Sophies größte Sehnsucht
streifte.
Das schwarz-weiße Pferdchen gab sein Bestes, geriet aber ins Stolpern – und die kleine Reiterin, auf die abrupte Seitwärtsbewegung nicht gefasst, fiel aus dem Sattel.
Verflixt.
Sophie ließ ihren Crêpe fallen und rannte los. Die Kleine war hart und unglücklich aufgekommen. In wenigen Sekunden war Sophie an ihrer Seite.
„Es wird alles gut, Liebes, ich bin Ärztin“, sagte sie und legte der Kleinen die Hand auf die Brust, damit sie liegen blieb. „Ich kümmere mich um dich.“
Aus großen blauen Augen blickte das Kind zu ihr auf – und erst da erkannte Sophie das Mädchen.
„Lucy?“
Die Kleine nickte, die Augen voller Tränen. Sophies Herz begann schneller zu schlagen. Jedes Kind war wichtig, aber das hier war Larks Tochter.
„Ich untersuche jetzt erstmal deinen Kopf, um sicherzugehen, dass dein Hals und Rücken nicht verletzt sind, dann kannst du dich aufsetzen.“
„Ich will meinen Daddy!“
„Ich bin hier, Schatz.“
Sophie blickte nicht auf, als sie die Stimme mit dem unverkennbaren Akzent hörte, sondern fuhr mit ihrer Untersuchung fort. Lark kniete sich auf Lucys andere Seite und nahm ihre Hand.
„Wo ist Cleo?“, weinte Lucy.
„Es geht ihr gut. Jemand kümmert sich um sie“, beruhigte Lark sie.
„Es war nicht ihre Schuld, Dad. Sie konnte nichts dafür.“
Jetzt suchte Sophie seinen Blick. Sie hatte den Vorfall gesehen, und Lucy hatte recht: Cleo hatte ihr Bestes getan.
„Würdest du mir sagen, was du hier machst?“, fragte er leise. Sie hörte mühsam unterdrückten Ärger heraus.
„Ich bin Ärztin, Lark. Sie ist in guten Händen.“
Wenn ihn ihre Antwort überraschte, verbarg er es gut. Wenigstens schien er ihr zu glauben.
Sophie nahm Lucy vorsichtig den Helm ab, tastete den Kopf ab, dann die Arme. Einer war gebrochen, das wusste sie sofort.
„Aua, das tut so weh!“
Wieder blickte Sophie Lark an. „Wir müssen sie ins Krankenhaus bringen. Der Arm ist gebrochen und muss sofort geröntgt werden.“
„Kann ich sie tragen?“
Was zwischen ihnen vorgefallen war, spielte im Moment keine Rolle. Hier ging es nur um Lucy.
„Ich würde den Arm gern kühlen und sie nicht bewegen, aber es geht wohl nicht anders. Heb sie vorsichtig hoch, ich stütze dabei den Arm.“
Er nahm seine Tochter so vorsichtig hoch, als würde sie bei der kleinsten Erschütterung in tausend Scherben zerbrechen.
„Ich habe eine Kühlmanschette in der Kühltasche im Auto. Die habe ich wegen der Pferde immer bei mir.“
Sophie nickte. Doch als Lark sich in Bewegung setzte, fing Lucy wieder an zu weinen.
„Wo tut es dir weh? Sag es mir“, verlangte Lark heiser.
„Wir können Cleo nicht hier lassen. Bitte bring sie in den Transporter!“
Lark und Sophie wechselten einen Blick.
„Die paar Minuten spielen keine Rolle“, versicherte sie ihm. Aufregung war jetzt viel schlimmer für die Kleine. „Lass sie uns ins Auto bringen, dann holst du Cleo, und dann fahren wir.“
Es schien ihn nicht zu begeistern, aber er widersprach nicht. Wenn es um seine Tochter ging, machte er wirklich alles möglich.
Sie hatten über drei Stunden im Krankenhaus verbracht, und Lark war am Ende. Die Sorge um Lucy machte ihn fertig, und nun fing es draußen auch noch an zu schneien. Irgendwie musste er Cleo nach Hause bringen und nach den anderen Pferden sehen, aber wenn er noch lange hier blieb, waren die Straßen dafür vielleicht zu zugeschneit.
Andererseits war der Gedanke, von Lucys Seite zu weichen, kaum zu ertragen.
Er kam gerade vom Kaffeeautomaten zurück und stieß dabei fast mit Sophie zusammen, die ihm entgegenkam.
„Hey“, sagte er und reichte ihr den zweiten Becher. „Ich habe Milch und Zucker rein getan, weil ich nicht wusste, wie du ihn magst.“
Sie nahm den Becher und pustete den Dampf weg.
„Geht es ihr gut?“, drängte er.
Nachdem sie einen kleinen Schluck genommen hatte, streckte sie die Hand aus und strich über seinen Arm.
Eigentlich war er noch wütend auf sie, aber das hier gefiel ihm gut. Außerdem war er wirklich dankbar, dass sie in der Nähe gewesen war. Auch wenn er immer noch nicht ganz verstand, wieso sie plötzlich Ärztin war.
Da war auf jeden Fall eine ausgiebige Erklärung fällig.
„Lucy ist sofort eingeschlafen, als du den Raum verlassen hast“, berichtete Sophie.
Sie deutete auf das kleine Fenster in der Tür von Lucys Zimmer, damit er sich selbst davon überzeugen konnte.
„Sie sieht so klein aus in dem großen weißen Bett. So
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