Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
Vom Netzwerk:
Weihnachtsmann, dachte ich, aber er ist mein Vater und weiß, wer ich bin. Er hat es ja selbst zugegeben. Wir hätten gewonnen, hatte er gesagt.
    Ich wußte, ich hätte eigentlich warten sollen, bis Bruno getrunken hatte, denn so war es Sitte, wenn Leute einem zuprosteten. Aber es war nicht fair, einen anderen etwas tun zu lassen, das man selbst nicht tun wollte. Ich würde den Wein probieren – und tat es dann auch. Er schmeckte wundervoll fremdartig und aromatisch. Ich war überzeugt, dies war der beste Wein, den ich je getrunken hatte. Ich lächelte Vater zu, ohne ihn dabei richtig anzusehen, weil ich mich immer noch vor ihm fürchtete, und schaute zu Bruno hin.
    »Bester französischer Burgunder«, erklärte uns mein Vater. »Nicht euer gepanschter italienischer Dreck.«
    Bruno hob sein Glas und nahm einen Schluck. Ich sah ihn an, ob die Angespanntheit aus seinem Blick weichen würde. Nichts. Er hielt wie zuvor den Blick wachsam auf mich gerichtet.
    Plötzlich hustete er. Der Stiel des Weinglases zerbrach zwischen seinen Fingern, der Kelch fiel ihm in den Schoß, und der Wein spritzte überall hin.
»Porco Dio!«
keuchte Bruno mit erstickter Stimme.
    Ich heulte auf wie eine Katze und sprang zu ihm hinüber, wobei ich meinen Wein verschüttete. »Bleib sitzen, verdammt!« bellte mein Vater, doch ich hörte nicht auf ihn. Ich warf die Arme um Bruno. Sein Kinn zuckte immer wieder vor – wie ein Fisch auf dem Trockenen. Kein anderer Teil seines Körpers bewegte sich. Schreiend schüttelte ich seine Schultern und verschüttete dabei den Rest aus meinem Glas über meine Kleider. Ich ließ das Glas zu Boden fallen.
    »Laß das!« Die fleischige Hand meines Vaters legte sich schwer auf meine Schulter und zerrte mich grob auf die Füße. Ich schrie noch lauter und versuchte mich an Bruno festzuklammern und gleichzeitig nach einem Schwert zu greifen. Brutal riß mich der Earl von Bruno weg und stieß mich in meinen Sessel zurück. Ich glaube, ich jammerte und schluchzte für Bruno. Er saß starr, jeder Muskel war blockiert.
    »Er ist nicht tot«, knurrte mein Vater, »denn ich habe noch viel Arbeit für ihn. Er wird Fortescues Platz einnehmen, sobald er dementsprechend präpariert ist.« Er nahm einen Schluck aus seinem Glas. »Weißt du, Miss, fünf Generationen hat Fortescue uns auf die eine oder andere Art gedient. Mit dir würden es sechs sein. Trinkst du nicht?«
    »Ich will Ihren Wein nicht.«
    Er starrte mich listig an. »Mit deinem Glas ist alles in Ordnung«, brummte er. »Du kannst ihn ruhig trinken. Es ist ohnehin der letzte, den du bekommst.«
    Ich kümmerte mich nicht um seine Worte, sondern sah zu Bruno hinüber und begann wieder zu schluchzen.
    »Der Teufel soll dich holen. Laß das«, zischte der Earl. »Ein solcher Narr hat deine Bewunderung nicht verdient.« Sein Zorn schwoll erneut an, und er trat Bruno mit seinem Reitstiefel gegen das Bein. Ich kreischte laut auf. »Und was warst du für ihn? Du bist doch nur eine infernalische Plage. Du hast mich zwei meiner besten Leute gekostet.«
    Ich starrte immer noch auf Bruno, dessen Augen nun gläsern wirkten. Es war meine Schuld, ich hatte ihn getötet und unternahm nichts – in keiner Hinsicht. Wie er saß ich wie angenagelt – zur Freude meines Vaters, entsprechend seinem tödlichen Willen. Ich befahl meiner Hand, nach dem Dolch in meinem Gürtel zu greifen, doch sie gehorchte mir nicht.
    Der Earl tobte immer noch. »Ich muß wohl den Verstand verloren haben«, rief er und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Einen lüsternen jungen Mann hinter einem unerfahrenen jungen Fohlen herzuschicken – was bringt das? – Nichts als Ärger!« gab er sich gleich selbst die Antwort. »Fleisch und Blut finden immer ihren Willen!« rief er und schlug sich auf das Knie. »Nur einmal hat das Fleisch seinen Willen bekommen – und schon warst du da.«
    Bei dieser Strafpredigt hatte er sich von Bruno abgewandt. Ich wollte ihn ablenken, damit er Bruno nicht noch einmal trat. Der Earl war zum Reden aufgelegt? Nun; dann würde ich reden. Ich wischte mir über die Wangen und schaute auf dem Boden herum, als suche ich nach meinem Weinglas. Ich beugte mich seitwärts und schützte so das Messer vor seinem Blick. »Wie war doch gleich der Name, den Sie mir gaben, Vater?«
    »Perdita«, knurrte er und setzte sich. »Sie hat dir keinen Namen gegeben, verflucht soll sie sein. Aber ich tat es. Perdita.«
    »Sie kommen zu spät damit, Vater.« Mir blieben fast die

Weitere Kostenlose Bücher