Sophie und der feurige Sizilianer
finden, ich hätte diese dummen Hühner rüde behandelt, dann kann ich nur sagen, dass Ihre Erfahrung in dieser Hinsicht noch einige Lücken aufweist.“
„Die Sie sicher rasch füllen werden, da ich ja zukünftig für Sie arbeite“, entgegnete Sophie, gleichzeitig erschrocken und angetan von dem Wagemut, den dieser Mann immer wieder in ihr weckte. Danach verfiel sie in trotziges Schweigen.
Marco tat es ihr nach, startete seinen Laptop und vertiefte sich in irgendwelche Zahlen und Fakten, wie Sophie leicht missmutig registrierte.
Eine halbe Stunde später hatte sich an dem Bild nichts geändert. Seine Konzentration auf die anscheinend wichtige Arbeit war bewundernswert, seine Manieren, für Sophies Geschmack, weitaus weniger. Nicht, dass sie der Typ war, der ständig unterhalten werden wollte, aber ein Hauch von Aufmerksamkeit wäre nett gewesen.
Die Lippen zu einem missbilligenden Strich zusammengepresst, zog sie einen Reiseführer aus der Tasche, den sie am Morgen an der Hotelrezeption bekommen hatte. Um sich einen Überblick zu verschaffen, schlug sie die Karte in der Mitte auf.
Doch ihre Route zu verfolgen erwies sich als fast unmöglich, da sie zu Beginn der Fahrt nicht darauf geachtet hatte, in welcher Richtung sie Palermo verlassen hatten. Sie war zu beschäftigt gewesen, die großartige und vielfältige Architektur zu bestaunen – von byzantinischen bis hin zu normannischen Stilformen.
Einige Stadtteile wirkten ziemlich heruntergekommen, andere dafür umso prächtiger. Palermo war eine Art kultureller und architektonischer Schmelztiegel.
Sophie wollte die Bemühungen, wenigstens ihren ungefähren Standort zu ergründen, gerade aufgeben, da lehnte Marco sich zu ihr hinüber und nahm ihr den Reiseführer aus der Hand.
„Wir sind genau … hier“, erklärte er, legte das Buch zurück auf ihren Schoß und tippte auf einen bestimmten Punkt. „Und dort wollen wir hin.“ Mit sanftem Druck führte er den Finger über die Landkarte. Sophie hoffte nur, dass er ihr wild hämmerndes Herz nicht hörte. Schlimm genug, dass sie ihre brennenden Wangen nicht verbergen konnte! Wenn er seine Hand nicht gleich wegnahm …
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, lehnte Marco sich wieder zurück und betrachtete amüsiert Sophies blühende Gesichtsfarbe. „Ich habe Sie nicht ignoriert … oder eigentlich doch“, korrigierte er sich im gleichen Satz. „Aber ich musste wirklich etwas Wichtiges erledigen. Doch ab sofort stehe ich Ihnen zur Verfügung. Sie können also aufhören zu schmollen, Cara .“
„Ich schmolle nicht! Außerdem … wie haben Sie mich gerade genannt?“
Marco lächelte nur. „Momentan durchfahren wir gerade ein Naturreservat“, erläuterte er mit weit ausholender Geste. „Den Parco Naturale . Im Buch finden Sie ihn, glaube ich, auf Seite sechs.“
„Besten Dank für den interessanten Vortrag“, erwiderte Sophie spitz. „Aber ich denke, den Rest suche ich mir schon selbst in meinem vorzüglichen Reiseführer zusammen.“ Damit wandte sie sich demonstrativ ab und bemühte sich, einen konzentrierten, in ihre Lektüre vertieften Eindruck zu machen.
„Nicht nötig“, ertönte es von nebenan. „Wir sind da.“
Sophies Kopf flog hoch. „Lieber Himmel! Wie wunderschön!“, entfuhr es ihr spontan, als sie ihren zukünftigen Arbeitsplatz sah. Obwohl sie selbst nicht gerade aus ärmlichen Verhältnissen stammte, sah sie sich hier mit einem Luxus konfrontiert, der auf einer ganz anderen Skala stand. Kein Wunder, dass Amber so versessen auf diesen Auftrag gewesen war!
„Renaissance?“, fragte sie mit einem glühenden Seitenblick auf ihren neuen Boss.
Er nickte. „Zumindest die Fassade. Andere Teile stammen aus einer noch früheren Periode. Einige Experten glauben sogar …“
Zwar war Sophie wirklich brennend an dem interessiert, was er sagte, doch seine Worte erschienen ihr im Verhältnis zu der atemberaubenden Schönheit des Gebäudes seltsam flach und leidenschaftslos. Und von dieser Stimmung wollte sie sich auf keinen Fall anstecken lassen!
Alles, wonach sie sich momentan sehnte, war, endlich diesem bedrückenden Gefährt und Marcos beunruhigender Nähe zu entfliehen und sich allein auf Entdeckungsreise zu begeben.
„Alles in Ordnung mit Ihnen?“
„Bestens!“, versicherte Sophie und zappelte nervös auf dem luxuriösen Ledersitz hin und her.
„Ich dachte, Sie schauen sich zunächst allein um, damit Sie ein erstes Gefühl für das Ganze entwickeln“, schlug Marco vor.
Darauf
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