Sophies größte Sehnsucht
genau das ihr Auftrag, aber er hatte ja auch sehr deutlich gemacht, wie wenig er diese Art von Kontrolle mochte.
Also hoffte sie auf dem Weg zum Stall, ihm diesmal vielleicht gar nicht über den Weg zu laufen. Nach der Begegnung mit Lucy und dem Gespräch am Vortag war das wohl besser so.
Doch dann blieb sie stehen, überrascht von ihren eigenen Gedanken. Sie machte sich doch nur etwas vor. Ihre Haut kribbelte noch immer von Larks Berührung. Ihr war fast die Luft weggeblieben, so tief hatte er ihr in die Augen gesehen. Es ging ihr nicht aus dem Kopf. Sie bekam schon weiche Knie, wenn sie nur an ihn dachte.
Doch dann fiel ihr Lucy ein, und sie fühlte wieder diese Leere.
Was für ein Zwiespalt!
Wieso musste der einzige Mann, zu dem sie sich seit Langem hingezogen fühlte, ausgerechnet eine kleine Tochter haben? Sie konnte sich im Moment einfach nicht mit Kindern beschäftigen. Deshalb war sie ja hierher geflohen.
Seufzend ging sie weiter. Sie hatte wirklich lange überlegt, ob sie heute überhaupt herkommen sollte. Doch wegzubleiben hätte auch nicht geholfen.
Die Pferde standen heute auf der Außenweide, und Sophie lehnte sich an den Zaun und versuchte, die quälenden Gedanken abzuschütteln. Sie hatte doch alles selbst in der Hand. Zwischen ihr und Lark musste nichts geschehen. Und wenn sie Lucy nicht sehen wollte, kam sie einfach nur noch vormittags her.
Obwohl ihre Besuche eigentlich unnötig waren, wie Lark ganz richtig bemerkt hatte. Doch das Tierheim verlangte nun mal einen täglichen Bericht, um die Polizeiauflage zu erfüllen.
Da die Sonne schien, hatte Lark den Stuten die Decken abgenommen, und man sah sofort, dass es ihnen schon viel besser ging. Ein Räuspern riss Sophie aus ihren Gedanken. Sofort spürte sie wieder die Schmetterlinge im Bauch. Sie schmolz ja schon dahin, wenn sie nur seine Anwesenheit spürte – wie konnte sie da noch glauben, dass Lark ihr nichts bedeutete?
Erwartungsvoll drehte sie sich um.
„Tim?“ Den Officer hatte sie hier nun am wenigsten erwartet.
„Immer noch Officer Brown für dich“, sagte er humorvoll, während er versuchte, den ernsten Ausdruck eines Polizeibeamten zu bewahren.
Ein wenig zu ernst für ihren Geschmack. Sie hatte täglich ihren positiven Bericht abgeliefert. Wieso schaltete sich also die Polizei schon wieder ein? War Tim etwa gekommen, um Lark festzunehmen?
„Was bringt dich denn hierher?“, fragte sie so leichthin wie möglich.
Er tippte kurz an seinen Hut. „Wollte nur nach dem Rechten sehen.“ Suchend blickte er sich um. „Und Mr Anderson eine Nachricht überbringen.“
Das klang nicht gut. Ihr Herzschlag beschleunigte sich.
„Habt ihr die Besitzer dieser armen Pferde ausfindig machen können?“, fragte sie.
Tim schien zu glauben, dass sie das nichts anging, denn er sagte nur: „Ich würde lieber mit Mr Anderson direkt sprechen.“
Sophie schüttelte unwillig den Kopf. Wo blieb Lark bloß? Und warum tat Tim plötzlich so offiziell? „Ich habe ihn heute auch noch nicht gesehen.“
Tim trat an den Koppelzaun, um den Zustand der Pferde zu begutachten.
„Du deckst ihn doch nicht etwa, oder? Wer weiß, was der im Schilde führt …“
Lieber Himmel, woher kam nur dieses ständige Misstrauen gegen neu Zugezogene? Nur weil Lark erst seit Kurzem hier wohnte, war er doch nicht weniger vertrauenswürdig als die Einheimischen. In solchen Momenten wünschte sie sich immer in die Stadt zurück.
Besser, sie ließ sich ihren Unwillen nicht anmerken. „Hör mal …“, begann sie.
„Welchem Umstand verdanke ich die Ehre?“
Larks klangvoller Akzent war unverkennbar, und Sophie schloss vor Erleichterung kurz die Augen. Tim drehte sich um und wartete, bis er herangekommen war.
„Ich habe mit den Eigentümern der Pferde gesprochen“, erklärte Tim.
Das machte Sophie im Moment allerdings weniger Sorgen als Larks düsterer Gesichtsausdruck. Er stand breitbeinig da und schien nur allzu bereit, es mit der Polizei und der ganzen Welt aufzunehmen. Dabei kam es jetzt nur darauf an, Ruhe zu bewahren.
„Ich persönlich bin ja immer noch überzeugt, dass Sie die Pferde stehlen wollten“, fuhr Tim fort. „Und ich bin nicht mal sicher, ob Sophie Ihnen dabei nicht willentlich geholfen hat. Aber Sie können sich glücklich schätzen: Der Besitzer wird keine Anzeige erstatten. Das heißt, ich halte mein Wort und werde Sie nicht wegen Diebstahls festnehmen.“
Larks Miene verfinsterte sich weiter, und sie wusste ziemlich genau, wie es in
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