entsetzt aufschrien.
    Der Begriff Fuß-Ball bekam für Jonathan augenblicklich eine völlig neue Bedeutung. Seine Knie wurden weich und er sank zu Boden. Durch zusammengepresste Kiefern zwängte sich ein langes Grunzen und die Arterien auf Schläfen und Hals traten so deutlich hervor, dass man wandelnde Blindschleichen unter Jonathans Stirn hätte vermuten können. Er rechnete damit ohnmächtig zu werden, aber den Gefallen tat ihm sein Bewusstsein nicht. Sein Schwert fiel aus der Hand.
    »Gagnant 91 : Duc 92 Bernard«, kürte der Schreiber den Herzog als Gewinner, denn die Regeln waren ja so simpel wie eindeutig gewesen: 30 Punkte oder Entwaffnung. Die Menge jubelte verhalten.
    Jonathan krümmte sich auf dem Boden. Der Schmerz war abartig. Sein Zwerchfell verkrampfte sich so sehr, dass es seinen Lungen fast unmöglich war Luft aufzunehmen. Ein paar helfende Hände streckten sich ihm entgegen, aber Jonathan wollte keine Hilfe. Er drehte das Gesicht zu Boden und eine Träne nahm den direkten Weg gen Erde ohne den Umweg über seine Wange zu bemühen.
    Jonathan stöhnte, als ein wackliger Atemzug gelang. Er wollte nur alleine sein.
    Er war doch allein. Ganz allein.
    Gerade als er diesen Tag als einen der wirklich schlimmen in seinem Leben verbuchen wollte, kam diese große, schwarze, kalte Wand hinter der sich die Erinnerung an den Tod seiner Familie versteckt hatte, hinter der Jonathan die Erinnerung versteckt hatte, in der Hoffnung, er würde das Versteck nie wieder finden. Das war eine ziemlich dämliche Hoffnung, wie der junge Giles soeben feststellen musste.
    Jonathan stöhnte nochmals.
    Wenn extremer physischer Schmerz sich mit maximaler Erniedrigung mischte und auf den ganzen Kladderadatsch noch eine kräftige Prise verdammt mieser Erinnerungen gerieselt kam, war der Zeitpunkt automatisch ein prima Kandidat für eine zukünftige, noch miesere Erinnerung.
    Schmerz und Scham waren zu viel. Jonathan wand sich auf dem Boden.
    Er war ganz allein.
    Zuviel. Allein.
    Eine kühle Hand berührte Jonathans Schläfe und der Schmerz bekam einen Maulkorb. Die Hand strich durch seine Haare und Jonathan fand die Kraft für einen tiefen Atemzug.
    »Das geht vorbei«, flüsterte Sophia und hellgrüner Efeu rankte über die schwarze Wand.

    89 G unstsuchende Person bei Hofe
    90 Alte Frau mit hexenhaftem Aussehen
    91 Sieger
    92 Herzog

19 Der Drache reckte sich und seine gewaltigen Schwingen verdeckten sämtliche Sterne des Nachthimmels. Für einen kurzen Augenblick fürchtete der junge Müller, das grüne Untier würde seinen Schwur nun brechen und ihn attackieren. Aber dann senkten sich die mächtigen Flügel wieder und falteten sich ohne weiteres Zutun flach auf dem schuppigen grünen Rücken zusammen.
    Broklas war fast am Ende der Geschichte angekommen. An Deck des Roten Raben lag ein gutes Dutzend Piraten und lauschte gebannt den Abenteuern aus dem altgriechischen Drachenbuch, aus dem der Wissenschaftler regelmäßig vorlas und aus dem Stegreif übersetzte. Die kurze Sommernacht war gerade erst hereingebrochen, aber die Sterne funkelten bereits zu

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