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Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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seine Laune zu beurteilen, als er sich jetzt umdrehte und das falsche Bücherregal zugleiten ließ.
    Bruno senkte die Waffen, rührte sich aber nicht von der Stelle. Er stand regungslos wie ein Posten, obwohl sein innerer Aufruhr den Aether im Raum zum Kochen brachte. »Mylord«, sagte er steif, »ich kündige Ihnen hiermit den Dienst auf.«
    »Das kommt leider etwas sehr spät«, meinte der Earl gereizt. Er bewegte sich ziemlich langsam, als litte er unter Gliederschmerzen.
    Der Lichtschein fiel auf seinen goldenen Ring mit dem eingefaßten Kristall.
    »Mein Ring!« rief ich verwundert.
    »Mein Ring!« blaffte der Lord. »Willst du mir etwa weismachen, du hättest das nicht gewußt?« Er kam nicht näher, sondern beobachtete mich nur mit seinen brutalen Augen.
    Der Sehr Ehrenwerte Mortimer Lychworthy, Earl von Io, war ein schwerer Mann mit einem breiten Gesicht, das von zu viel Whisky, Portwein und Schweinefleisch gerötet war und die tiefen Narben des Aetherwinds aufwies. Wie ich beim Anblick der Ahnenportäts in der Galerie schon vermutet hatte, besaß seine Lordschaft glattes schwarzes Haar, das er nach Art eines Edelmannes, der allein lebt und sich keinen Deut um die Meinung anderer schert, lang trug. Er hatte keinen Backen- oder Kinnbart, dafür aber einen dichten, gezwirbelten Schnurrbart. Der Mund unter der geröteten Nase, die breit zwischen lauernden Augen saß, war nur ein harter Strich. Die großen Augen hatten die gleiche dunkle Färbung wie sein Haar. Ich hatte nun überhaupt keinen Anhaltspunkt mehr, wie meine Mutter ausgesehen haben mochte – ich jedenfalls war das genaue Ebenbild meines Vaters.
    Mein Angst schlug plötzlich in heißen Zorn um. »Ich war schließlich noch ein Baby in Windeln«, fauchte ich.
    Lord Lychworthy nahm einen Schluck Whisky. Meine Worte ließen ihn völlig unbeeindruckt. »Na und? Hat sie dir nicht einen ihrer berühmten Briefe hinterlassen? Brauchtest du tatsächlich den da, um das alles herauszufinden?« knurrte er und zeigte verächtlich auf Bruno.
    »Sehen Sie sich vor, Mylord!« rief Bruno scharf. »Ich stehe jetzt auf der Seite von Lady Sophrona.«
    Doch der Earl schüttelte die Faust in seine Richtung und brachte ihn damit zum Schweigen. »Mit dir habe ich nicht gesprochen«, sagte er laut und nahm einen weiteren Schluck aus seinem Becher. Dann musterte er mich von oben bis unten, als sei ich nur ein verachtenswertes Schoßtier, ein Spielzeug, an dessen Fähigkeiten, ihn zu erfreuen, er zweifelte. »Deine Mutter war eine Hure, Kind«, meinte er streitlustig. »Was sagst du denn dazu?«
    »Und mein Vater ist ein Mörder – das sage ich dazu!«
    Das amüsierte seine Lordschaft, und er stieß ein kurzes Lachen aus.
    »Na und?« erklärte er. »So wie mein Vater einer war, und seiner auch.« Er zeigte wieder mit dem Finger auf Bruno. »So sind vielleicht alle Väter.« Zum ersten Mal richtete er den Blick auf Bruno. »Hätte sein Vater seine Arbeit sauber erledigt, wärst du jetzt nicht hier.«
    Jetzt meldete sich Bruno wieder zu Wort. »Seien Sie gewarnt, Sir. Sollten Sie ihr schaden wollen, müssen Sie erst mich ausschalten.« Er hob dabei nicht die Stimme, und trotzdem sagte mir sein Tonfall: Nun haben Sie mit ihm gesprochen, Sophie. Überlassen Sie ihn mir!
    Lord Lychworthy sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Ihr schaden? Der Schaden ist schon angerichtet, würde ich sagen. Sieh sie dir doch an. Sie sieht aus wie ein verdammter Schiffsjunge.«
    Bruno ließ sich nicht beirren. »Ich möchte nicht hören müssen, daß Sie sie beleidigen, Mylord.«
    »Bitte nicht, Bruno«, mahnte ich ihn.
    Der Earl nahm keine Rücksicht auf den ritterlichen jungen Mann. Er zog geringschätzig die Mundwinkel nach unten. »Sie ist meine Tochter«, donnerte er. »Ich sage über sie, was ich will.« Man konnte sehen, daß er seinen Ärger zu unterdrücken versuchte wie ein Mensch, der Kohlenglut mit Asche zudeckt. »Du solltest deine unverschämte Zunge im Zaum halten, mein Junge – und hör endlich auf, mit diesen Zigarrenabschneidern herumzufuchteln. Dein Vater hätte mich noch zu einem Kampf herausfordern können. Aber die Zeiten sind nun mal nicht mehr, was sie einmal waren, und auch das Blut nicht, wie du sogar ohne Brille sehen kannst.«
    Brunos Gesicht wurde hart wie Stein. Er sah meinen Vater und danach mich an, wartete auf ein Zeichen meiner Zuneigung. Ich leckte mir das Blut von den Knöcheln – und mochte ihn überhaupt nicht. Er war zu sehr wie mein Vater – hart,

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