Sophia oder Krieg auf See
Königin ihrem Kanzler wieder direkt in die Augen sah, konnte Lodehat die Idee schon anmarschieren sehen. Egal ob sie gut war oder schlecht, der Kanzler würde sie nicht mehr aufhalten können.
»Vielleicht können wir Sture ja überzeugen zu uns zurückzukommen«, dachte Margarete laut und Lodehat dachte sich seinen Teil, »mit einer hübschen kleinen Piratenarmee als Bonus«.
Margarete lächelte.
Der Kanzler seufzte. Wenn das funktionierte, wäre es sensationell. Aber es würde nicht funktionieren. Oder?
42 »Broklas!«, rief Corin quer über die große Wiese und hetzte zu dem alten Brunnen.
Der Junge war spät dran, wie so häufig. Der Wissenschaftler hatte nicht nur mit den Arbeiten an dem Gerät begonnen, er hatte sich auch schon eine Aushilfskraft besorgt. Wahrscheinlich war Broklas mal wieder eingeschnappt, aber das würde sich in Luft auflösen wenn er hörte, was Corin zu berichten hatte.
»Broklas!«, wiederholte Corin und war reichlich aus der Puste, als er endlich den Brunnen erreicht hatte. »Charlotte!«, entfuhr es ihm, als er die Person erkannte, die neben Broklas stand. Corin schwor, er würde sich selbst die Zunge mit einem Hufeisen beschlagen, wenn er jetzt noch ein einziges Mal einen Vornamen mit Ausrufezeichen aussprechen würde.
»Hallo Corin«, begrüßte Charlotte ihn leise und damit völlig uncharlottisch. »Tut mir leid, dass es damals nicht mit unserer Verabredung geklappt hat. Ist was dazwischen gekommen«.
»Ja, ich weiß. Tut mir auch sehr leid«, erwiderte Corin und er fühlte sich gar nicht wohl in seiner Haut. Es tat ihm wirklich leid. Er hatte bei ihrer letzten Verabredung ja schon gewusst, was passieren würde und es war sehr kindisch von ihm gewesen, den bevorstehenden Angriff der Kaufleute einfach zu verdrängen. Entsprechend war ihre Verabredung nie zustand gekommen.
So standen sie sich eine Weile sprachlos gegenüber.
Meine Güte, dachte Corin, sie hatte wunderschöne Augen. Er schätze, er hatte noch zwanzig Herzschläge Zeit, endlich etwas zu sagen. Sonst würde sie gehen. Sie hatte so wunderschöne, bernsteinfarbene Augen. Jetzt musste er irgendetwas sagen. Irgendetwas. Sonst würde sie gehen. Corin öffnete seinen Mund. Sie hatte so wunderschöne Augen.
»Aber ihr könntet das ja jederzeit wiederholen«, vermittelte Broklas schließlich, weil er das kleine Drama vor sich einfach nicht mehr mit ansehen konnte. Charlotte und Corin nickten eifrig und ihre Mienen wurden heller. »Zum Beispiel heute Abend«, fuhr Broklas mit ziemlich monotoner Stimme fort. Die beiden nickten wieder und schmunzelten schüchtern. Broklas verdrehte genervt die Augen.
»Wie wäre es zwei Schlag vor Sonnenuntergang am alten Wachturm?«. Heftiges Nicken und hörbares Glucksen. Broklas räusperte sich und steigerte die Höhe seiner Stimme um eine halbe Oktave. »Okay, Charlotte«, richtete sich Broklas an die junge Kaufmannstochter, »dann sehen wir uns heute Abend. Ich freue mich schon«. Broklas legte noch eine Oktave zu. »Ich freue mich auch, Corin«, piepste Broklas, »wirklich. Ich kann es gar nicht abwarten, bis heute Abend«.
Charlotte grinste breit. »Dann muss ich jetzt gehen«, verabschiedete sie sich verlegen, »bis nachher«. Sie lief davon, während Broklas und Corin ihr noch eine Weile hinterher sahen.
»Ich hoffe, den Rest schaffst du alleine, Corin«, zog Broklas seinen Schüler auf, aber dessen Gesicht gab keinerlei Hinweis von sich, dass das Gehirn dahinter begriff, worauf Broklas hinaus wollte.
Eine Elfenbeinmöwe kam angeflogen, setzte sich auf den Winkelmesser und musterte Corin interessiert. Ihre orangefarbenen Augen blitzten in der Sonne.
»Du bist spät dran für deine Astronomiestunden«, mahnte Broklas in willkommenem Anlass, endlich das Thema zu wechseln.
Corin hörte gar nicht zu. »Ich werde die Königin sehen«, platzte es aus ihm heraus, »Königin Margarete«. Broklas hob skeptisch eine Braue. »Doch«, beharrte Corin, »es ist eine geheime Mission. Sie und Sture treffen sich auf Öland. Und rate mal, wen Sture als seine einzige Leibwache ausgewählt hat?«.
Corin posierte und riss seinen Mund in einem Grinseanfall so weit auf, dass er seine eigenen Beine bis zu den Knien hätte verschlucken können.
Broklas sah den jungen Giles prüfend an. Auf ein Signal guter Laune wartete Corin vergeblich. »Sie trauen dir wirklich«, brummte der Wissenschaftler in seinen Bart.
Enttäuscht klappte Corin die Kiefer zusammen. »Komm schon, Broklas, sie trauen dir
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