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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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seiner markanten letzten Zeile zu den Wegweisern, die Sophie Scholl fest ins Gedächtnis gebrannt waren: »Du musst Dein Leben ändern.«
    Am Abend des 27. Januar 1943, zwei Tage nach ihrer riskanten Fahrt mit den Flugblättern über Augsburg nach Ulm, entschied sich die Einundzwanzigjährige für ein Gedicht von Eduard Mörike – »Denk es, o Seele«:
     
    Ein Tännlein grünet wo,
    Wer weiß, im Walde,
    Ein Rosenstrauch, wer sagt,
    In welchem Garten?
    Sie sind erlesen schon,
    Denk es, o Seele,
    Auf deinem Grab zu wurzeln
    Und zu wachsen.
     
    Zwei schwarze Rösslein weiden
    Auf der Wiese,
    Sie kehren heim zur Stadt
    In muntern Sprüngen.
    Sie werden schrittweis gehn
    Mit deiner Leiche;
    Vielleicht, vielleicht noch eh
    An ihren Hufen
    Das Eisen los wird
    Das ich blitzen sehe!
    Eine Woche später, am 2. Februar, schreibt Sophie Scholl an Lisa Remppis: »Fast müsste ich mich schämen über diesen Brief, doch warum sollst du nicht wissen, wie es um mich steht … Ich schreibe dies ja auch nur Dir , und am liebsten ist es mir, wenn du den Brief nicht aufbewahrst.« Oftmals über die Jahre hatte sie diese Bitte an das Ende ihrer Briefe an Lisa gesetzt. Diesmal erinnert sie die Freundin an Wünsche aus der Jugend-, vielleicht sogar Kinderzeit, als sie am liebsten ein Stück Rinde von einem Baum gewesen wäre. Heute würde sie sich hüten, »diesem Gefühl der Müdigkeit, die im Nichtsein ihre Erfüllung sucht, nachzugeben«. Sie sei nämlich dauernd von einer Traurigkeit befallen, die ihr fast lieb zu werden drohe. Aber es sei eine Sünde, den eigenen Schmerz zu pflegen. Da ist wieder jene Seite in Sophie Scholl, die glaubt, nur mit äußerster Härte die eigenen Gefühle beherrschen zu können. Sie zitiert Lisa Remppis den Satz einer unbekannten Mystikerin: »Wenn ich Gott preise, so empfinde ich nicht die geringste Freude. Ich preise ihn, weil ich ihn preisen will. « Sophie Scholls Kommentar: »Ich verstehe diesen Satz sehr gut.« In aller Traurigkeit ist das Vertrauen auf ihren Willen geblieben, der für Sophie Scholl nicht nur eine eiserne Anstrengung ist. Der Wille verkörpert das Bedürfnis, sich einen Schutzraum zu erhalten, der allen Unsicherheiten und Gefühlsschwankungen entzogen ist.
    Den Brief an Lisa Remppis schreibt sie in München. Drei Tage zuvor, am 30. Januar, hatte sie mit Elisabeth noch andere Pläne, wie die Eltern erfahren: »Nächsten Montag wollen wir auf den Dürrnhof fahren. Ich komme dann mit Lisl am Donnerstag abend oder Freitag heim. Wie lange meine Freiheit dauert, weiß ich ja noch nicht.« Wilhelm Geyer war wie üblich an diesem Wochenende in Ulm, deshalb noch die Bitte an die Mutter, ihm etwas Bohnerwachs mitzugeben, wenn er am Dienstag zurück ins Atelier nach München kommt, »damit meine Böden wieder ein anderes Aussehen bekommen«. Nebenher bereitete Sophie Scholl gerade das Abendessen vor, während Hans Scholl seiner Schwester Elisabeth das Deutsche Museum zeigte.
    Meine Freiheit: Sophie Scholl musste, wie alle Studentinnen, damit rechnen, aufgrund der Kriegslage wieder zum Arbeitsdienst eingezogen zu werden. Auf den Dürrnhof: Dort, bei Ingolstadt, lebte seit 1934 Richard Scheringer mit seiner Familie, dessen Ulmer Schwiegermutter mit Lina Scholl befreundet ist und dessen Schwager Hermann und Werner Scholl Schulfreunde waren. Kontakte, die Bestand hatten. Werner Scholl war Gast auf dem Dürrnhof, Sophie Scholl übernahm gerne in Ulm einen Scheringer-Säugling, wenn dessen Eltern in der Stadt waren. Man befand sich unter Gleichgesinnten, was die Einstellung zum Hitler-Staat betraf. Richard Scheringer, der 1929 im berühmten Ulmer Reichswehrprozess zu Festungshaft verurteilt worden war, weil er als Berufsoffizier in der Reichswehr für die NSDAP geworben hatte, versuchte, als Bauer auf dem Dürrnhof Scheringer abseits politischer Agitation mit seiner Familie zu überleben und hoffte auf andere Zeiten.
    Anfang 1943 gab es sieben kleine Kinder auf dem Dürrnhof, professionelle Hilfe durch die Kinderpflegerin Elisabeth Scholl war den Scheringers sehr willkommen. Am 27. Januar hatte Inge Scholl an ihren Bruder Werner geschrieben: »Lisl ist gerade in München bei Hans und Sofie. Sie muss jetzt bald auf den Dürrnhof, wahrscheinlich Ende Februar.« Da traf es sich gut, dass Elisabeth und Sophie Scholl ohnehin Anfang Februar nach Ulm fahren wollten, um bei einem Abstecher zu den Scheringers letzte Absprachen für Elisabeths Arbeit zu treffen. Zu Hause war Sophie Scholls Hilfe dringend

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