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Sophia oder Krieg auf See

Sophia oder Krieg auf See

Titel: Sophia oder Krieg auf See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Braband
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Großartig, dachte Jonathan. Es stand dreizehn zu fünf für ihn, aber das Publikum war irgendwie nicht auf seiner Seite. Und Sophia war auch nirgendwo zu sehen.
    Klonk, klank.
    Dabei hatte der Tag so vielversprechend angefangen.
    *
    Es war ein warmer, sonniger Vormittag und Jonathan hatte das Schlossgelände verlassen, um in einer Fußwanderung die angrenzenden Dörfer zu erkunden. Kleine Felder mit grünem Roggen, lila Klatschmohn und bunten Wiesen säumten den staubtrockenen Weg und an der Grenze zum Wald hatten Imker Bienenkörbe aufgestellt.
    Die Dorfbewohner grüßten Jonathan freundlich und der eine oder andere hielt kurz in seiner Arbeit inne, um den jungen Mann, der da zu Fuß in bester Kleidung durch ihr Dorf lief, neugierig zu mustern.
    Dann kam der erste Schrei. Ein Schrei, mit dem der heutige Tag eine neue Wendung nehmen sollte. Die Bewohner blickten besorgt in die Richtung, aus der die verzweifelte Frauenstimme zu hören war und auch Jonathan hielt inne.
    Wieder schrie eine Frau, ein langer, lauter, von Schmerzen kündender Klagelaut. Jonathan lief los.
    Ein schmaler Weg führte von der Hauptstraße des Dorfes zu einer alten Hütte am Rande der Siedlung. Jonathan wusste schon deshalb, dass er hier richtig war, weil andere Einwohner sich ebenfalls eilig auf den Weg gemacht hatten, nun aber zögerlich neben drei Pferden vor dem kleinen alten Haus warteten. Die Tür der Bruchbude stand offen und drinnen ging es offensichtlich hoch her.
    Jonathan umklammerte den nicht vorhandenen Knauf seines ebenfalls nicht vorhandenen Schwertes und fluchte lautlos. Dann ging er schnellen Schrittes in die Hütte, gefolgt von einigen Neugierigen, die sich die kommende Schau nicht entgehen lassen wollten und sich nun zumindest bis zum Türrahmen vorwagten.
    »Was geschieht dann?«, brüllte Herzog Bernard die alte grauhaarige Frau an, die er mit beiden Händen am Kragen gepackt auf einen Tisch niedergedrückt hatte. Zwei identisch in hellgrün gekleidete Männer standen in der Ecke des Raumes und beobachteten das Spektakel aufmerksam.
    Als Jonathan in den Raum stürmte, griffen beiden Leibgarden sofort nach ihren Schwertern, ohne diese jedoch zu ziehen. Jonathan blieb mitten im einzigen Zimmer der Hütte stehen und traf eine Entscheidung, die er vermutlich bedauern würde.
    »Was macht Ihr denn da! Lasst sofort die Frau los!«, raunzte Jonathan den Herzog an und spürte sofort, dass er gerade einen Stein ins Rollen gebracht hatte, den er nicht mehr würde aufhalten können und der ganz hervorragend geeignet war, einem über alle möglichen Körperteile immer wieder lustig hinwegzurollen.
    Der Herzog lockerte den Griff an der alten Dame und musterte Jonathan ungläubig. Die Frechheit, dass es jemand wagen konnte, ihm, einem Herzog, auf diese Weise gegenüber zu treten, verschlug ihm für einen Augenblick die Sprache. Das Gesicht des Nobelmannes verzog sich langsam, so als ob er gerade statt wohlschmeckendem Honigdessert, Kuhfladen mit Zitrone zu sich genommen hatte. »Wer seid Ihr denn?«, ätzte Bernard.
    Das war eine gute Frage, fand Jonathan. Gut für den Herzog.
    Jonathan drückte die Schultern nach hinten und versuchte, sich ja keine Blöße zu geben. »Ihr seid Gast in diesen Landen«, begann Jonathan seine Rechtfertigung und spielte seinen einzigen, mageren Trumpf aus – er hatte nämlich mitbekommen, dass eine Delegation eines fremden Herzogtums zu Besuch am Hofe Sophias weilte. »Das gibt Euch nicht das Recht, mit diesen Untertanen… so umzuspringen… wie Ihr es mit Euren Untertanen… vielleicht… nicht… oder doch tut«, stammelte sich Jonathan zu Rande und spürte, wie sein Gesicht sehr heiß wurde. Der Junge Giles hätte schwören können, dass er das Klatschen mehrerer bäuerlicher Hände auf die dazugehörigen Stirnen hörte.
    Bernard ließ die alte Vettel 90 los und Jonathan erwartete jeden Augenblick grüne Blitze aus den Augen des Herzogs zucken zu sehen. Bernard machte einen drohenden Schritt auf Jonathan zu und stemmte seine Arme in die Hüften. »Die Alte hier ist eine Hexe«, sagte er mit einem süffisanten Unterton, der eine Schnecke zur Raserei gebracht hätte, »und sie weigert sich mir Auskünfte zu erteilen. Dafür wird die alte Hexe büßen. Und zwar auf der Stelle«.
    Irgendeine Instanz in Jonathans Gehirn wedelte mit zwei großen weißen Flaggen und bereitete gleichzeitig in einem Großalarm alles dafür vor, den Mund fest zu verschließen und die Stimmbänder dem Haftrichter

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