Sophies größte Sehnsucht
klang wie Musik in der Dunkelheit. Noch immer schmiegte sie sich an ihn, und ihm fiel ein, dass ihr vielleicht kalt war. Vielleicht sollten sie nach oben gehen und sich beide wärmer anziehen, aber wenn sie erst in seinem Schlafzimmer standen …
Er wollte nicht aufhören, an Lucy zu denken, sich um sie Sorgen zu machen, aber war es sehr verwerflich, wenn er sich heute Nacht um Sophie kümmerte? Ihr zeigte, wie viel sie ihm bedeutete und dass es neben ihrem Schmerz auch noch schöne Dinge gab?
„Es gibt noch eine andere Möglichkeit, ohne Strom an warmes Wasser zu kommen“, sagte er spontan.
„Und die wäre?“
„Die Außenbadewanne.“
Fast hätte er laut gelacht, als sie sich erschrocken kurz an ihm festklammerte, bevor sie ihn genauso schnell ganz losließ.
Immerhin hatten sie jetzt beide etwas Unverfängliches, worüber sie reden konnten.
„Was ist denn bitte eine Außenbadewanne?“, fragte Sophie entgeistert.
Der ganze Abend fühlte sich bis jetzt ziemlich unwirklich an. Noch nie hatte sie mit jemanden so offen über ihre Situation und ihre Gefühle geredet wie mit Lark. Doch heute hatte sie gar nicht wieder aufhören können, hatte ihr ganzes Herz vor ihm ausgeschüttet.
„Sie steht auf der Weide hinter dem Garten. Ein Museumsstück, in solchen Wannen hat man früher gebadet. Aber die Gasheizung funktionierte noch, also habe ich sie stehen lassen. Das Wasser wird ziemlich schnell heiß.“
Hoffentlich hörte Lark nicht, wie heftig ihr Herz schlug, wo doch alle Geräusche im Dunkeln lauter klangen. Er musste ja nicht unbedingt wissen, dass Dunkelheit ihr Angst machte.
„Und das funktioniert auch bei diesem Wetter?“, fragte sie zweifelnd.
Lark nahm ihre Hand.
„Kein Problem. Ich habe sie an den Gastank angeschlossen. Ich brauche nur die Gasflammen anzumachen, dann heizen die das Wasser.“
Eine verrückte Idee, aber auch verführerisch. Im Schneesturm in einer heißen Badewanne zu liegen, unter freiem Himmel …
Aber war sie mutig genug, mit Lark in die Wanne zu steigen?
„Ich habe keinen Badeanzug dabei“, gab sie zu bedenken.
Sein leises Lachen klang verständnisvoll.
„Ich habe leider auch keinen hier, und Lucys wird dir nicht passen. Aber du könntest einfach deine Unterwäsche anlassen.“
Zum Glück war es dunkel, so sah er nicht, wie rot sie wurde.
„Du lässt mich aber nicht einfach draußen allein oder findest es witzig, mich zu erschrecken?“
„Hast du Angst im Dunkeln?“
„Ein bisschen.“
Er drückte ihre Hand. Verflixt, es fühlte sich so gut an. Sie wünschte sich, er würde sie nie wieder loslassen.
„Also, wollen wir?“, fragte er.
Eigentlich wollte sie Nein sagen, aber die Stimme der Vernunft konnte sich nicht durchsetzen.
„Na gut.“
„Wirklich?“, versicherte er sich.
„Hauptsache, du lässt mich nicht los.“
Statt einer Antwort hielt er sie noch fester. „Dann werden wir mal die Taschenlampen holen.“
Kurz darauf stand Sophie allein im Dunkeln, den Blick fest auf die Gasflammen unter der Badewanne geheftet. Lark hatte kurz im Stall nach den Pferden sehen wollen, und ein weiterer Marsch durch die Dunkelheit hatte sie noch weniger begeistert als hier auf ihn zu warten.
Der Sturm hatte sich etwas gelegt, doch der Schnee fiel noch immer in feinen Flocken. Obwohl sie Larks wattierte Jacke trug, fröstelte sie – was genauso an den ungewohnten Geräuschen liegen mochte wie an der Kälte.
Ein Rascheln ließ sie zusammenzucken.
„Ich bin’s nur“, rief er.
Sie hielt den Lichtstrahl in seine Richtung, hüpfte aber fast einen Meter hoch, als es jetzt hinter ihr raschelte.
„Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee war …“
Er lachte leise und blieb neben ihr stehen. So nah, dass sie ihn spüren konnte, aber ohne sie zu berühren. Schade eigentlich. Als er sie im Arm gehalten hatte, hatte sie sich so sicher gefühlt, als ob ihr einfach nichts passieren konnte.
Das war sie nicht gewöhnt. Bis jetzt hatte sie noch nie jemanden so nah an sich herangelassen, hatte niemandem auch ihre Schwächen gezeigt. Schließlich war sie eine unabhängige Frau und kam gut alleine klar.
Gerade jetzt allerdings gefiel es ihr sehr gut, sich auf Lark zu verlassen. Selbst wenn es nur für diese Nacht war.
Im Schein ihrer Taschenlampe bückte er sich und sah nach den Gasflammen. Die Badewanne selbst war ein imposanter Anblick – aus Gusseisen, mit Löwenpranken als Füßen, groß genug, um eine ganze Familie darin bequem unterzubringen. Das Wasser
Weitere Kostenlose Bücher