Sophies größte Sehnsucht
letzte Satz klang traurig. Es musste hart für ihn gewesen sein, seine vierbeinigen Freunde zurückzulassen. Ganz zu schweigen von all dem anderen, was er verloren hatte.
„Zwei Stuten habe ich hier gekauft. Aber ich muss noch mehr Zeit und Geld investieren, um die passenden Pferde zu finden. Ich will schließlich Sportpferde züchten.“
Es tat gut, einen Mann mit so viel Gefühl von seinen Pferden sprechen zu hören. Seit sie beim Tierschutzverein arbeitete, fragte sie sich immer wieder, wie Menschen so grausam sein und wehrlosen Tieren so furchtbare Dinge antun konnten. Doch Lark, dieser starke, schweigsame Cowboy, war Manns genug, Herz zu zeigen, wenn es um seine Pferde oder Tiere im Allgemeinen ging. Das gab ihr den Glauben an die Menschheit zurück.
8. KAPITEL
Sophie war versucht, wieder umzudrehen, als sie die Auffahrt zu Larks Farm entlangfuhr. Eigentlich bestand gar kein Grund, heute noch einmal hierher zu kommen, denn alles, was im Fall der geretteten Pferde noch fehlte, war ihr Abschlussbericht, und den konnte sie vom Büro aus schreiben.
Dementsprechend hatte sie den ganzen Vormittag gezögert. Sie war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, Lark noch einmal „offiziell“ zu besuchen, ohne dass sie eine Einladung dafür brauchte, und den vernünftigen Einwänden, die dagegen sprachen.
Jetzt war es früher Nachmittag, Lucy würde da sein, und sie war trotzdem auf dem Weg zur Farm. Dabei würde es schon schlimm genug sein, am vierten Juli ein ganzes Abendessen durchzustehen. Aber sie konnte ja nicht ewig weglaufen.
Sie parkte den Wagen vor dem Haus und ging zu den Ställen.
„Hi!“
Lucy kam um die Ecke gerannt und landete mit einem Hüpfer direkt vor ihr. Unwillkürlich musste Sophie über so viel Lebensfreude lächeln. Und in diesem Moment wurde ihr wieder einmal klar, warum sie Kinderärztin geworden war. Um Kindern wie Lucy das Leben zu retten. Es war nicht immer leicht gewesen, und manchmal wäre sie fast zusammengebrochen vor Erschöpfung, aber sie hatte immer an den Sinn ihrer Arbeit geglaubt. Noch war es allerdings zu früh, an eine Rückkehr zu denken.
„Hallo.“ Lark kam ebenfalls um die Ecke, während Lucy schon weitergerannt war. „Ich habe Sie heute gar nicht erwartet.“
„Ich muss noch den Abschlussbericht schreiben“, erwiderte sie lächelnd. Die täglichen Besuche auf seiner Farm würden ihr fehlen. „Ich hoffe, das ist okay?“
„Aber sicher.“
Zum zweiten Mal kam Lucy angehüpft. „Ich hab Hunger.“
Sophie unterdrückte ein Lachen. Lucy zu sehen tat nicht mehr so weh wie am Anfang.
„Es ist wohl Zeit für einen kleinen Snack?“, fragte sie lächelnd.
Lucy strahlte. „Klaro.“
„Kommen Sie mit?“, wandte sich Lark an sie.
Für einen ganzen Nachmittag mit Vater und Tochter reichte ihre Fassung dann vielleicht doch nicht. Besser, sie machte sich wieder auf den Weg …
„Danke, aber ich muss wieder los. Ich komme noch mit euch nach vorn.“
Während Lucy vorausrannte, ging Sophie langsam neben Lark her. Sie genoss es, ihm so nah zu sein. Es fühlte sich einfach richtig an.
„Ich glaube, es geht ihr richtig gut hier“, bemerkte sie.
Lark warf ihr einen fragenden Blick zu. „Mit richtig gut meinen Sie, dass sie nicht wie ein Fall für die Kinderpsychiatrie aussieht?“
Sein hoffnungsvolles Lächeln traf sie unvorbereitet. Sie wollte ihm mehr geben als nur eine beiläufige Bemerkung.
„Mein Vater hat uns verlassen, als ich dreizehn war“, sagte sie. „Ich kann nachempfinden, was in ihr vorgeht, auch wenn es nicht dieselbe Situation ist. Ich war schon alt genug, um zu begreifen, warum mein Vater wegging, aber das machte es auch nicht einfacher.“
Sein mitfühlender Blick tat gut.
„Wie konnte er das tun?“, fragte Lark leise.
Es fiel ihr nicht leicht, es auszusprechen, zumal sie sowieso fast nie über ihren Vater redete.
„Wegen einer anderen Frau“, sagte sie. „Ausgerechnet seine Sekretärin, das absolute Klischee. Von heute auf morgen stand meine Mutter alleine da, mit zwei Kindern, ohne Job, ohne Mann. Nur das Haus durfte sie behalten, und die Erinnerung, dass wir einmal eine glückliche Familie waren.“
Es klang bitter, aber daran konnte sie jetzt auch nichts ändern.
„Das tut mir leid.“
Sie zuckte die Achseln. „Wahrscheinlich waren wir ohne ihn besser dran, auch wenn es sich damals nicht so anfühlte.“
„Geht mir genauso“, erwiderte er. „Ich kann nur hoffen, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe,
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