Sophies größte Sehnsucht
war wieder zurück. Wie gute Freunde bei einem Sonntagsausflug.
„Mal was ganz anderes …“, begann er nach einer Weile. „Die amerikanischen Feiertage werden hier ja nicht gefeiert – der vierte Juli und Thanksgiving, meine ich. Aber ich habe mich gefragt …“
Gespannt hielt sie die Luft an. Worauf wollte er hinaus?
Dass er nicht direkt zum Ziel kam, zeigte ihr, wie nervös er war. „Ich hatte da diese Idee … Also eigentlich war es Lucys Idee. Jedenfalls würde ich den vierten Juli gern feiern, so wie in den Staaten, und ich habe mich gefragt, ob Sie vielleicht Lust hätten, dabei zu sein.“
Die einzige vernünftige Antwort darauf musste Nein lauten. Doch ein Blick auf Lark genügte, und es war aus mit ihrer Vernunft. Die Einladung war ihm ganz offenbar nicht leicht gefallen. Und wieder war es ihre innere Stimme, die sich meldete. Es tat ihr gut, mit Lark zusammen zu sein. In seiner Nähe fühlte sie sich leichter und glücklicher.
„Ich weiß nicht viel über die amerikanischen Bräuche, aber ich habe gehört, dass der vierte Juli mit einem Picknick gefeiert wird? Ist es dafür im Moment nicht ein bisschen kalt?“
Lark lachte auf. „Wir haben beschlossen, die Feiertage zu tauschen. Am vierten Juli gibt es also Truthahn, und wir essen drinnen. Ich dachte einfach, das Lucy sich nicht ganz so fremd fühlt, wenn wir ein paar heimische Traditionen beibehalten.“
„Also ein Truthahnessen. Ihr beide und ich?“
„Ganz genau.“
Also keine Einladung zum Dinner mit ihm, sondern zu dritt mit seiner Tochter. War sie wirklich schon dazu bereit? Vielleicht wäre es heilsam. Aber vielleicht würde es ihren Schmerz nur noch schlimmer machen.
Lark schien ihr Zögern zu bemerken.
„Hat Lucy etwas Falsches gesagt und Sie beleidigt bei Ihrem ersten Zusammentreffen? Sie ist zwar ein braves Mädchen, aber man weiß ja nie.“
Eiligst schüttelte Sophie den Kopf. „Meine Güte, nein, sie ist wirklich ein ganz liebes Kind.“
„Ich dachte nur …“
Sie musste ihn vom Thema abbringen, bevor er zu viele Fragen stellte. Aber ohne dabei noch mehr von sich preiszugeben. „Sie erinnert mich nur an jemanden, das ist alles. Es hat mich unvorbereitet getroffen.“
Daraufhin schwieg er. Direkt gelogen hatte sie nicht, aber sie war auch nicht ganz ehrlich gewesen. Sie konnte einfach nicht über diese Verluste reden. Weder über das Kind auf ihrem Operationstisch, noch über das Baby, das sie aufgegeben hatte.
„Also, was sagen Sie? Kommen Sie zu unserem Vierten-Juli-Truthahnessen?“, fragte er schließlich noch einmal.
Hin- und hergerissen nagte Sophie an ihrer Unterlippe. War es nicht dumm, sich von seiner Tochter und ihren eigenen Problemen so aus dem Konzept bringen zu lassen? Sollte sie deswegen eine Einladung von einem Mann ablehnen, mit dem sie so gern Zeit verbrachte?
„Gern“, brachte sie schließlich heraus. Seine Einladung bedeutete ihr viel, und sie konnte sich nicht ewig vor Kindern verstecken.
Man sah ihm die Erleichterung an. „Sehr schön. Lucy wird es gefallen, Gäste zu haben. Welches Kind will schon die ganze Zeit nur mit dem eigenen Vater zusammen sein?“
„Seien Sie nicht so streng mit sich selbst. Sie machen Ihre Sache wirklich gut.“
„Ich tu’ mein Bestes.“
Für einen Augenblick, der sich wie eine halbe Ewigkeit anfühlte, saßen sie nur da und schwiegen. Nervös rutschte Sophie auf dem Sitz hin und her, suchte dabei nach einem neuen Thema, das nichts mit Kindern zu tun hatte.
„Ich hab wirklich keine Ahnung, was man an Thanksgiving so macht“, sagte sie schließlich. „Ich weiß nur, dass man Truthahn isst.“
Sein fröhliches Lachen überraschte sie.
„Hab ich was Lustiges gesagt?“, fragte sie.
Er brachte den Truck zum Stehen. „Mehr weiß ich darüber leider auch nicht. Ich habe immer nur Truthahn gegessen, nie welchen gemacht.“
„Immerhin etwas.“
„Kommen Sie einfach am vierten vorbei. Ich versuche, so gut ich kann, Ihnen ein amerikanisches Thanksgiving-Dinner zu servieren“. Dann wurde seine Stimme wieder ernster. „Lucy will unbedingt ein traditionelles Festessen, ich werde mich also ordentlich anstrengen.“
Sophie schluckte. Er war ein wunderbarer Vater, auch wenn er selbst davon nicht überzeugt schien.
„Soll ich etwas mitbringen?“
„Sie selbst reichen ganz.“
So, wie er sie ansah, kam es ihr vor, als hätte er sie gerade zu einem ersten Date eingeladen und nicht zu einem Familienessen. Und sie hatte zugestimmt.
Er beugte sich
Weitere Kostenlose Bücher