Sophie und der feurige Sizilianer
Ihre Chefin Sie normalerweise in einem Wandschrank eingesperrt halten. Werden Sie wenigstens ab und zu mal rausgelassen?“
Darauf lächelte sie gezwungen und hoffte, er erwartete nicht wirklich eine Antwort auf diesen ebenso albernen wie zynischen Kommentar. Das Lächeln haftete wie festgefroren auf ihren Lippen, während sie Marco aus dem Augenwinkel beobachtete. Als er sich dem Schreibtisch und damit auch ihr näherte, zog sie sich unauffällig zurück.
Das durchschaubare Manöver mit einem spöttischen Blick kommentierend, klappte er den Laptop zu und legte Entwürfe und Unterlagen zurück in die Mappe.
„Okay.“
Sophies Mund klappte auf. Okay?
„Heißt das … wir haben den Auftrag?“, stammelte sie.
Sie hörte sich so überrascht an, wie Marco es vor seinem spontanen Beschluss selbst gerade noch gewesen war. Trotzdem wusste er genau, warum er sich so entschieden hatte.
Sophie Balfour besaß das im Übermaß, was ihm seit langer Zeit verloren gegangen war. Enthusiasmus und Leidenschaft.
„Wollen Sie ihn nun oder nicht?“, fragte er.
„Ich … aber ja, natürlich! Und ich versichere Ihnen, Mr Speranza, Sie …“
„Stopp! Bevor Sie etwas versprechen, das Sie vielleicht doch nicht halten können, muss ich noch eine Bedingung stellen.“
Ihr Lächeln hielt an, doch der Blick wurde wachsam.
„Ich behalte mir vor, den Auftrag umgehend rückgängig zu machen, sollte ich mit Ihrer Leistung nicht zufrieden sein.“
„Das ist selbstverständlich“, antwortete Sophie mit einer Bestimmtheit, die sie hoffte, nie bereuen zu müssen.
„Und Sie werden das gesamte Projekt persönlich überwachen.“
Offenbar hatte sie sich verhört. „Verzeihung, Mr Speranza, aber ich …“
„Entweder Sie persönlich, oder wir vergessen das Ganze.“
Jetzt war Sophie überzeugt, dass er sich einen Scherz mit ihr erlaubte. Aber wie lautete die Devise noch? Der Kunde ist König und hat immer recht! Also blieb ihr wenig anderes übrig, als auf sein Spielchen einzusteigen. „Selbstverständlich werden wir versuchen, Ihre Wünsche zu erfüllen, allerdings …“
„Gut zu wissen“, unterbrach er sie. „Spontaneität, Flexibilität und Entschlossenheit imponieren mir bei einer Frau ganz besonders, Miss Balfour.“
Auch wenn Sophie wusste, dass er scherzte, konnte sie nicht verhindern, dass ihre Fantasie mit seinem abstrusen Vorschlag kokettierte. Was für eine immense Stufe das auf ihrer Karriereleiter bedeuten würde!
„Jetzt einmal ernsthaft, Mr Speranza …“
„Es ist mir völlig ernst, Miss Balfour.“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich meine, das ist unmöglich. Solche Aufträge liegen weit außerhalb meiner Befugnis. Ich bin noch sehr neu in dem Geschäft und habe den Job ohnehin nur bekommen, weil mein Vater eine Affäre mit Amber hatte.“
Darauf wirkte Marco wie vom Donner gerührt. „Wow“, murmelte er gedehnt. „Sie verstehen es wirklich, sich zu verkaufen.“
Obwohl Sophie errötete, hielt sie seinem Blick tapfer stand. „Ich arbeite daran.“
Marco ließ sich in seinen ledernen Schreibtischsessel fallen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Miss Balfour, einer der Gründe, warum ich Ihnen nicht längst die Tür gewiesen habe, ist …“
Ergeben wartete Sophie auf den Todesstoß, doch es kam nichts. Offensichtlich wollte er bei ihr nur eine Reaktion provozieren.
„Dass ich zwar gute Verbindungen habe, aber gnadenlos unterqualifiziert bin?“, schlug sie grimmig vor.
„… dass Sie nie das sagen, was ich zu hören erwarte.“
„Ich gebe mein Bestes“, murmelte sie eingeschnappt.
Da warf Marco den Kopf in den Nacken und lachte laut los.
Angesichts des ungewohnten Geräuschs wechselte das Paar im Vorzimmer einen verblüfften Blick. Schon die ganze Zeit über hatten Francesco und Elisa wegen der anhaltenden Stille darüber debattiert, ob sie sich unter einem Vorwand Zugang zu Marcos Büro verschaffen sollten oder nicht.
Sophie, die nicht wissen konnte, dass sein schallendes Gelächter ein absolut ungewöhnliches Vorkommnis war, überraschte etwas ganz anderes. Offenbar besaß Marco Speranza Sinn für Humor!
Der warme, leicht heisere Ton in seiner Stimme sandte wohlige Schauer über ihren Rücken. Zudem glättete der ungewohnte Heiterkeitsausbruch die harschen Linien in seinem Gesicht, was ihn um Jahre jünger erscheinen ließ.
„Und was waren die anderen Gründe?“, fragte sie.
In der entstehenden Pause trafen sich ihre Blicke und verhakten sich ineinander.
„Sie
Weitere Kostenlose Bücher