Sophie und der feurige Sizilianer
riesigen Grundbesitzes zu erkunden.
Zum Schluss ritten die Männer noch zu einem weitab gelegenen Waldstück mit altem Baumbestand, das nach Juans Meinung schnellstens abgeholzt werden sollte.
„Zumindest ein Teil“, lenkte er ein, da von seinem Boss keinerlei Reaktion erfolgte. „Ich habe alle Zahlen und Fakten dazu in meinem Büro vorliegen. Wenn wir noch länger damit warten, ist der Profit gleich null. Außerdem könnten wir dann auch eine Straße durch das unwegsame Gelände bauen, die direkt in die Weinberge führt. Das würde uns kilometerlange Umwege ersparen, und wir müssten nicht …“
Marco, der ein Stück vor Juan ritt, lauschte schweigend den enthusiastischen Plänen seines Verwalters, während in regelmäßigen Abständen Sophie Balfours Gesicht vor seinem inneren Auge auftauchte und seine Aufmerksamkeit gefangen nahm. Und je näher sie dem Palazzo kamen, desto kürzer wurden die Intervalle.
Es war ihm unerklärlich. Was hatte dieses Mädchen nur an sich, dass sie seine Gedanken beherrschte wie keine Frau vor ihr?
Sie erreichten einen Punkt, wo sich der Wald lichtete und einen grandiosen Blick über eine weite grüne Ebene bis zum azurblauen Mittelmeer freigab.
„Ich kann Ihnen die Unterlagen auch …“, sagte Juan.
„Nicht nötig“, wehrte Marco ab.
Der Verwalter lächelte zufrieden. „Dann darf ich das Unternehmen also starten?“
„Nein. Ich bin sicher, dass Ihre Zahlen richtig sind und Profit in jeder Hinsicht versprechen, aber dieses Land hier …“ Er schaute sich um und spürte ein seltsames Brennen im Hals. „Ich möchte nicht eines Tages mit meinen Kindern auf einem kahlen Hügel stehen und ihnen schildern müssen, wie romantisch verwildert diese Ecke früher einmal ausgesehen hat.“
Vorausgesetzt, ich werde jemals eigene Kinder haben, fügte er für sich hinzu und fragte sich gleichzeitig, was ihn zu dieser seltsamen Aussage bewegt haben mochte.
Juan sah enttäuscht aus, gab sich aber angesichts Marcos striktem Tonfall geschlagen. Mit einem fatalistischen Schulterzucken schlug er vor, der Marchese könne sich vielleicht noch die Felder im Osten anschauen, die wegen eines geplanten Fruchtwechsels vorübergehend brachlagen, wobei sich der Boden vorzüglich erhole.
Marco, der gar nicht richtig hingehört hatte, schüttelte den Kopf. „Nein, ich muss zurück.“
Auf seinem dunklen Gesicht lag ein brütender Ausdruck, als er von den Stallungen aus in Richtung des Palazzos marschierte. Dort angekommen, schaute er sich nach Sophie um, konnte sie aber nirgendwo entdecken. Er wanderte von Zimmer zu Zimmer, rief ihren Namen und fühlte sich zunehmend irritiert, da sie ihm nicht antwortete.
Mit Juan über Familie und Kinder gesprochen zu haben, hatte Erinnerungen in ihm wachgerufen, die ebenso schmerzhaft wie beunruhigend waren.
„Sophie!“ Er machte eine Pause und wartete. Wieder keine Antwort. „Das hat man davon, wenn man sich mit Amateuren einlässt!“, brummte er.
Und das hier, dachte er und schaute sich in seinem ungeliebten Heim um, ist die Quittung dafür, wenn man als junger Idealist Sex mit Liebe verwechselt.
Als er Allegra geheiratet hatte, war Marco überzeugt gewesen, eine leuchtende Zukunft vor sich zu haben. Ein Leben mit Kindern und der Gewissheit, an der Seite seiner zweiten Seelenhälfte auf ein gesegnetes Alter hoffen zu können.
Doch kaum, dass sie seinen Ring am Finger trug, gestand Allegra ihm, dass sie ganz andere Pläne hatte, die weder Kinder noch lebenslange Liebe vorsahen. Ihr angewiderter Blick und ihr ungläubiges, schrilles Lachen, als er das Thema anschnitt, hatten sich tief in sein Herz und seine Seele gebrannt.
„Kinder würden nur meine Figur ruinieren, und du willst doch sicher keine fette, hässliche Frau in deinem Bett haben, oder, Tesoro ?“ Die glitzernden Tränen an ihren langen schwarzen Wimpern hatten ihn dazu bewegt, ihr zu versichern, dass er sie trotz ihrer Weigerung, Kinder zu bekommen, bis an sein Lebensende lieben würde.
Drei Monate später waren die Tränen getrocknet, und sie lachte ihm ins Gesicht, nachdem sie ihn zum ersten Mal betrogen hatte. Weder leugnete sie es, noch zeigte sie eine Spur von Schamgefühl, als er sie mit der Affäre konfrontierte.
„Du warst nicht da, und ich habe mich schrecklich gelangweilt. Was wirst du jetzt tun, Marco? Dich von mir scheiden lassen? Aber das wirst du nicht wagen, oder? Nicht als Sizilianer, und schon gar nicht als ein Speranza . Du bist genauso romantisch und altmodisch
Weitere Kostenlose Bücher